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bietet eine erleuchtete Kirche und Reflexe von Fackelscheinen dar, die eines
Schalken würdig sind*). — 2. Große Landschaft, vom Künstler selbst
„Heraufziehender Sturm mit Regen" genannt. Hier wird das Auge
von einem gewaltigen Wasserfall überrascht, dessen schäumende Massen sich,
in der Tiefe angelangt, zum feinsten Staub zerschlügen, und dessen weißer
Schaum mit dem röthlichen Ton der alten, knorrigen Föhren einen schönen
Kontrast bildet, während die andern Partien des Bildes theils ein bis zum
Gewagten saftiges Grün, theils aber auch dürres Haideland zeigen, dessen
Eintönigkeit nur durch einige Bauernhütten belebt wird. Der einzige Sonnen-
strahl, dem es gelingt, sich durch die schwarzen Wolken Bahn zu brechen, be-
leuchtet eine auf einer Anhöhe belegen? Kirche. — 3. „Seestück, ausge-
nommen an der Bohusländischen Küste." Man erblickt hier jene durch-
sichtigen grünen Meereswogen, durch deren Schilderung sich Larson besonders
auszeichnet, zugleich neben wilden, dem Auge aber nichts desto weniger wohl-
thuenden Felsenmassen. — 4. „Wasserfall in Smäland." Auch dieses
Geüiälde schildert eine empörte Natur mit prachtvollen Wassermassen. Doch
auch die Laubpartien sind sehr schön und bezeugen des Künstlers reiche Phan-
tasie und fleißige Naturstudien. — 5. „Sonnenuntergang im Badeorte
Lysekihl", ein ganz in Roth gehaltenes Gemälde, nicht so groß an Umfang,
wie die bisher erwähnten, aber sehr interessant in seinem, von den übrigen
Geschwistern so abweichenden Farbenton. — 6. und 7. Zwei „Felsengruppen
im Norwegischen Hochland", welche unbedeutender sind.

Die Ausstellung war ungewöhnlich stark besucht, und das verdiente sie
auch in vollem Maaße. Denn Larson trat in diesen Werken mit so viel
Kraft auf und entwickelte einen solchen Reichthum, daß er den Beschauer zur
Bewunderung zwang und einen wirlichen Triumph feierte. Die Menge
freilich jubelt meist nur, ohne recht zu wissen, warum. Sie bedarf eines
Lieblings, über den sie das Füllhorn ihres Wohlwollens ganz und gar aus-
schütten kann, und in diesem Augenblicke ist Larson dieser Glückliche. Er steht
demzufolge bei unfern Kunstenthusiasten über allem llrtheil erhaben da; und
wie jedes, auch das unbedeutendste Wort, welches ein beliebter Dichter aus-
spricht, jeder Ton, den eine gefeierte Sängerin erklingen läßt, als „unvergleich-
lich", „wunderbar", „göttlich" gepriesen wird, so wird auch jeder Pinselstrich
Larson's von ihnen in den Himmel erhoben. Um nur ein Beispiel dieses
lächerlichen Enthusiasmus, der den Künstlern mehr schadet als nützt, und von
dem sich der wahre Künstler mit Widerwillen abwendet, anzuführen, erinnere
ich an den unreinen Triller von Jenny Lind, der „schwedischen Nachtigall",
und an ihre unverantwortlich geschmacklosen Zusätze zu Mozart (z. B. in
Susanna's Rolle), welche auch unser Publikum eine Zeit lang als die „pure
Göttlichkeit" lobpries. Ungefähr ebenso überspannt verfährt man gegenwärtig
mit Hrn. Larson's Gemälden. Sie werden mit einer wirklichen Ueberschweng-
lichkeit gepriesen. Ganz kleine Mädchen schwatzen von der „genialen Kraft"
dieser Werke. Denn sie haben gehört, daß man so sagen müsse. Die Herren
reden von Clair-obscur und Perspektive u. s. w. Auf der Ausstellung hat man

*) Ein ähnliches Bild, auf welchem die Figuren von Zoll gemalt waren, befand
sich vor längerer Zeit auf der Sachse'schen „Permanenten Gemäldeausstellung" in
Berlin; vielleicht eine Widerholung des hier genannten. Anm. d. R.

