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IX.

Totenschau.

1907.

Am 10. Januar 1907 schied nach schwerem Leidcn der Privat-
mann Philipp Knell, der am Marktplatz sast 25 Jahre ein be-
deutendes Geichäst geleitet und zur Blüte gebracht hatte, rührig und
tätig in seinem Betrieb, schlicht und einfach in bürgerlicher Gewohn-
heit, iu der Gefcllschast bekannt und beliebt durch seine klugen
Beobachtungen und manch treffendes und witziges Wort, daS er in
die Unterhaltung streute, ein Mann dcs öffentlichen Vertrauens, der
auch in den Bürgerausschuß gemählt wuide und umfichtig im Kirchen-
gemeinderat ffch bewährte. Er war 1843 geboren in Dahlsheim
bei Worms; früh verwafft, wuchs er in der Pflege eines Onkels
heran, in Worms und Mainz bildete er sich als Kaufmann auS, in
der Mitte der sechziger Jahre begründete er ein eigenes Geschäst, wo
er namentlich Lieferungen sür das Heer besorgte. Nach 1870 siedelte
er nach Heidelberg über, wo er das ehemalige Stößer-Müller'sche
Geschäft am Markt übernahin. Jm letzten Jahrzehnt seines Lebens
sand er die Muße, in stillem Behagen seinen Garten am Hausacker
zu pffegen und sich der Natur zu freuen, deren Leben und Wachstum
zu beobachten, ihm ein rechtcr Genuß war. So sah man ihn fast
täglich durch das Karlstor wandern, um draußen zu hacken unv zu
jäten und zu pflanzen, in einem Friedcn, den noch kein Auto störte.

Am 22. Januar wurde allzufrüh seinem Beruf, seiner Familie,
seiner Kunst, seinen Freunden und Verehrern der Stadtpfarrer
Adolf S chmitthenner entriffen. Noch zu Weihnachten hatte er
den Weg zur Kanzel feinem schweren Leiden abgezwungen; als dann
 
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