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ltnb so lassen Sie mich für heute meinen Bericht schließen mit dem wieder-
holten Wunsche, daß der Kunst immer mehr die Gelegenheit begeben werde,
die mannigfaltigen Ereignisse des Lebens, frohe und trübe, mit dem Zauber
ihrer Darstellungen zu erhöhen, zu feiern und im Andenken der Menschen zu
befestigen, wie sie hier im vorliegendem Falle die schöne Gelegenheit gesundem

Kiel, im November. Der Bau unserer neuen Kunsthalle schreitet
rasch vorwärts. In wenigen Tagen wird dieselbe unter Dach sein, und im
nächsten Frühjahr nach Vollendung der äußern und iunern Dekoration ihrer
Bestimmung als Gemäldegalerie und Ausstellungslokal übergeben werden.
Das Gebäude hat eiue Lange von 120 Fuß und eine Tiefe von 30 Fuß.
Zu jeder Seite des geräumigen Vestibüls befindet sich ein großer Saal. Der
eine derselben wird so eingerichtet, daß er je nach Bedürfniß entweder durch
Oberlicht oder Seitenlicht erhellt werden kann. Der andre hat Seitenlicht
und wird nach Weise des Berliner Museums durch (bewegliche) Querwände
in drei Räume abgetheilt. An das Hauptgebäude schließen sich ein Packraum,
ein Directionszimmer und eine Wohnung für den Wärter. Da der Böden
sich etwa 4—5 Fuß über die Straße erhebt, so wird eine gleich hohe Terrasse
von 20 Fuß Tiefe sich vor der Lang-Fronte des Gebäudes hinziehen, und
eine breite Freitreppe von der Straße zum Vestibül hinaufführen.

L Wien. sWieu's Kunstleben und öffentliche Kunstdenkmäler.
Fortsetzung.) Das Hauptziel unserer Wanderung ist das erwähnte Waffen-
museum, der höchste Triumph des in einem Profanbau entwickelten roma-
nischen Stils. Um dasselbe in allen seinen Eigenthümlichkeiten möglichst bald
und in aller Ruhe in Augenschein zu nehmen, werfen wir zuvor noch einen
raschen Blick auf die überladene Fapade des von den Architekten van der
Nüll und Sicardsburg aufgeführten Kommandanturgebäudes mit seinem
quadratischen Mittelthurm, der Statue der Austria und den vier Polygonen
Eckthürmchen mit ihrem reichen allegorischen Statuenschmuck; und gehen dann
durch den höchst unpassenden Tunnelbogen in das Thorgewölbe des Erdge-
schosses, dem ein zweites ähnliches Gewölbe im entgegengesetzten südlichen
Flügels des Mittelbaues entspricht. Haben wir diese Kommandantur, deren
Inneres im Treppenhause und im ersten Geschosse eine Menge von architekto-
nischen Absurditäten in den gewölbetragenden Säulen, in den gekuppelten
Fenstern und in den Details enthält, hinter uns, so befinden wir uns in
hübschen, aber noch schattenlosen Gartenanlagen, in denen die Fayade des
Hansen'schen Baues, des Waffeumuseums, vor uns liegt. Ich darf
mich aber, um Ihre Leser nicht mit architektonischen Einzelnheiten und Kunst-
ausdrücken zu ermüden, nicht in eine Beschreibung des Ganzen einlassen, will
vielmehr auch hier nur bei und in dem prachtvollen Mittelbau verweilen. Er
heißt die „Ruhmeshalle"; und in der That gereicht es dem Meister Jansen
zum höchsten Ruhme, den Rundbogenstil so vollendet harmonisch durchgeführt
und alle Elemente desselben durch die Kraft seiner Erfindung organisch weiter
und im eigentlichen Sinne des Wortes höher gefordert zu haben.

