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Beilage zu M12 kr „Dioskuren".

Es würde uns zu weit führen, wenn wir diese leichten Andeutungen mit
Beispielen belegen wollten. Einige der hier berührten Fragen werden wir
später im Besondern behandeln. Wenden wir uns jetzt wieder zu dem
"^olff'schen Werke; die Wichtigkeit desselben beruht hauptsächlich auf dem
oben berührten Punkte, das; es sich für unsere modernen Kunstindustriellen
Wr allen Dingen darum handle, in dem Studium klassischer Vorbilder ihr
Gefühl für edle Einfachheit des Stils und ihre Empfindung für Reinheit
und Charakterwahrheit der Formen zu wecken und auszubilden. Wir lassen
Pier zunächst den ausführlichen Titel des Werkes folgen, weil sich in ihm
bereits die echtkünstlerische Tendenz des ganzen Unternehmens klar abspiegelt.

Handbuch- der höheren Kunst-Industrie.

Mr Lewrrbrtrribrude nab Kinistllr, sowie für Lrhranslllllkli.

Umfafjt in Hefte» die Abbildungen der hervorragendsten Werke dieses Knnst-
zweigeS ans alter und neuer Zeit;

nach £)rigina[en, welche sich in Rom, in Neapel, Pompeji, Paris, London, Tüten
Berlin, Nkünchen tc., außerdem in vielen Pillen, Schlössern und Privatsammlungen
(insbesondere öcn von Nlinutoli, Scheltilross u. Ä.) befinde»;

nach eigenen Zeichnungen und den bewährtesten Kupferwerkeu, namentlich dein
^lusso Borbonico, Museo Pio Clementino, Masse des Antiques, Ci-
cognara’s Storia della Scultura, Du Sommerard’s Album: „Les arts

!lu moyen age,“ dem bekannten großen Berliner Prachtwerke: „Blätter für
Fabrikanten und Handwerker" rc. rc.

Äusmiuueugestellt, nebst einer ausführlichen Kritik und Anleitung zum eigneuen Schaffen

von

I. H. Wülss,

Professor an der Kurfürstlichen Akademie der bildenden Künste zu Kassel.

In dem Prospekt wird der Standpunkt noch näher bezeichnet, es heißt dort:
„Durch die in unserer Zeit in Anfnahme gekommenen Industrie-Aus-
stellungen hat sich das Stil- und Regellose, die willkürliche oder mit einem
-söorte die unkünstlerische Behandlung der Gegenstände der Kunstindustrie (oder
bsr höheren Tektonik) recht augenfällig herausgestellt und es ist seitdem von
dielen Seiten dieser Mangel in den stärksten Ausdrücken gerügt worden, na-
mentlich von Waagen (Direktor der Museen in Berlin), von Semper
(ehemaligen Direktor der Kunstakademie in Dresden) und von den bekannten
englischen Schriftstellern Redgrave und Panizzi. Bei dieser Sachlage
td:rd das oben angekündigte Werk gewiß von allen Betheiligten als sehr zeit-
gemäß begrüßt werden, und der in der Kunstliteratur schon vielfach genannte
Name des Verfassers, dessen Streben sich schon seit einer langen Reihe von
wahren der Förderung der Kunst im Allgemeinen und insbesondere ihrer
Zurückführung aus feste Grundsätze zugeweudet hat, leistet uns Bürgschaft,
baß hier etwas Gründliches und praktisch Nützliches geboten wird. Schon
allein die eine Seite des Unternehmens, das Vortrefflichste an Industrie-
Erzeugnissen aus allen Zeiten, wie es zerstreut in kostbaren, deutschen, fran-
zösischen, italienischen und englischen Werken in Abbildung zu finden ist, zn-
lammenzustellen und zu einem Ganzen zu ordnen, und diese Sammlung noch
zu bereichern durch die noch nicht abgebildeten Werke dieser Gattung (wie sie
z B. die vom Fürsten Scheltikoff und von Minutoli gesammelten Kunst-
kchätze enthalten), wird es allen Denjenigen empfehlen, welchen jene Quellen
sucht zugänglich sind, theils ihres hohen Preises wegen, theils weil sie öfters
(chie z. B. die Berliner „Blätter für Fabrikanten und Handwerker") nicht
^'uuial im Buchhandel zu haben sind."

