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an dieselbr Stätte zuruck, in der beseligenden Freude am Lernen und
Forschen. 1874 trat er in österreichischen Verwaltungrdienst, wurd«
aber bald von Abneigung gegen den bureaukratischen Schlendnan
ergriffen und habilitierte sich nach des Vaters Wunsche in der juristi-
schen Fakultät mit der durchaur reisen Abhandlung über die sozial-
ethische Bedeutung von Recht, Unrecht und Strase, wahrend er selbst
lieber ein philosophisches Katheder ausgesucht hätte. Damal« stellte
er schon die berühmt gewordene Formel auf, daß dai Recht das
ethische Minimum ist. Erst 1879 gelang ihm die Habilitation. Sein
glänzendes Gedächtnir und seine erstaunliche Vielieitigkeit sührte ihn auch
zur schönen Literatur. MeleS von Goethe und Shakespeare konnte er aur-
wendig, und er hat seine scharf eindringende Kennlnis dieser Grosten auch
gelegentlich in öffentlichen Vorträgen bewährt. Aber auch sröhlichesWie-
ner Blut pulsierte in seinen Adern, die Possen StestroyL, die Walzer und
Melodien der Operstten waren ihm ebenso geläusig wie die Rhythmen
Haydns und Mozarts, während er mit scharsem Witz wohl moderne
Musik abgelehnt hat. An der Universität erkannte seine Bedeutung
bald der einsiußreiche vielseitige Prosessor und Parlamentarier Unger,
deffen Jdeal „ein verjüngteS Österreich aus dem Boden deutscher
Kultur" war. Mit ihm verband ihn seitdein lcbenslänglichc Frcund-
schaft. Doch wurde sür Jellinek verhängnisvoll, daß zu einer Zeit,
wo seine Fakultät ihn einhellig für eine vrdentliche Professur des
Völkerrechts vorschlug, eine reaktionäre Regierung glaubte, diese
Stellung einem Manne übertragen zu sollen, der für den weltlichen
Besitz des Papsttums mit völkerrechtlicheu Gründen einzutreten bereit
war. Diese Zurücksetzung war sür Jellinek der Grund, die doch
leidenichasllich geliebte Heimat zu verlaffen. Bald rief ihn Basel, wo
er die Eigenart de« souveränen Schweizer VolkeS kennen lernte und
langsam sich in die geselligen Formen der Autochtkonen gewöhnle, aber
durch seine Kenntnis des heimiichci, Nechts, das seinem Blick auch
20 Jahre noch lehrend, sorjchend, weithin anregend wirkcn durfte.
Er vergaß die Heimat nie; die Drciiniing oon jeinem Valer, der
ungebrochen durch alle Stürine des Jahrhunderts ichritt, empsand er
an dieselbr Stätte zuruck, in der beseligenden Freude am Lernen und
Forschen. 1874 trat er in österreichischen Verwaltungrdienst, wurd«
aber bald von Abneigung gegen den bureaukratischen Schlendnan
ergriffen und habilitierte sich nach des Vaters Wunsche in der juristi-
schen Fakultät mit der durchaur reisen Abhandlung über die sozial-
ethische Bedeutung von Recht, Unrecht und Strase, wahrend er selbst
lieber ein philosophisches Katheder ausgesucht hätte. Damal« stellte
er schon die berühmt gewordene Formel auf, daß dai Recht das
ethische Minimum ist. Erst 1879 gelang ihm die Habilitation. Sein
glänzendes Gedächtnir und seine erstaunliche Vielieitigkeit sührte ihn auch
zur schönen Literatur. MeleS von Goethe und Shakespeare konnte er aur-
wendig, und er hat seine scharf eindringende Kennlnis dieser Grosten auch
gelegentlich in öffentlichen Vorträgen bewährt. Aber auch sröhlichesWie-
ner Blut pulsierte in seinen Adern, die Possen StestroyL, die Walzer und
Melodien der Operstten waren ihm ebenso geläusig wie die Rhythmen
Haydns und Mozarts, während er mit scharsem Witz wohl moderne
Musik abgelehnt hat. An der Universität erkannte seine Bedeutung
bald der einsiußreiche vielseitige Prosessor und Parlamentarier Unger,
deffen Jdeal „ein verjüngteS Österreich aus dem Boden deutscher
Kultur" war. Mit ihm verband ihn seitdein lcbenslänglichc Frcund-
schaft. Doch wurde sür Jellinek verhängnisvoll, daß zu einer Zeit,
wo seine Fakultät ihn einhellig für eine vrdentliche Professur des
Völkerrechts vorschlug, eine reaktionäre Regierung glaubte, diese
Stellung einem Manne übertragen zu sollen, der für den weltlichen
Besitz des Papsttums mit völkerrechtlicheu Gründen einzutreten bereit
war. Diese Zurücksetzung war sür Jellinek der Grund, die doch
leidenichasllich geliebte Heimat zu verlaffen. Bald rief ihn Basel, wo
er die Eigenart de« souveränen Schweizer VolkeS kennen lernte und
langsam sich in die geselligen Formen der Autochtkonen gewöhnle, aber
durch seine Kenntnis des heimiichci, Nechts, das seinem Blick auch
20 Jahre noch lehrend, sorjchend, weithin anregend wirkcn durfte.
Er vergaß die Heimat nie; die Drciiniing oon jeinem Valer, der
ungebrochen durch alle Stürine des Jahrhunderts ichritt, empsand er