Das untere Geschoß der Fayade enthält drei hohe Portale, bedeckt von
überhöhten Rundbogen; zwischen ihnen erheben sich schlanke Rundsänlen, die
auf romanischen, reich skulpirten Kapitälen die allegorischen Gestalten der
vier kriegerischen Tugenden tragen: „Tapferkeit", „Aufopferung", „Fahnentreue"
und „Klugheit". Ueber diesen springt ein Balkon vor, auf dem sich die drei
großen Rundbogenfenster des Hauptgeschosses dieser Ruhmeshalle öffnen. Auch
hier sind die Fensterpseiler mit allegorischen Statuen auf Konsolen, ich glaube
sämmtlich von Gasser, geschmückt. Ich konnte nicht umhin, dem Meister
meine Freude über alles dies und über die durch die Zinnenbekrönung ge-
bildeten Galerien auszudrücken, zugleich aber auch nicht verhehlen, warum mir
die Vertheilung und Belebung der Flächen der Fapade, und der oberste Ab-
schluß des Mittelbaues durch eine Kuppel in Gestalt einer Halbkugel nicht
zusagte. Die Kuppel scheint mir nämlich mit dem in allen Theileu horizontalen
Abschluß des Waffeumuseums, wie des ganzen Gebäudekomplexes im Wider-
spruch zu stehen. So bereitwillig er mir im ersteren Punkte Recht gab, so
eifrig vertheidigte er seine Kuppel, deren eigentliche, architektonisch meines Er-
achtens doch nicht zu rechtfertigende Bestimmung mir klar wurde, als wir durch
die dreischiffige Halle des Erdgeschosses mit ihren von reich ornamentirten
Säulen getragenen Gewölben, die prachtvolle, mit einer Reiterstatue auf der
Balustrade geschmückte Treppe hinauf in den Haupt- oder Kuppelsaal stiegen,
der zur Aufnahme von historischen Waffen, Rüstungen und Trophäen bestimmt
ist. Es ist ein Quadrat, das von der angefochtenen Kuppel überwölbt, sein
Licht theils von oben, theils von Norden durch die erwähnten drei Fenstern
der Fayade erhält. Diese Kuppel wird mit den Wänden durch Rundbogen
von zehn Fuß Tiefe verbunden, die in ihrem Zusammenstoß unter einander
und mit der Kuppel vier Zwickel bilden. Diese Flächen, sowie die großen
Wandnischen von 36 Fuß Breite und 23 Fuß Höhe sollen einen Cyklus von
Freskobildern erhalten, der diesem idealen Centralbau, dieser architektonischen
Perle des Ganzen, hoffentlich in würdiger Weise entsprechen wird. Wie und
von wem aber diese Malereien ausgeführt werden sollen, diese Frage*')
erörterten wir auf dem Heimwege, nachdem wir noch einige Gänge durch die
dem Kuppelsaal östlich und westlich sich anschließenden Säle der Seitenflügel
gemacht hatten, die mit neueren Waffen angefüllt werden sollen.

Ich schied also mit meinem architektonischen Freunde aus seinem Meister-
werke, das wie kein anderes Gebäude Deutschlands uns zeigt, wie gut die
glauäugige Tochter des Zeus zugleich die Göttin der Künste und des Krieges
fein konnte, und ließ mich von ihm unter Besprechung jener Fragen in das
Atelier seines Freundes, des bekannten Historienmalers Karl Nahl, führen.
In einer genialen Vernachlässigung des Anzuges saß er vor seiner Staffelei;
eine große, wohlbeleibte Gestalt von fast herkulischem Körperbau, mit einem

*) Bekanntlich wurde später K. Rahl damit beauftragt, was unser Korrespondent
damals noch mcht wissen konnte.

