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EHEMALS KARTAUSE AM JOHANNISBERG

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rei ihre Triumphe« - wie in der Karlsruher Mater dolorosa,
möchte man ergänzen; erkennt eine verwandte Oberflächenbe-
handlung im 1516 datierten Prager Blumenwunder); Perseke
1941, S. 124,134 (sieht in dem Berliner Ludwig und der Langen-
steiner Elisabeth ein gleichzeitig entstandenes, stilistisch über-
einstimmendes Fensterpaar); Gut 1988, S. 123,128, 137,140.
Inschrift: Im ornamentierten Nimbus in frühhumanistischer
Kapitalis: S(ANCTVS) LVDWIG.
Erhaltung: Oben und am linken Rand beschnitten, wie am Feh-
len der Eilie des Szepters leicht zu erkennen ist. Darüber hinaus
fehlt die ornamentale Bekrönung. Hiervon abgesehen war die
Fensterbahn offenbar ohne Ergänzungen geblieben.
Ikonographie, Farbigkeit: Der im Reich selten, in Freiburg da-
gegen in wenigen Jahren gleich zweimal dargestellte, 1297 heilig-
gesprochene König Eudwig IX. von Frankreich verweist höchst-
wahrscheinlich auf denselben Auftraggeber, den langjährigen
Spitalpfleger Eudwig Klemli (s. S. 447), zumal der von ihm ge-
wählte Patron wie im Hochchor Szepter und Schwörhand in den
Händen hält. Auch im Kopftypus stimmen beide Gestalten über-
ein, auch wenn der gewiß von Baldung für die Kartause Ent-
worfene feinere Gesichtszüge und einen weiten damaszierten
blauen Mantel mit Hermelinkragen trägt, dessen Teile sich vor
dem Körper elegant verschränken. Eine Porträtähnlichkeit mit
dem jugendlichen Maximilian vermag ich nicht zu sehen. Klein-
teiliger roter Damstgrund hinterfing die nach rechts gewandte
imposante Gestalt.
Technik, Stil, Datierung: 1516 gemeinsam mit der Langensteiner
Elisabeth (s. S. 587) ausgeführt.
Kunstgewerbemuseum der Staatlichen Museen zu Berlin (Archiv)
7, 8. HL. HELENA Fig. 725, Abb. 378
Zwei Scheiben einer spitzbogig schließenden Lanzette.
H. 147 cm, B. 53 cm. Inv. Nr. A. E. 3. Schmitz KFM Nr. 18.
Erworben 1897 in Köln. 1945 in Berlin zerstört.
Ehemals Kartause, großer Kreuzgang (?). 1784 in St. Blasien, Klo-
sterkirche, Rotunde III, 2a. 1820 in großherzoglich badischem
Besitz in Karlsruhe, 1826 auf Schloß Langenstein verbracht.
Bibliographie: Fridegar Mone, in: Kat. Aukt. Köln 1897, Nr. 16;
Friedländer (wie S. 564), 1898, S. 75 (hält die »wuchtige, über-
aus gross aufgefasste Gestalt« für »ein wenig mehr maniriert als
die meisten übrigen Stücke der Folge«, »doch gewiss von Bal-
dung entworfen«); Balcke-Wodarg 1926/27, S. 176 (rechnet die
Figur der Kaiserin zur Gruppe des Hieronymus); Perseke 1941,
S. i2jf., 136 (erkennt in den Figuren dieser Gruppe »ausgeprägte
Besonderheiten im Handschriftlichen« und »größeren Abstand
von Baldungs persönlichem Stil«); Gut 1988, S. 123,128, 131h
Inschrift: Auf dem Miederband in Zierkapitalen: I H E L (wohl
Abkürzung für: Imperatrix Helena).
Erhaltung: Oben und seitlich beschnitten; oben waren noch
Reste der Bekrönung erhalten. Im Kreuz, im Ärmel und im
Himmel sollen sich Flickstücke befunden haben.
Ikonographie, Farbigkeit: Vor einer Gebirgslandschaft präsentiert
die Mutter Kaiser Konstantins des Großen das Kreuz Christi,
das sie mit beiden Händen umgreift. Wie die Hl. Barbara (s.
S. 597) trägt sie ein von einem Miederband zusammengehalte-
nes, hoch gegürtetes rotes Gewand mit weiten gelben Ärmeln,
die Haare verdeckt ein lang herabfallendes Kopftuch, darüber
die Krone. Da keine Anhaltspunkte gegeben sind, die für einen
größeren kompositionellen Zusammenhang sprechen, könnte
sich die Dargestellte wie die Hl. Dorothea als Patronin auf die
Frau eines Stifters beziehen40.