die kostbarste Gelegenheit, den ächten Typus dieser Kenner-Löwen zu studieren.
Sie blinzeln tüchtig mit den Augen, sehen dann äußerst nachdenkend aus, ziehen
die Augenbrauen zusammen, gucken durch die hohle Hand und wo möglich
obendrein zugleich durch die Lorgnette, seufzen halblaut, während der Ober-
körper sich nach der einen, bald nach der andern Seite beugt, als ob sie
Magendrücken hätten. Diese Grimassen bedeuten aber vielmehr nur die uu-
endliche Hingerissenheit ihres Gemüths. Einige sind klug genug zu schweigen,
ans Furcht, daß ein einziges dummes Wort ihre ganze Armuth verrathen
könne; Andere dagegen räsonuiren um so viel kecker, um zu zeigen, daß sie
keine Furcht haben. Sie meinen, diesinal könne man schon etwas wagen, denn
man weiß bestimmt, daß man vor herrlichen Bildern steht; und so ist jeden-
falls nichts zu riskiren, so lange man sich hübsch auf Allgemeinheiten, wie
„Wunderschön", „Magnifique" u. s. w. beschränkt. Wenn diese Thorheiten nur
lächerlich erscheinen, so ist es ernstlich zu beklagen, daß auch selbst Schrift-
steller von Ruf in dieses burleske Hosiannah miteinstimmen. Was mich be-
trifft, so lasse ich Larson gern sein vollstes Recht widerfahren, erkenne mit
Freuden seine überlegenen Naturaulagen und seinen ungewöhnlichen Fleiß an;
ich glaube nicht, daß er, wie die Kunstenthusiasten es wollen, die Glorie um das
Haupt eines Claude Lorrain, Ruysdael, Salvator Rosa u. s. w.
verdunkele. Auch erfordert es schon die Gerechtigkeitsliebe, daß die Anerken-
nung, welche einem Künstler gespendet wird, ihn nicht so hoch erhebe, daß
dadurch seine Standesbrüder gewissermaßen zu Nullen herabgesetzt erscheinen,
welche etwa mit jenem in gar keinem Vergleich zu stellen wären. So schön
die Gemälde Larson's sind, so sind sie doch nicht über die Kritik erhaben,
sondern lassen noch manches zu wünschen übrig. Gewisse Luftpartien in ihnen
z. B. kann man weder poetisch empfunden, noch naturwahr nennen. Hätte ein
Anderer als er diese wunderlichen, schlauchförmigen Wolken genialt, so möchte
gar mancher „Kunstrichter" dasselbe weise Haupt schütteln, welches jetzt so
freudig Beifall nickt. Daß ferner auf seinen Bildern durchaus keine Figuren
als Staffageschmuck zu entdecken sind, auf so vielen skandinavischen Gebirgs-
abhängen keine einzige kletternde Ziege, nur auf dem einen Seestück etwelche
Möven, deren Flug übrigens keinesweges besonders mannigfaltige Stellungen
darbietet, erscheint etwas dürftig. Denn die trefflich gezeichneten und ge-
malten Figuren, welche die Zierde der „Weihnachtsfahrt" ausmachen, hat nicht
Herr Larson, sondern Herr Zoll*) in jene Landschaft hinein gemalt. Ich
könnte ferner noch auf die auffallende Familienähnlichkeit sämmtlicher Felsen-
partien Hinweisen oder auf die doch beinahe gar zu geringe künstlerische Sorg-
falt, welche auf einzelne Vordergründe verwandt ist, deren Farbenklexe mit
lauter Stimme: fa presto, fa presto rufen; ich könnte auf die zwei ganz
unbedeutenden norwegischen Ansichten hindeuten, welche ihr schwaches Licht
von den größeren Werken leihen müssen, wenn es nicht eine dankbarere Aufgabe
wäre, sich über die großen Schönheiten der Mehrzahl der genannten Gemälde
zu freuen und Schweden zu dem Besitz eines so ausgezeichneten Künstlers,
wie Larson ist, Glück zu wünschen. Aber Jemandem gerechtes Lob spenden,
heißt nicht, ihm niit dem Weihrauchfaß den Schädel einschlagen.

*) S. oben Anm. 2. D. R.

Kunst-Chronik.

Berlin. — Wir hatten bereits in einer der ersten Nummern (Nr. 2,
Rubrik „Kunslindustrie") der „Diosknren" Gelegenheit, auf einen höchst sinn-
reich komponirten Lampenschirm des Bildhauers H. Heidel aufmerksam
zu machen. Vor Kurzem hat Heidel einen zweiten komponirt und (im Ver-
lage der Besser'schen Buchhandlung, Hertz) erscheinen lassen, der einen neuen
Beleg für das bedeutende und bedeutsame Kompositionstalent des genialen
Künstlers abgiebt. Wie der erstere, so drückt auch dieser in seiner Komposition
die poetisch gesteigerte Stimmung aus, für welche das Hereinbrechen des
Abends das Gemüth des Menschen empfänglich macht. Der Gedanke, daß
die Musik für diese Steigerung ein besonders wichtiges Moment bilde, ist
das spezielle Motiv des neuen Schirms. Mit dem Lorbeer gekränzt und die
Leier im Arme wird Arion, „der Töne Meister" auf einem Delphin durch
die Wogen getragen. Ihm winkt Apoll, als Gott des Gesanges, welcher so
eben nach Zurücklegung seiner Tagesbahn bei Thetis eingekehrt ist, Beifall
und Schutz zu, während ihm von den Begleiterinnen des Sonnengottes, den
Horen, Blumen gestreut werden. Weiter erblickt man den erdumgürtenden
Okeanos, neben welchem Luna sich erhebt, auf schilfbewachsenem Meeresgestade
hingestreckt, den alten Nereus zur Seite, welcher, von den heiteren und sanf-
ten Klängen Arions entzückt, den trompetenden Tritonen Stillschweigen ge-
bietet. Die Darstellung schließt sich in der Rundung wieder beim Apoll an,
und zwar bildet die Thetis hier die Verbindung, welche, aus einem Felsenriff
ruhend, den Tönen lanscht, wärend eine junge Nereide mit einem Perlenschmuck,
als Geschenk für den Sänger, heransschwebt. *)