Antlitz, aus dessen blitzenden Augen eine edle löwenartige Kraft und lebens-
volle Begeisterung hervorleuchteten. Obwohl er mit seinen Historienbildern
von venezianischer Gluth des Kolorits unsere norddeutschen Ausstellungeu gar
selten beschickt und während eines großen Theils der letzten Jahre fast nur
Portraits gemalt hat — und hierin ist er das direkte Gegentheil von Karl
Sohn in Düsseldorf — so werden ihn doch die Meisten von Ihren Lesern
wohl aus irgend einem seiner Bilder kennen, besonders aus denen, die er
nach seinem langen Aufenthalte in Rom schuf, z. B aus dem durch den
Stich bekannten „Schwur auf dem Rütli"; aus der bei H. Abendroth in
Hamburg befindlichen „Verfolgung der ersten Christen in den Katakomben zu
Rom", oder aus den beiden im Belvedere befindlichen Darstellungen aus dem
„Nibelungenliede", Nachdem wir über die Komposition des Bildes, das in
der Untermalung fertig da stand, „Odysseus vor dem Könige der Phäakeu",
und über die außerhalb des Homer liegenden Motive seiner Darstellung ge-
redet, gab Hansen dem Gespräch eine Wendung, die uns auf den gegen-
wärtigen Stand der Kunst in Wien und sodann auf den Hauptzweck unseres
Besuches, die projectirte Bemalung des Kuppelsaals im Waffenmuseuni und
die dafiir von Rahl bereits eingerichteten Entwürfe führte. Wir ruhten
nicht eher, als bis unser Freund uns die Art und Weise der Durchführung
seiner Grundidee nicht blos mit der ihm eigenen kräftig sonoren Stimme
auseinandergesetzt, sondern auch durch seinen großen Cyklus von Zeichnungen
veranschaulicht hatte. Dieser ist so sinnreich ausgedacht und durchgedacht, so
interessant in seinem Zusammenhänge wie in seinen Einzelheiten, daß ich Ihnen
wenigstens die Grundideen in ihren Hauptzügen vorlegen muß, mit dem Be-
dauern, daß ich Ihnen für den Genuß, den die Betrachtung der Zeichnungen
uns gewährte, nur einen schwachen Ersatz bieten kann. Da es nach der
Vorstellung des Meisters vier Prinzipien giebt, nach welchen die Kriegführung
mit der göttlichen und sittlichen Weltordnung vereinbar ist, nämlich die Be-
freiung von fremdem Druck, die Vertheidigung gegen die angreifenden Feinde,
der Kampf um Kultur und Religion, und der um Gesetz und Autorität, so
führt er uns oben auf dem Goldgrund der Kuppel vier überlebensgroße Ein-
zelgestalten als Träger dieser Prinzipien vor, jede mit einem paffenden alt-
testamentlichen Spruche. Es sind: „Gideon, der Israel befreit aus der
Midianiter Händen"; „David, der den Goliath erschlägt"; „Josua, der
seinem Volke das Land der Verheißung erringt" und der „Erzengel Michael,
der den Saturn besiegt". Aus diesen vier Prinzipien und ihren vorbildlichen
Gestalten ergiebt sich auch die Reihenfolge der vier Hauptbilder in den Wand-
nischen, deren Gegenstand aus der älteren Geschichte Oestreichs entnommen
ist. Es sind zugleich Thaten, die uns die vier in den Bogenzwickeln ange-
brachten Kardmaltugenden vergegenwärtigen. Es erscheint nämlich unterhalb
des Gideon: „Karl der Große, der die Wälle erstürmt", hinter denen
sich auf deni gleich zu betrachtenden Friese die Avaren den Lastern der Bar-
barei ergeben haben. Er ist, wie auch der Spruch des Gideon lautet: „ein
kluger Mann ist oft besser als ein starker", als der Mann der Einsicht und
Weisheit aufgefaßt. Das zweite Hauptbild, das sich also unter David
befindet, stellt den „Sieg Friedrich s des Streitbaren über die Mongolen
in der Schlacht bei Leitha" dar, ein Bild, das in seinen Motiven von dem
vorigen wesentlich verschieden ist. Während es nämlich dort die Befreiung
aalt, gilt es hier die Vertheidigung, wie die Inschrift sagt: „er beschützte das
Land mit der Stärke seines Armes." Es ist also das Bild der Tapferkeit.
Wenn nun diese beiden Hauptbilder noch den Kampf des Germanenthums
gegen die von Osten hereindringende Barbarei vergegenwärtigen, so folgt jetzt
eine für die Entfaltung des christlichen und ritterlichen Lebens charakteristische
Scene aus den Kreuzzügen. Denn unter dem Josua, der das gelobte Land
erkämpfte, erscheint „Leopold der Tugendhafte bei der Erstürmung der
Mauern von Ptolemais", also als der Mann der Frömmigkeit. Endlich
unter dem siegreichen Erzengel Michael der Begründer der gesetzlichen Ordnung
in Deutschland, der Stammvater des kaiserlichen Hauses: „Rudolph von
Habsburg, der den Ottokar von Böhmen besiegt", für den es freilich ein
sehr böses Kompliment ist, mit Satanas verglichen zu werden. Damit ist
nun auch die Grundlage für die Geschichte Oestreichs bereits angedeutet, deren
weitere Entwickelung der Künstler in den sechzehn allegorischen Figuren der
Kronländer darstellt, die je zwei und zwei zu beiden Seiten jedes der vier
Hauptbilder an den Flächen der Bogen angebracht werden sollen. Es bleibt
mir noch die kurze Erwähnung des Frieses übrig, der die Verbindung der
vier Prinzipien und diesen vier Hauptbildern vermitteln soll. Er stellt, um
es mit einem Worte zu sagen, den Zustand der Kindheit der im alten
Noricum an der Donau wohnenden Völker dar, ihre Unterwerfung
durch die Römer, die Gründung des Christenthums durch den
heiligen Severinus und das Hereinbrechen der in den Stürmen
der Völkerwanderung herbeigeführten Hunnen und Avaren. Mit
ihnen erscheint die Herrschaft der Laster, von denen, wie wir sahen, Karl der
Große die Völker befreit.

Wie ich es mir versagen muß, auf hie nähere Beschreibung der einzelnen
Gruppen dieser anziehenden und oft mächtig ergreifenden Kompositionen des
Frieses und der Hauptbilder einzugehen, so will ich auch den Inhalt der vom
Künstler für die beiden angrenzenden Waffensäle projektirten Darstellungen
aus der neueren Geschichte Oestreichs übergehen, zumal da leider die Wahr-
scheinlichkeit bis jetzt nicht sehr groß ist, daß Rahl's Entwürfe zur Ausführung
kommen werden*). Sollte der Kaiser sich aber entschließen, der Stimme der
Männer nicht zu folgen, die^ an Rahl's Stelle den für diese historischen Stoffe
gewiß weniger geeigneten Moritz von Schwind zu setzen trachten, sollte er
vielmehr dem zwar sehr offen und freisinnig redenden Rahl den Vorzug
geben, so würde dieser Freskencyklus in der Geschichte der östreichischen Kunst-
thätigkeit ebenso sehr Epoche machen, wie es der Bau des Arsenals selber
gethan hat. (Schluß folgt.)

D. R.

ft Siehe die Anmerkung oben.
 
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