Technik, Stil: Die Handschrift Wechtlin ist hier weniger deutlich
zu erkennen als in den übrigen Scheiben der Hieronymus-
Gruppe. An einer Datierung nach 1521 bestehen trotz fehlender
Autopsie keine Bedenken, zumal schon Friedländer die aus-
geprägt manieristischen Elemente in der Gestalt der Heiligen be-
tont hatte.
Kunstgewerbemuseum der Staatlichen Museen zu Berlin (Archiv)
9, 10. HL. JACOBUS MAIOR MIT WAPPEN DES
JAKOB VILLINGER Fig. 723, Abb. 379
Zwei Scheiben einer spitzbogig schließenden Lanzette.
H. 145 cm, B. 52 cm. Inv. Nr. A. E. 4. Schmitz Nr. KFM 19.
Erworben 1897 in Köln. 1945 in Berlin zerstört.
Ehemals Kartause, großer Kreuzgang (?). 1784 in St. Blasien, Klo-
sterkirche, Rotunde I, 2a. 1820 in großherzoglich badischem Be-
sitz in Karlsruhe, 1826 nach Schloß Langenstein verbracht.
Bibliographie: Fridegar Mone, in: Kat. Aukt. Köln 1897, Nr. 19
(Wappen fälschlich mit dem der Herren von Wangen identifi-
ziert); Friedländer (wie S. 564), 1898, S. 75 (rechnet die »im
Entwurf die Auffassung Baldung Grien’s ganz besonders deut-
lich verrathende knorrige Gestalt« in der Durchführung zur
schwächeren Gruppe); Balcke-Woddarg 1926/27, S. 175 (da-
tiert »um 1516«; kann keine Vorbilder im Werk Baldungs fin-
den, sieht wie beim Freiburger Hieronymus eine andere Be-
handlung der Einzelheiten); Perseke 1941, S. 125h, 136 (weist
nach, daß das Wappen Jakob Villingers auf einer 1521 erfolgten
Wappenbesserung beruht, die von ihm und seiner Frau in die
Kartause gestifteten Fensterbahnen folglich »erst nach 1521« ent-
standen sein können); Gut 1988, S. 123, 127,131h
Erhaltung: Aus dem etwa zur Hälfte beschnittenen Wappen am
rechten Rand ergibt sich eine ursprüngliche Breite der Fenster-
bahn von etwa 57 cm. Oben Reste einer Bekrönung aus Blatt-
girlanden. Als Ergänzungen vermerkte Perseke Flickstücke im
Himmel, im Gewand und im Mantel; dort war vom Wappen bis
zum Quereisen die ursprüngliche Komposition gänzlich verun-
klärt. Vermutlich waren hier wie im Ursulabild über dem Wap-
pen einst Berge zu sehen.
Ikonographie, Farbigkeit: Der im Schreiten innehaltende Heilige
hat seinen Pilgerstab, den er mit der Linken umgreift, gegen die
rechte Schulter gelehnt, während er in der Rechten eine Muschel
präsentiert. Dem Prinzip der Verschränkung folgte auch die
schräg über dem Körper hängende große Ledertasche. Auf der
Krempe seines Huts erscheint nicht nur das Abzeichen der
St. Jakobsbruderschaft, sondern auch ein Compostela-Becher als
Pilgerzeichen. Das Wappen zu seinen Füßen zeigte in Rot einen
gekrönten silbernen Löwen. Es gehörte dem abgestorbenen el-
sässischen Geschlecht der Herren von Schoenenberg, das Jakob
Villinger 1521 mitsamt ihrem Lehen übernahm, wie Perseke
nachgewiesen hat. Sein Patron steht auf einem Rasenstück vor
einer Landschaft mit niedrigem Horizont, von der nur noch
blauer Himmel mit Wolken zu sehen war.
Technik, Stil: Wie die zugehörige Fensterbahn mit der Hl. Ur-
sula auf Schloß Langenstein nach 1521 von Jakob Wechtlin aus-
geführt.
Kunstgewerbemuseum der Staatlichen Museen zu Berlin (Archiv)

40 Unter den Honoratioren der Stadt läßt sich nur ein einziger nachwei-
sen, der - möglicherweise bereits 1521 in zweiter Ehe - mit einer Helena
verheiratet war: der vermögende Stadtarzt Dr. Johannes Widmann (s.
S. 592).
 
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