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Curtius, Ernst [Editor]
Die Ausgrabungen zu Olympia (Band 2): Übersicht der Arbeiten und Funde vom Winter und Frühjahr 1876-1877 — Berlin, 1877

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https://doi.org/10.11588/diglit.764#0019
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von Süden nach Norden läuft. Ihre Aufdeckung und genauere
Erforfchung gehört zum Programm der dritten Campagne. Der
Holzfchnitt läfst die bisher erkundete Struktur und Gliederung
erkennen.

VI. Die Nike-Balis. Als ein befonders werthvolles Re-
fultat der bisherigen Ausgrabungen mufs die vollftandige
Wiederauffindung der hohen marmornen Bafis, welche die Nike
des Paionios trug, bezeichnet werden. Es ift das erfte gröfscre
und ganz erhaltene Fufsgeftell aus beftgriechifcher Zeit. Die
Compofition ift eigenartig. Auf einer oblongen Marmörplatte
von 0,26 m. Höhe erhebt fich die Bafis in Form eines drei-
feitigen Prisma mit unterem abacirten Ablauf auf Plinthus und
oberer aus Lyfis und Kyma beftehenden Krönung. Sie ift aus
10 Blöcken zufammengefetzt. von denen 8. welche den Schaft
bilden, nach oben hin — und zwar in wachfenden Dimenfionen
— reifenförmig hintereinander zurücktreten, fo dafs eine kräftige
Verjüngung entfteht. An der zweiten Quader von oben fcheinen
den Dübellöchern zufolge, Schilde befeftigt gewefen zu fein;
drei Quadern tiefer ift eine fchlanke Oblongvertiefung erhalten.

in der eine Bronzcplatte eingelaffen war. Die darunterfolgende
Quader trägt die Dedikation und die Künftlerinfchrift, und daran
fchliefst fich über die beiden unteren Schaftquadern hinabreichend,
die merkwürdige Krifis-Infchrift. Alle Bausquadern find mehr
oder weniger fo vollftändig erhalten, dafs ihre Maafse ficher ge-
nommen werden konnten, nur von der dritten (von oben ge-
zählt), welche auf ein unvollständiges Eckftück zufammen-
gefchmolzen ift, blieb die genaue Höhe unbeftimmbar. Daher
konnte das Totalmaafs der Bafis nur fchätzungsweife auf 5,80 m.
normirt werden. Um aber von der einftmaligen Erfcheinung
diefer höclifi originellen Doppdfeböpf.'.ng von Plaftik und Archi-
tektur eine angenäherte Vorftellung zu geben, ift der Reftaura-
tionsverfuch auf Tafel XXXIV gezeichnet worden, in welchem
alle fehlenden Theile durch punktirte Linien von den gefundenen
getrennt wurden. Leider hat fich die auf den Rath erfahrener
Bildhauer gewählte Stellung der Bafis mit einer Kante nach
vorn als irrthümlich herausgeftellt, indem Dr. Treu bald nach
Eröffnung der dritten Kampagne durch Vergleichung der ein-
gefenkten Standfpur auf dem oberften Krönungsblocke mit der
glatten Unterfläche des Nikefelfen die fiebere Thatfache kon-
ftatirt hat, dafs das Geficht der Nike nach der mit Infchriften
gefchmückten Frontfeite gerichtet war. In der Umrifsiinie unferer
Reftauration wird dadurch nichts geändert, wohl aber in der
Wirkung der hohen Bafis, welche mit einer glatten Vorderwand
ungleich günftiger wirkt, als mit zwei fchrägen Seitenflächen,
von denen die eine meift hell beleuchtet ift, während die
andere im Schatten bleibt. Leider waren alle Tafeln fertig
gedruckt, als die oben erwähnte höchft werthvolle Thatfache
gewonnen wurde, fo dafs weder eine Abänderung noch Zurück-
ziehung möglich war.

F. Adler.
 
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