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III. DANZIG

i. Allgemeines.

ie Anfänge des Danziger Goldschmiede-
gewerbes sind in Dunkel gehüllt. Es ist
wahrscheinlich, daß sich dasselbe nach
der Besitzergreifung der Stadt durch den
deutschen Orden (1309) unter dem Ein-
fluß der deutschen Kolonisation allmählig entwickelt hat,
nachdem die für unmittelbare Lebensnotdurft wichtigeren
Handwerke sich dort festgesetzt und das Bedürfnis nach
Schmuck und verfeinerter Lebenshaltung sich verbreitet
hatten. Es ist möglich, daß schon unter den deutschen
Einwohnern des pomerellischen Danzig sich Goldschmiede
und Händler mit Edelschmiedewaren befunden haben.
Jedenfalls ist die Goldschmiedekunst durch Kolonisten
aus westlicheren deutschen Ländern nach Danzig gebracht
worden, denn in den übrigen preußischen Städten begann
die Entwickelung dieses Gewerbes meist später, nur in
Elbing etwa gleichzeitig.
Wir bewegen uns auf sicherem Boden, wenn wir
für diese Entwickelungszeit die erste Hälfte des vier-
zehnten Jahrhunderts in Anspruch nehmen. 1357 tauchen
die ersten Goldschmiedenamen in Danzig auf1) und 1378
ist das Vorhandensein eines Amtes (Gewerkes) der
Goldschmiede festgestellt, dessen Älterleute in einem
Amtsbuche von diesem Jahre unter der Überschrift
„nomina officiorum“ mit denjenigen der anderen Gewerke
aufgeführt sind.2 3)
Daß das Danziger Goldschmiedegewerbe in der
zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts einen raschen Auf-
schwung nahm, geht nicht nur aus der häufigeren Er-
wähnung von Goldschmieden in den Bürgerlisten von
1364 bis 1434 hervor, sondern insbesondere aus dem
Umstande, daß bei einem 1416, hauptsächlich von den
Handwerkern gegen den Bürgermeister Gert von der
Beke, einen Günstling der Ordensherrschaft, wegen der
Münze erregten Aufstand nicht weniger als 24 Gold-
schmiede beteiligt waren und als straffällig in den Listen
des „Geschoßbuches“ erscheinen.
Die Zahl von 24 von der Strafe betroffenen Gold-
schmieden erscheint sehr groß bei einem Handwerk,
welches in den Zeiten seiner höchsten Blüte kaum je-
') Marcus aurifaber in der Bäckergasse. F. Hirsch. Danzigs
Handels- und Gewerbegeschichte unter der Herrschaft des deutschen
Ordens. Leipzig 1858. S. 312; 23. Anm. 106.
2) SS. rer. Prussic. IV, 353. Marcus und Hinze. Desgl.
Wernerus, officiatus civitatis 1378, ebenda S. 352. Vgl. Hirsch
a. a. O. zu 1373. 1375, 1376, 1379, 1389.

mals einen stärkeren Bestand als 45 bis 50 Mitglieder
aufzuweisen hatte. Zu Ende des sechzehnten und in den
ersten Jahrzehnten des siebzehnten Jahrhunderts hatte
das Gewerk eine durchschnittliche Mitgliederzahl von etwa
30 Meistern; 1634 wird ihre Zahl auf höchstens 30 an-
gegeben. 1645 werden 45 Werksbrüder genannt; 1702
ist ihre Zahl auf 30 gesunken; 1727 werden 29, näm-
lich 15 Silber- und 14 Goldarbeiter gezählt, ein Bestand,
der auch 1735 nur unwesentlich überschritten sein kann,
indem 17 Goldarbeiter genannt werden und angegeben
wird, daß diese den Silberarbeitern an Zahl überlegen
seien. 1747 ist ein weiterer Rückgang festzustellen, in-
dem sich nur noch 26 Personen im Werk befinden;
gegen das Ende des 18. und im Anfang des 19. Jahr-
hunderts wird der größte Tiefstand mit 14 bis 15 Meistern
erreicht. *)
In Zeiten des geschäftlichen Niederganges am Ende
des sechzehnten Jahrhunderts wurde gelegentlich der
Versuch gemacht, eine Sperrung des Werkes herbei-
zuführen, indem man den Zugang an neuen Meistern
auf einen im Jahre zu beschränken vorschlug; es ist
jedoch nie zu einer Schließung des Danziger Werkes ge-
kommen, das sich in der Folgezeit stets ablehnend gegen
die Aufnahme von Meistern verhielt, die aus gesperrten
Werken kamen oder in solchen gelernt und gearbeitet hatten.
Die überwiegende Mehrzahl der Goldschmiede
wohnte in der Rechtstadt, wo ein genossenschaftlich
organisiertes Gewerk (Amt) bestand. Daneben kommen
zu den Zeiten der Ordensherrschaft (1401) jungstädtische
Goldschmiede vor,2) welche aber keine genossenschaftlichen
Einrichtungen besaßen. Auch in der Altstadt wird gelegent-
lich ein Goldschmied erwähnt.8) Nach der Vereinigung der
bisherigen Stadtteile Rechtstadt, Altstadt, Jungstadt und
Hakelwerk zu einem Gemeinwesen (1454) kommt nur
noch das rechtstädtische Goldschmiedegewerk in Be-
tracht, welches schon lange vorher ausschlaggebende
Bedeutung für die Stadt hatte, wie die Eingangsworte
der ihm 1409 erteilten Rolle beweisen, die „zum From-
men von ganz Preußen und der Stadt Danzig den Gold-
schmieden zu Danzig' gegeben worden war.

T) F. C. G. v. Duisburg, Versuch einer histor. topogr. Beschr.
d. freien Stadt Danzig, Danzig 1809, gibt auf S. 479 in einer
Tabelle der Künstler und Handwerker im Jahre 1805 die Zahl der
Goldschmiede auf 18 Meister, 9 Gesellen und 6 Lehrlinge an.
2) Hirsch a. a. O. S. 299.
3) Materne. Hirsch a. a. O. S. 312.


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