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Trommel vergossen wurde. Hier brauchte man die Dollen
erst im Augenblick des Aufsetzens der am Hebezeug
hängenden Trommel in ihre Schuhe im Oberlager der
liegendenTrommel einzustecken. DieVerwendung runder
ZentraldübelhatihrengutenGrunddarin, daß bei eckigem
Mitteldollen die kleinste, auch bei sorgfältigstem Ein-
bleien fast unvermeidliche Yerdrehung des Schuhes beim
Aufsetzen der Trommel eine größere horizontale Yer-
scliiebung des radial angebrachtenDübels oder mindestens
ein Verklemmen desselben verursacht hätte. Um dieses zu
vermeiden, mußte die Trommel beim Aufsetzen einen
kleinen Drehspielraum liahen, der durch den Runddollen
ermöglicht wurde.

Wie schon gezeigt, ist fast immer der obere Basisteil mit
der mehr oder weniger hohen Fußtrommel des Schaftes
aus einem Stück gearbeitet. Bei den unfertigen Säulen der
äußeren Nordreihe (F 59, 159 Tf. 13) und Westreihe
(F 60 Tf. 7) sind diese Fußtrommeln zum Teil von ge-
waltigen Abmessungen, und in ihrem noch ganz unregel-
mäßigen und stark durch Verwitterung geschwärzten
Werkmantel ersdieinen sie fast wie rohe Felsblöcke. Be-
merkenswert ist, daß nur das Unterlager mit dem Torus
bearbeitet ist, bei manchen aber das Oberlager nodi in
ganz rauh abgeglichenem Bossen steht, woraus hervor-
geht, daß auch bei den Säulen, wie bei den Wänden und
dem Gebälk, die Oberlager erst nach dem Versetzen be-
arbeitet wurden. Die Verwendung irgendwelcher maschi-
neller Sdileifvorrichtungen war also ausgeschlossen, und
es grenzt an das Unbegreifliche, wie es möglich war, diese
großen, ringförmigen Lagerflädhen nur durch Handarbeit
zu diesem haarscharfen Schluß zu hringen.

Auch die ganz zur Aufrichtung gelangte, aber noch nicht
fertig bearbeitete 4. Säule der südlichen Innenseite
(F 60 Tf. 7; F 339 Tf. 3; F 385 Tf. 143) und die ge-
stürzten Säulen der westlidien Ringhalle (F 53 Tf. 39;
F 54 Tf. 166; F 55, 386 Tf. 185; F 720 Tf. 186) tragen an
den Umfängen der Trommeln den rauhen Werkzoll, der
in seiner versdiiedenen Stärke der stehenden Säule ein so
phantastisches flaschenförmiges Profil gibt. Diese Säule
liaut sich, einschließlidi der Halstrommel, über der Basis
aus achtzehn, wiederum in der Höhe sehr ungleichen
Trommeln auf. Die hohe Halstrommel zeigt in ihrer
oberen Hälfte die fertig ausgearbeiteten Kanncluren mit
Plättchen und Perlstab unter dem als eigenes Werkstück
aufgelegten Kapitell. Etwas mehr als die untere Hälfte
des Blockes trägt — wie alle anderenTroinmeln — den derli
mit dem Spitzeisen zugerichteten Bossenmantel. Leider
ist es nicht möglich gewesen, mit Hilfe einer Einrüstung die
durch Pontremoli-Haussoullier (S. 72 f.) entdeckten und
soweit wie möglich entzifferten und gedeuteten Zahlen-
marken auch an den unerreichharen Teilen der Säule zu
untersuchen und damit die planmäßige Verjüngung und
Scliwellung des Schaftes in ihrein ganzen Verlauf genau
festzustellen. Hinzugekommen sind nur noch die Ziffern
an den beiden zur Zeit der Haussoullierschen Unter-
suchung noch nicht freiliegenden Säulentrommeln. Diese
Zahlzeichen stehen auf kleinen, etwa liandgroßen, mehr
oder weniger rechteckigen, geglätteten Flächen, die dicht
über den Unterlagerfugen der Trommeln meist, aber wie
es scheint nicht überall, flach in den Bossenmantel ein-
gearbeitet sind, und zwar so, daß sie an den Endpunkten
der beiden Hauptachsen und der beiden Diagonalen