Das erste, bis jetzt erschienen? Heft umfaßt 6 große Tafeln und 3t Bo-
3rii Text. Der Inhalt der Tafeln ist kurz folgender: Taf. I.: 1) „Tra-
pszvphor oder Tischträger aus Pompeji"; °2) „Seitenansicht von pompejanischen
Aschen"; 3) „Moderner Tisch in Paris"; 4) „Tischfuß aus dem Hause des
nauus in Pompeji"; 5) „Runder Tisch aus Pompeji"; 6) „die Profile zu
und 5". — Taf. II.: 7) „Kratere im Besitze von Mr. Moses in London";
Ä „Dreifuß aus der Villa Albani bei Rom"; 9) „Kratere aus dem Museo
Pw - Clementino in Rom"; 10) „Tazza aus der Villa Hadriana, jetzt in
ssugland"; 11) „Kratere des Schlosses Warwick in England"; 12) „Schale
aus der Villa Albani". — Taf. III.: 13) „Kandelaber mit Stierfüßen in
Paris"; 14) „Bacchischer Kandelaber aus Paris, mit Details"; 15) „Kan-
i» cö ‘u St. Croce in Rom". — Taf. IY. 16) „Sessel in St. Stephani
su Rom"; 17) „Stuhl in Athen"; 18) „Stuhl in der Walhalla"; 19) „Sci-
renansicht zu 16"; 20) „Excdra, Ruheplatz im Freien". — Taf. V. 21)
”/a'ne uuf dem Domplatze zu Messina"; 22) „Details und Grundriß
2-Äu ch.NI) „Fontaine auf dem Petersplatze in Rom". — Taf. YI.: 24 bis
"Konsolfüße auö dem Vatikan zu Rom". — Diese Abbildungen sind
größter Sorgfalt gezeichnet, auch der Druck der Tafeln ist vortrefflich,
über begleitenden Text betrifft, so spricht sich die Vorrede zunächst

Ein 1 unb den Umfang des Werkes in höchst bestimmter Weise aus.

riäiltn ,1,,/QGmgehen behalten wir uns vor. Der eigentliche Text giebt zu-
rsw„L.."L.Ym"ltmi3 und den theoretischen Theil, worin der Verfasser seine
ur ebenso sachgemäßer wie klarer Sprache entwickelt. Dann
läuternde Text zu den Tafeln und Darlegi^

Der in diesen Blättern niedergelegte Stoff ist in

I°tgt von S. 21 der „erläuternde'Text zu den Tafeln und Darlegung der
Theorie an Beispielen". Der in diesen Blättern medergelegte St ss
Rücksicht auf die entwickelten Gedanken so bedeutsam und m die p >
Bedürfnisse der Kunstiudustrie so tief eingehend, daß wir uns, wre g ss ü <

Vorbehalten, derselben einer näheren Besprechung zu unterziehen. Vielleicht
dürfte es auch nicht ohne Interesse sein, unseren Lesern einen Auszug, na-
mentlich aus dem „theoretischen Theil" zu geben. M. Sr.

Die praktische Bildungsschnle für Fabrikmuster-Zeichner
in Elberfeld.

Dies seit dem Frühjahr d. I. eröffnete treffliche Institut ist von so
großer Wichtigkeit, daß wir nicht umhin können, auf seine Organisation und
das Prinzip seiner Wirksamkeit die allgemeine Aufmerksamkeit zu lenken. In-
dem wir uns Näheres über die spezielleren Einrichtungen der Anstalt und die
Resultate ihrer Thätigkeit Vorbehalten, wollen wir zunächst aus dem bei der
Eröffnung des Instituts herausgegebenen Plan des Kuratoriums das Wesent-
lichste über die allgemeine Tendenz und die praktischen Zwecke der Anstalt
mittheilen. — In diesem Plan spricht sich Namens des „Kuratoriums der
höheren Webeschule" der Herr Oberbürgermeister Lischke folgendermaßen aus:
Von den Lehrkursen, welche mit der hier bereits bestehenden höheren Webe-
schule verbunden werden sotten, und welche die Gesammtheit der Fabrikation
gewebter Stoffe umfassen werden, ist zunächst die praktische Bildungs-
schule für Fabrikmuster-Zeichner in das Leben getreten; und zwar ist
die untere Klasse derselben am 1. Mai, die obere Klasse am 1. Juni eröffnet
worden.

