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Chronik für vervielfältigende Kunst — 3.1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.3813#0087
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Japamsches Schneidemesscr.
ähnlich ist. Seibit Papillon's „pointe" (Planche IV, in dem 2. Bande seines
„Traite", von 1766) ist nur ein besonders geschlissenes Messerchen, und
man kann im Grossen und Ganzen Tagen, dass diese Instrumente vom
XV, bis in das XIX. Jahrhundert hinein fleh im Principe gleich bleiben.
Wir kommen nun zu den vier, von Nagler constatirten Aus-
nahmen, von denen die in der Zeitsolge letzte jedoch sosort hinwegfällt,
indem sie Blasius Hösel angeht, bei dem sich der Grabstichel von selbst
verlieht. Die drei übrigen Ausnahmen sind:

Nagler I, Nr. 519

Nagler I, Nr. 1812

Nagler II, Nr. 692

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. Hälste d. XVI. Jahrhunderts.

Bei diesen Ausnahmen ift aber zu bemerken: zu I, 519, dafs auf
anderen Blättern des betrefsenden Monogrammiften das Kesser abgebildet
ift; zu I, 1812, dafs die Marke mit den ftichelartigen Inftrumenten auf
den Randleisten eines Gebetbuches vorkommen soll, was unwillkürlich
an die „Livres d'heures" denken lässt, deren Zierleiften Metallhoch-
fchnitte waren. Das dritte Werkzeug endlich, II, 669, kommt nur in Ver-
bindung mit einem Messerchen vor und wird von Nagler zweimal
„Klöppel", ein drittes Mal „Klöppel" oder „Grabftichel" genannt. Auch
kommen die Buchstaben C. S., welche diefes Werkzeug begleiten, mit
dem Mefserchen allein vor. Als Stichel müfste das Inftrument, wegen der
Dünne der Klinge und der Dicke des unten nicht abgeplatteten Grifses,
ganz befonders unbequem gewefen sein. Es lässt fich alfo aus diefen
drei Ausnahmen nur äusserst wenig gegen die circa 167 übrig bleibenden
Mesferdarstellungen beweifen.
Es wird aufsallen, dafs ich Rudolf Manuel Deutseh und Peter
Flötner bisher ganz ignorirt habe. Was den erfteren anbelangt, fo find
die auf den Schnitten nach feinen Zeichnungen dargeftellten Objecie
keine Stichel, sondern Dolche. Sein Vater, der Künftler und Kriegsmann,
hat eben folche Dolche auf feinen Zeichnungen angebracht und von ihm


Nagler III, 1438, und IV, 3729.
hat der Sohn den Gebrauch überkommen. Aus dem Blatt 110 der Hirth-
und Muther'fchen ,,Meifterholzfchnitte"] liegt das Dolchzeichen des
Künstlers auf dem Boden und die dargeftellte thörichte Jungfrau trägt
ein ganz ähnliches Mordwerkzeug am Gürtel. Jedenfalls aber, felbft
wenn die Deutung als Dolche beftritten werden follte, könnte hochftens
an Mesfer, nicht an Stichel gedacht werden. Ebenfowenig kann ich
unter den Werkzeugen auf den Blättern, welche Peter Flötner's Namen
tragen, einen Stichel erkennen. Flotner, sagt Nagler IV, Nr. 2935, war
„nach Neudörffer Bildhauer und Zeichner .... Sandrart ist aber der
erite, welcher den Bildhauer auch zum Formsehneider macht". Das gibt
wohl die richtige Darlegung des Sachverhaltes, d. h. Flötner war nur
Bildhauer und er fügte seinen Initialen feine Werkzeuge, Meifsel und
Schlägel, hinzu, die dann der Holzfehneider nachfehnitt. Das fcheint mir
ganz befonders deutlich hervorzugehen aus der Darfteilung eines Bettes
(abgebildet auf Seite 147 von Ritter's „Katalog der Ornamentftich-
sammlung des k. k. eifterr. Mufeums"). Hier hat der Mann, welcher aus
der Bettkante links fitzt, genau denselben Schlägel in der Hand der
1 Siehe Abb., Chronik III. Nr. 3, S, 21.

