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sJ»hrg.l.Z

—-

Die „Dioskuren" erschei-
nen am l. und 15. jedes Mo-
nats in 1—2 Bogen gr. 4.

Abonnementspreis (incl.
Zeitungssteuer) vierteljähr-
lich 1 Thlr. praenum. für
Berlin und 1 Thlr. 1 Sgr.
für das übrige Deutschland.

Sämmtliche Löbl. Post-
anstalten u. Buchhand-
lungen des In- und Aus-
lande- nehmenAbonnements
an. Für den auswärtigen
Buchhandel in Commission
der Nicolai'schen Buch.
Handlung in Berlin.

^—"GW—

sNro.15.

Mittheilungen und Corre-
spondenzen aller Art, welche
den Inhalt der Zeitung be-
treffen, sind an die „Ne-
daetion der Diookurcn"
(Dessaucrstr. l!4), Annoncen
für die Zeitung aus Berlin
sowie Reclamationen an die
„C'l'peditivn der Dios-
kuren^^ (ebend), Annon-
cen von auswärts an die
Nicvlai'sche Buchhandlung
zu richten.

sPreis einer einzelnen
Nummer 5 Sgr. ohne Kunst"
beilagc.)

Zeitschrift für Kunst, Kuustmdustrie und künstlerisches Leben,


1856.


reötgirt unter Mitwirkung einheimischer und auswärtiger Kunftfreunöe

von

Dr. Max Schasler,

Secreiair des „Museums für Kunst und künstlerische Interessen" in Berlin.


I.Novbr.

2 n h

Äbhnudesnde ürlikel: „Was thut der deutschen Historienmalerei Roth?"
Correspondenzen: s! Wien (im Oktober). — © Düsseldorf (im Oktober). —

| Bremen (im Oktober)..

Runstchrouik: Verschiedene Lokolnächrichten aus Berlin, Danzig, Fischhausen,
Köln, Düsseldorf, Trier, Riederlahnsteiu, Elberfeld, Lindau,
Frankfurt, Meiningen, Odenthal, Coburg, Dessau, Wien, Brünn,
Rom, Mailand, Brüssel, Paris, Lyon, Antwerpen, Petersburg.

alt:

ZiünMrilik: Kritische Wanderungen durch die Kunst-Institute und

Ateliers von Berlin: „Die Ausstellung der Berliner Akademie, 5."

Ruuflinstitule und Runlküereiue: Die Königliche Akademie der Künste in Berlin. —
Der „Verein zur Erhaltung der alterthümlichen Kunstdenkmäler" in Danzig. —
Der „Kunstverein für Pommern" in Stettin. — Zur Düsseldorfer Differenz. —
Gesammtübersicht der Ausstellnngs-Cyclen der verschiedenen deutschen Kunstvereine
im Laufe der Jahre >856 und 1857.

Was thltt der deutlchkn Hiltariemnalcrei Roth?

Randglossen zn den Verhandlungen der „Verbindung deutscher Kunstvereine für Historische Kunst".

Fast zu den nämlichen Stunden, da in Bingen die deutschen Künstler
tagten, um über ihr Wohl und Wehe zu berathen, traten in Berlin einige Kunst-
freunde als Vertreter einer Anzahl Kunstvereine zusammen, zu dem Zweck,
„über die Beförderung der historischen Kunst" Beschlüsse zu fassen. Das Zu-
sammenfallen der beiderseits aus drei Sitzungstagen bestehenden-Konferenzen
möchte uns fast wie eine Ironie des Zufalls bedünken, wenn wir nicht darin
auf's Neue einen Beleg erblickten, wie die seit langer Zeit in stillem Kampf
begriffenen Prinzipien des gegenwärtigen Kunstlebens zu einer thatsächlichen
und bestimmten Entscheidung hindrängen. In Bingen nur Künstler, d. h.
Nute, deren selbsteigne Sache es ist, was berathen wird — in Berlin Kunst-
freunde (oder doch nur solche Künstler, die nicht selbst „historische Kunst" trei-
ben), also Leute, welche nicht etwa von den Künstlern, sondern von Künst-
vereinen beauftragt sind, einen ihnen nicht unmittelbar zugehörigen Grund
und Boden zu bewässern; dort das Streben der Künstler, ihre Angelegen-
heiten in die eigne Hand zu nehmen und sich dadurch von der unfruchtbaren
Vormundschaft der Akademien ebensowohl wie von der nicht selten prätensiöseu
Bemutterung der Kunstvereine zn emanzipiren — hier die Tendenz, eben diese
Leitung in den Händen der Kunstvereine zu befestigen.