— — Unter den Bestrebungen, Reinheit des Stils und klassische Einfach-
heit des Geschmacks auf die Gegenstände des gewöhnlichen Lebens zu über-

*) Wie unsere Leser aus der auf der ersten Seite dieser Nummer befindlichen
Ankündigung der „Expedition" ersehen, hat Herr Heidel aus nnsern Wunsch die
Zusage gegeben, eine in ähnlichem Charakter gehaltene Komposition (nach Art der
etrnrischen Vasenbilder mit röthlichen Figuren, aber auf dunkelblauem — statt schwar-
zem — Grunde) für die Leser der „Diosknren" zu komponiren. Sie wird die Form
eines Lichtschirms erhalten, lieber die Idee selbst schweigen wir noch, um nnsern
Lesern nicht ihre Ueberraschung zu rauben. Sie erhalten den Heidel'schen Lichtschirm
zum neuen Jahre, mit welchem die „Diosknren" in ihren zweiten Jahrgang ein-
treten. D. R.

tragen und dadurch an Stelle des oft sinnlosen Luxusstils eine gehaltvollere
und gediegenere Formenbitdung im Bereich der Kunstindustrie anzubahnen,
nimmt die Thätigkeit des „Plastischen Instituts" der Gebrüder Micheli
unsere Anerkennung in besonderem Maaße in Anspruch. Denn gegenüber
den meist nur dem frivolen Modegeschmack huldigenden Broncewaarenlagern
und Marmorfabriken, welche in letzter Zeit wie Pilze aus der Erde zu wachsen
beginnen, ist bei dem nun bereits seit 36 Jahren bestehenden Institut hervor-
zuheben, daß es durch seine ausgebreiteten Verbindungen mit den bedeutendsten
Kunstinstituten dieser Art in Italien, Paris u. s. f. sich stets die schönsten
Originalmodelle zu verschaffen bemüht gewesen ist und sein Hauptaugenmerk
besonders auf die Nachbildung der klassisch antiken Skulpturen richtet. Aller-
dings berücksichtigt es auch die moderne Kunst, aber hauptsächlich nur die
besseren und gediegeneren Arbeiten derselben, wie die Werke eines Schadow,
Canova, Thorwalsen, Schwanthaler, Rauch, Wichmann. Kiß rc.;
von Franzosen Pradier, Düret, Mene, auf dessen herrliche Tiergruppen
wir vor einiger Zeit im „Glyphischen Kabinet" aufmerksam machten. Wir
werden in Kurzem auf die Thätigkeit dieses trefflichen Instituts, welches kürz-
lich bedeutend vergrößert und vielfach bereichert worden ist, zurückkommen,
und bemerken nur noch, daß namentlich seine Auswahl von Florentinischen
Basen in Marmor und Alabaster sich durch Mannigfaltigkeit und
Reichthnm der Formen auszeichnet.

-Wir haben schon früher („Dioskuren" Nr. 9) aus die durch die

neueingefiihrte Wasserleitung gebotene Gelegenheit hingewiesen, Berlin's
öffentliche Plätze mit künstlerisch gestalteten Brunnen und Springbrunnen
zu versehen. Man hat jetzt einen Anfang damit gemacht, der aber etwas
kleinlich ausgefallen ist. Es ist ein Brunnen auf dem Werder'schen Markte,
der Königlichen Münze gegenüber, nach einer Zeichnung des Ober-Bauraths
Stüler durch die Geiß'sche Fabrik in Zink gegossen. Er bildet ein Achteck
mit gothischen Verzierungen und gleichartiger Bedachung. Die beiden Reliefs
sind von dem Bildhauer Afinger modellirt. Das eine stellt das „Gespräch
mit dem Samaritischen Weibe an, Jacobs-Brunnen" dar, das andere „Mose,
wie er die ihre Schafe tränkenden. Töchter Jethro's in Midian beschützt".

— — Im lithographischen Institut von Storch und Kramer erscheint
bekanntlich unter dem Titel „Erinnerung an Sanssouci" ein Cyclus
 
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