rechts bei Flutner's Täselchen iiegt. Der Mann selbst aber kann jeden-
salls nur den Schnitzer der Bettlade, nicht den Holzschneider bedeuten.i
Es sei mir erlaubt an dieser Stelle gleich noch hinzuzusügen, dass
ich die Schnitte nach Flötner aus schwarzem Grunde unmöglich als
Schrotblätter oder folchen ähnliche Arbeiten gelten lasien kann. Es sind
eben nur Zeichnungen in fchwarzen Strichen aus weissem Grunde, aus
einem schwarzen Hintergrunde. Man kann sich davon leicht überzeugen,
wenn man fich die Muhe geben will den Hintergrund weiss zu über-
malen, so dass nur die Contouren (die in dem schwarzen Hintergrund
natürlich verschwinden) slehen bleiben. Bei dem complicirten Charakter
des Schnittes, welcher aus Seite 91 {Nr. 12, 1889), dieses Blattes wieder-
gegeben ist, würde die Arbeit allerdings zu langweilig sein, aber mit dem
Pokal aus Seite 83 in Lichtwark's „Ornamcntstich" Uesse fich die
Probe leicht machen.
Es bleibt nun noch die Frage übrig: „Wann wurde Hirnholz
zuerst angewandte" Da kann ich sreilich nur negativeBeweife beibringen.
Wäre der Holzftich auf Hirnholz bekannt gewefen und zumal so allge-
mein bekannt gewesen, wie Herr Schonbrunner annimmt, so scheint es
unglaublich, dafs er bei den grofsen Vortheilen, welche er bietet, ganz
und gar in Vergessenheit gerathen, oder wenigftens ausser Übung gekom-
men fein sollte. Bei all' seiner Sonderbarkeit war Papillon gewifs ein
ileifsiger Forfcher in seinem Arbeitsgebiete und so stolz aus feine Pro-
sesfion, dafs er fich nichts hatte entgehen lallen, was derselben aushelfen
konnte. Ihm ist aber das Graviren mit dem Stichel aus Hirnholz, von
dem zu feiner Zeit anfeheinend viel gefprochen wurde, ein neumodischer
Unsinn. „Es gibt Leute", sagt er Seite 124, Band II, feines „Traite"
„welche sich in den Holzfchnitt mischen wollen, ohne davon je eine
Ahnung gehabt zu haben und die ihn auf fehr fonderbare Weife aus-
führen. Sie bedienen sich des Stichels auf Holz, als ob sie aus Metall
slächen und suhren ihre Kreuzfchrassirungen ebenfo aus wie aus Kupser.
Das bringt im Abdruck des Schnittes weifse Kreuzfchrassirungen hervor,
welche kleine fchwarze Quadrate umschliessen und das ist etwas sehr
unsehönes. Ich habe vor mir das Frontispice eines kleinen 1729 in
Holland gedruckten Werkchens, welches einen aufgerichteten Löwen
darsteilt, fchlecht gezeichnet und in der angegebenen Weife gravirt. Ich
wage jedoch nicht zu behaupten, dass diefer Stich auf einer Holzplatte
ausgeführt fei, vielleicht ift es eine Meffingplattc in Relief. In diefem
Falle aber mufs fie wenigftens fo gravirt fein, als ob es eine Holzplatte
wäre. Es ift anzunehmen, dafs diejenigen, welche aus diefe verwerfliche
Art auf Holz graviren, gewohnt find ebenfo auf Kupfer zu graviren und
ich würde fehr geneigt fein zu glauben, dafs es Mefsinggraveure find,
welche Reliefplatten zum Vergolden von Wappen und Ornamenten für
Büchereinbände machen. Was mich in diefer Idee beftärkt, ift, dafs ich
mehrere auf diefe Art gravirte Wappen befitze, von denen man Abdrücke
mit Druckerfchwärze gemacht hat. Die Striche haben keine Verbindung
an den Enden und die Kreuzfchraffirungen find weifs und fchliefsen
kleine fchwarze Vierecke ein, ein natürlicher Effect, den die einen und
die anderen hervorbringen mufsen, da fie geftochen find, um im Druck
auf Büchereinbänden ein Relief zu geben. Daraus fchliefse ich zweierlei,
dafs diefe Graveure fich in den Holzfchnitt mifchen wollen und nichts
davon verliehen, und dafs die Drucker Erfparnis halber fich zu ihren
Drucken manchmal der auf Mefsing geftochenen Vignetten, Ornamente
und Wappen bedienen, welche nur sür die Rucken und die Deckel von
Büchern beftimmt waren.
„Ich befitze zwei Darftellungen von Ekhpfen, welche in Holland
geftochen sind, anfeheinend von irgend welchen Stechern diefer Art,
denn die diametralen und fchrägen Linien in denfelben find von den
Figuren in deren ganzer Lange losgelöft, was einen fchandlichen Esfect
macht. Aufserdem find die Linien alle ungleich, was beweift, dafs Die-
jenigen, welche fie flachen, den Gebrauch des Strichmaises nicht kannten.
„Vor einigen Jahren erfchien ein Fremder in Paris, welcher mit
dem Stichel aus Hirnholz (bois de bont) ftach. Er gab vor, durch diesen
Kunftgrifs einen grossen Fortsehritt zu erzielen. Aber dieser Menfch
fchlofs ohne Principien und ohne Kunst. Er bedachte nicht, dafs das
1 Siehe die Abbildungen bei J. Reimers, Peter Flotner nach feinen Hand-
zeichnungen und Holzichnitten, München und Leipzig, 1890. S. 4, 6, 8,13, 14, 15,16.
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