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Chronik für vervielfältigende Kunst — 3.1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.3813#0025
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21

der Erfindungsreichthum des
,, Marienlebens" regte ihn
zu einer Nachbildung dieser
Folge wie später der „kleinen
Passion" an und mit zahl-
reichen Einzelcopien vertiest
er lieh in das Studium von
Dürer's „gestochener Kunst",
deren Technik er nicht skla-
viTch nachzusiammeln ver-
slicht, sondern zur Grundlage
eines sür den italienischen
Kupserslich bis Parmigianino
mustergiltigen Versahrens um-
bildet. Er verbreitert die
deutsehe Stichelsührung, mil-
dert die Strenge des Contours,
lockert das engeMaschennetz
der Kreuzlagen und was seine
Blatter hiedurch an subtiler
StofsWahrheit im Einzelnen
verlieren, gewinnen de an
Reinheit der Zeichnung, sreie-
rer Ausfassung und Grossheit
des Stils. In Venedig, wo wir
ihn etwa 1508 suchen dürfen,
berührt er sseh dann mit Gior-
gioneundGiuläoCampagnola,
der Schule Bellini's also, die
gleichzeitig sür die sich zur
Renaissance hinwendenden
oberdeutsehen Maler die erste
und wichtigste Etappe ihres
Lehrgangs bildete. Der cen-
tralistische Zug, der damals
über die italienische Kunst-
bewegung kömmt, und die
Provinzfchulen in das grofse
Sammelbecken der Papftresi-
denz münden lässt, sührt auch
Marc Anton nach Rom in die
unmittelbare Nähe Raffael's
Hier eröffnet er nun einen
neuen Abschnitt in der Ge-
fchichte des Kupserstichs, in-
dem er dessen Bedeutung als
reproduetives Verfahren, als
Träger eines künftlerifchen
Zwifchenhandels geradezu
entdeckt und sosort im Ver-
triebe der Compofitionen des
Urbinaten und seiner Mit-
arbeiter wie Baldassare Peruzzi, G. Romano u. A. im weiteften Umsange
zur Geltung bringt; auf der Höhe der dem italienischen Stilgesühl afsimi-
lirten Dürer'schen Technik, im Alleinbesitz der classifchen Vorlagen des
Meifters, in dem fich das Cinquecento zusammensafste, erscholl alsbald


ner Folge der klugen und thörichten Jungsrauen von üi
(Hirth-Muther, Meifterholzschnitte, f. S. 23.)

Niederlande (Soest); der Eine
XV. Jahrhundert zurückreichend
letzte Ausläufer des Grundftocks

der Rus feiner Werkstatt als
der hohen Schule des Erz-
stiches nah und fern und
lockte auch die lernbegieri-
gen Deutfchen, die mit dem
Geiste der Renaissance sozu-
fagen bereits geimpft waren,
über die Berge. Indem Marc
Anton dergestalt den Form-
idealen der Hochrenaissance
den Weg nach dem Norden
bahnt, wo sie sreilich ungleich
schneller als aus heimischem
Boden in Manier verwildern
sollten, löste er an feinem
Theile die aus technischem
Gebiete bei den Deutschen
ausgenommene Schuld reich-
lich wieder ein.
Natürlich erscheint die
Einwirkung des romischen
Stechers aus die einzelnen
Kdnstlerpersönlichkeitenunfe-
res Kreises in mannigfachen
Schattirungen, ftust sich ab
nach Herkunft, Eigenart, Ent-
wicklung, endlich der Bei-
mengung der von anderer
Seite ersahrenen Einslüsse,
gibt aber ftets einen relativ
heileren Massstab sür den
Wärmegrad des Verhältnisses
zur Renaisfance an die Hand.
Als Flügelmänner dieser Front-
Itellung gegen Italien dürfen
A. Altdorser und H. Aldegre-
ver bezeichnet werden: beide
der neuen Richtung, deren
Heimat sie fieberlich nicht
betreten hatten, innerlich
sremd, nur hin und wieder
in einer derben Copie zu
einem Compromiss mit dem
Modegeschmack der „newen
Fatzon", um ein Wort Dürer's
zu gebrauchen, fich aus-
raffend, der Eine aus dem füd-
lich vorgeschobensten Polten
der Gruppe (Regensburg) thä-
tig, der Andere ihr Vertreter
m der künstlerischen Grenz-
zone Deutfchlands gegen die
seinem Bildungsgänge noch in's
i. ca. 1480), der Andere der zeitlich
Kleinmeifter (lebte noch 1555).
Robert Stiafsny.

Besprechungen und vermischte Nachrichten.

Wenzel von Olmütz. Von Max Lehrs. (Dresden 1S89, W. Hofs-
mann, 113 S., 11 Taseln in Lichtdruck.)
Diefe Monographie beansprucht eine grössere Wichtigkeit, als
man nach demWesen des behandelten Meisters vermuthen follte. Wenzel
von Olmütz war allerdings in der Hauptfache nur ein gefchickter Copist

sremder Blätter. Allein er hängt, man könnte fast sagen zum Unglücke,
mit Albrecht Dürer zufammen, und seine diesem nachgeftochenen Blätter
hatten den Anftoss gegeben, Dürer's Lehrer Wolgemut zu einem genia-
len Neuling zu machen und die Anschauung von Dürer's Entwicklungs-
gang wesenthch zu trüben. Dafs durch die Monographie von Lehrs nun-
 
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