liegen, ähnlich wie die acht kleinen Lehren an den Basis-
blöcken der gleichen Säule. Die auf diesen Täfelclien flach
und klein eingehauenen Zahlzeichen nennen nach der von
Haussoullier gegebenen Lesung und Erklärung die Durch-
messer, welche die Trommeln an der betreffenden Stelle
hei der fertigen Bearbeitung erhalten sollten. Es folgt
daraus, daß der Entwurf der Säule zeichnerisch in großem
Maßstab vorlag, und daß aus diesem Konstruktionsriß
alle Abmessungen entnommen werden konnten.

Die von Haussoullier gegebenen Umrechnungen der
Durdimesser in Meter ändern sich etwas unter Zugrunde-
legung des größeren Fußmaßes, wie es sich als das wahr-
scheinlichere ergeben hat:

SiebenteTrommel (vonolien) 6,125 X 0,29845 = 1,828 m,

zehnte Trommel. 6,469 X 0,29845 = 1,931m,

zwölfte Trommel. 6,686 X 0,29 845 = 1,995 m,

dreizehnte Trommel. 6,750X0,29845 = 2,015m.

Es wirkt sehr üherzeugend, daß der untere Durchmesser
dem tatsächlich bei fertigen Säulen genau gemessenen
unteren Säulendurchmesser bis auf wenige Millimeter
gleichkommt: 2,022 — 2,015 = 0,007 m.

Da die Marken in ilirer Stellung an den Achsenenden
nicht auf den Stegen, sondern in den Mitten von Kanne-
luren liegen, so blieben sie auch während des Durch-
treibens der Stege von den Stegansätzen der Halstrommel
bis zur Basis zur Kontrolle erhalten. Zum Zweck dieses
Ausarbeitens der Stege brauchte der Steinmetz von einem
Lot aus nur die den angegebenen Durchmessern ent-
sprechenden Stichmaße an den betreffenden Stellen zu
nehmen, um die Stege in der richtigen Verjüngung und
Schwellung verlaufen zu lassen. DieEinteilung derKanne-
luren und Stege auf dem Säulenumfang war durch den
fertigen Säulenhalsteil gegeben und wurde auch an der
Fußtrommel des Schaftes durch eine Vorritzung fest-
gelegt, so daß die geradlinige Verbindung dieser beiden
Ansätze die Stege in ihrer seitlichen Begrenzung genau
bestimmte. Diese Vorritzung ist an der noch am Platze
befindlichen unfertigen Fußtrommel der dritten Säule
der äußeren Nordreihe gut erhalten (F 375 Tf. 147).
Durch kurze, senkrechte Einritzungen nahe oberhalb
des Anlaufbossens sind hier die 58 mm breiten Stege
zwischen den 0,214 m breiten Rinnenfeldern angegeben.
Die größere Breite der Stege gegenüber dem Maße
der fertigen Stege zeigt, daß die Vorritzungen noch
nicht die reine Breite derselben, sondern eine solche dar-
stellen, die noch den letzten ilünnen Werkzoll mit ein-
schließt, welcher erst bei der endgültigen Glättung ver-
schwinden sollte, wie andererseits auch die Breite der
Rinnen größer erscheint, als sie diesen verbreiterten
Stegen entsprechen würde, weil die Vorritzungen noch
auf der den reinen Durchmesser übertreffenden Werk-
liaut der Trommel liegen.

Wie der weitere Gang der Bearbeitung, die naturgemäß
von ohen nacli unten fortschritt, war, läßt eine gestürzte,
vermutlich zu der gleichen dritten Nordsäule gehörige
Trommel erkennen, die zwei Grade des Arbeitsganges
zeigt. Am unteren Teil der Trommel sind zwischen den
schon durchgetriebenen Stegen die Rinnen nodi mit
liolien, die Stege überragenden Bossen gefüllt, oberhalb
sind dieselhen dann aus den Rinnen herausgearbeitet, so
daß diese — noch ohne Glättung — ihre Rinnenform

Arbeitsvorgang

Entwurf
u. Ausführung
der Säulen

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