Diese Schule wird eine Aufgabe zu erfüllen suchen, welcher bis jetzt, so
viel bekannt ist, keine Anstalt im Vaterlande gewidmet war, während ähnliche
Anstalten im Auslande, insbesondere in Frankreich, der dortigen industriellen
Entwickelung von großem Nutzen gewesen sind: nämlich: Männer heranzu-
bilden, denen der Geschmack.und die Fähigkeit beiwohnt, neue und zweckent-
sprechende Muster für gewebte Stoffe selbstständig zu erfinden und herzustellen.
— Abgesehen von der hohen Bedeutung, welche eine solche Anstalt für die
Entwickelung einer selbstständigen und eigenthümlichen deutschen Industrie
haben muß, wird dieselbe einerseits dem deutschen Fabrikanten die Möglichkeit
gewähren, die Kräfte, welche , er sich bis jetzt nur schwer und mit großem
Kostenaufwande im Auslande verschaffen konnte, in der eigenen Heimath zu
finden. -Andererseits wird sie fähigen jungen Leuten den Weg eröffnen, als
Zeichner in Fabriken oder als Leiter eigener Ateliers, zu einem reichlichen
und gesicherten Erwerbe zu gelangen. Die Schule wird in zwei Klassen zer-
fallen:^ Die untere Klasse ist eine Zeichnenschule im eigentlchen Sinne des
Wortes: Es wird in derselben gründlicher Unterricht im Zeichnen, insbeson-
dere von Blumen und Ornamenten, in folgendem Gange ertheilt: Elemen-
tar-Unterricht — Zusammenstellung von Figuren (Luthmer'sche Methode) —
Zeichnen nach Borlegeblättern — Zeichnen nach Gipsmodellen — Zeichnen
nach der Natur (Blumen und Blumengruppen). — Die Schüler werden so
weit geführt, daß sie im Stande sind, einfache Blumengruppen nach der Na-
tur zu zeichnen. Der Unterricht wird von einem tüchtigen Blumcnmaler
ertheilt und von dem Direktor der hiesigen Provinzial-Gewerbeschule, Herrn
Luthmer, geleitet.

In der oberen Klasse wird der Unterricht zu dem eigentlichen praktischen
Ziele der Anstalt geführt. Es wird zunächst das Erfinden von Ornamenten
und die Komposition von Blumengruppen, letzteres unter Benutzung natür-
licher Blumen geübt, sodann Anleitung im Erfinden von Mustern ertheilt. —
Die Schüler werden so weit geführt, daß sie im Stande sind, verwickelte
Blumengruppen nach _ der Natur zu zeichnen und Kompositionen von Fabrik-
mustcrn in den verschiedensten Zweigen: für Kleider, Westen, Shawls, Bän-
der, Möbelstoffe, gedruckte Maaren u. s. w. anzufertigen. Für die Ertheilung
des Unterrichts an dieser Klasse ist der durch seine Arbeiten rühmlichst be-
kannte Manufakturzeichner Herr Georg Rödel aus Wien gewonnen worden.
Derselbe wird in dem Schullokalc zugleich sein Atelier einrichten und in dem-
selben Zeichnungen für den praktischen Gebrauch der Fabrikanten anfertigen.
Die Schüler der ersten Klasse werden in diesem Atelier zunächst als Lehrlinge,
und sodann, nach Maaßgabe ihres Fortschreitens, als Gehülfen beschäftigt
werden, um auf diese Weise schon in der Schule selbst für ihren Lebensberuf
praktisch ausgebildet zu werden. Auch ist der Lehrer verpflichtet, die vollstän-
dig ausgebildeten Schüler auf deren Wunsch noch mindestens ein Jahr lang
nachher in diesem Atelier zu beschäftigen.

Der Unterricht in beiden Klassen umfaßt an jedem Wochentage drei
Vormittags- und drei Nachmittagsstunden. Das Schulgeld beträgt 30 Thlr.
jährlich und wird in halbjährigen Raten vorausbezahlt. Die Schüler der
höheren Webeschule sind, so lange sie diese Schule besuchen, berechtigt, ohne
besondere Vergütiaung an dem Unterrichte in der zweiten Klasse Theil zu
nehmen. Jungen Leuten, welche bereits in Fabriken angestellt sind und welche
zu ihrer Vervollkommnung einen Theil der Unterrichtsstunden besuchen wollen,
wird hierzu durch eine entsprechende Einrichtung Gelegenheit gegeben werden;
in solchem Falle tritt ein ermäßigtes Schulgeld ein.

Bedingungen der Aufnahme in die Anstalt sind:

1) daß der Schüler mindestens 14 Jahre alt sei;

2) daß er sich durch Zeugnisse oder durch eine Prüfung über den Besitz
genügender Elementarkenntnisse answeise;

3) daß er bereits einige Hebung im Zeichnen erlangt habe und Anlage
dazu an den Tag lege.

Die Aufnahme kann übrigens zu jeder Zeit geschehen. Anmeldungen
von Schülern für die erste oder zweite Klasse der neuen Anstalt sind an den
Sekretair der höheren Webeschule, Herrn Wilhelm Männert in Elberfeld
selbst zu richten.
 
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