Diese sich klar aussprechende Stellung der beiden Versammlungen weis't
allerdings den Akademien den mißlichsten Platz an. Wären sich die Akademien
>hrer Aufgabe, eine kräftige und einsichtsvolle Vertretung der wahren, prakti-
schen Kunstinteressen im Staate walten zn lassen und lebendig zu erhalten,
kets bewußt gewesen, so wäre weder die Versammlung in Bingen, noch die
'u Berlin möglich, geschweige nothwendig gewesen; und es liegt klar am Tage,
^aß alle Reden und Verhandlungen dort wie hier zu der Moral führen: die
Akademien sorgen doch nicht hiefür: so wollen wir dafür sorgen. Aber, wie
lebendig auch diese zwiefache Privatthätigkeit sein mag und wie praktische An-
stchten über die besten Maaßnahmen zur Förderung und Neubelebung der
Kunst auch geäußert worden: ein Moment, und unsrer Ansicht nach das
wichtigste, fehlt ihnen beiden: der offizielle Charakter, wie ihn die Aka-
demien besitzen. Ist eg wahr, daß die Akademien sich um die praktischen In-
teressen des öffentlichen Kunstlebens nicht kümmern, so hat dies nicht nur über-
haupt den Nachtheil, daß non dieser Seite her nichts geschieht, sondern den
weil großem, daß die Anstrengungen, welche von anderer, privater Seite her
ausgeboten werden, damit etwas geschehe, ziemlich fruchtlos bleiben müssen, eben
den betreffenden Personen oder Vereinen die offizielle Berechtigung

mangelt. Denn man täusche sich nicht darüber: zur Belebung der Historienma-
lerei reicht es nicht hin, alle ein oder zwei Jahr ein Bild für ein paar Tausend
Thaler bei diesem oder jenem Künstler zu bestellen, sondern das ist eine Frage
von viel tieferer Bedeutung, eine Frage, die nur der Staat selber lösen kann.
Für den Staat aber ist die Akadeniie das allein maaßgebende Organ der
Vertretung aller in dies Gebiet schlagenden Angelegenheiten. Schweigen also
die Akademien, so muß naturgemäß der Staat annehmen, daß keine Veran-
lassung zum Reden da ist. Und im Schweigen sind unsere Akademien be-
kanntlich von jeher groß gewesen.

Lassen wir jedoch vorläufig die Akademien — die wir ja ohnehin spezieller
zu betrachten angefangen*) — sowie die Versammlung in Bingen, die übrigens
neben diesen allgemeinen Fragen auch noch andere wichtige Dinge zu verhan-
deln hatte, aus sich beruhen, und wenden unsere Aufmerksamkeit ausschließlich
den Sitzungen der „zweiten Hauptversammlung der Verbindung deutscher Kunst-
vereine für historische Kunst" zu. Wir stützen uns hierbei lediglich auf den
Bericht, den das „Organ der deutschen Kunstvereine" von diesen Sitzungen
giebt, und verwahren uns deshalb gegen jedes aus falscher Deutung etwa
entspringendes Mißverständniß.

Hienach scheint es uns, als ob unter allen lautgewordenen Stimme nur
eine einzige die Frage von einem die Wichtigkeit des Gegenstandes richtig
abwägenden Standpunkt aufgefaßt habe. Die Uebrigen haben sich zwar mit
bewundernswürdigem Selbstvertrauen und hochweiser Würde um Nebendinge
herumgedreht, aber den eigentlichen Kern- und Schwerpunkt der Frage ganz
außer Acht gelassen. Jene einzelne Stimme, die uns in dem erwähnten Be-
richt wie die Stimme des Predigers in der Wüste vorkommt, ist die des
Grafen Bandissin, als Vertreters der Vereine Dresden und Prag. Er
äußerte sich folgendermaßen:

„Meine Herren! Unser Verein nennt sich: Verein zur Beförderung
deutscher historischer Kunst. Lassen Sie uns diese Benennung nicht im
engeren Sinne des Worts, nur die Künstler umfassend, begreifen, lassen Sie
uns das ganze deutsche Volk darin aufnehmen, unser Wirken und Schaffen
möglichst weit ausdehnen, möglichst großartig auffassen. — Bon
dein heute zu fassenden Beschluß hängt das Fortbestehen und Gedeihen unseres

*) Siehe die Artikel „die Akademie der Zukunft. Ueber den Beruf einer Künste
akademie als Lehranstalt und als Behörde zur Vertretung der allgemeinen Kunstinter-
essen des Staats" in Nr. 12 und 13 der „Dioskuren."
 
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