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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 9.1864

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https://doi.org/10.11588/diglit.13518#0065

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Durch eine eigentümliche Verkettung der Umstände ward
Klenze dem Könige von Westphalen empfohlen und 1808
als Hofarchitekt und 1810 als Hofbaudirektor in Kassel
angestellt. Als Hieronymus vertrieben ward, ging Klenze
nach Wien, und besuchte auf dieser Reise München. Dort
lernte ihn Kronprinz Ludwig kennen, durch dessen Ver-
mittelung er 1814 nach München berufen ward. Schon
1816 ward ihm von dem Kronprinzen, der mitten in den
jener kriegerischen Zeit die Kunst fest im Auge behalten,
der ehrenvolle Auftrag des Baus der Glyptothek, welche
1830 vollendet wurde. Dieses Werk begründete seinen
Ruhm fest und sicher. Damit begann auch Klenze's
großer und wirkungsreicher Einfluß in Sachen der Kunst.
Schon im nächsten Jahre (1817) übertrug ihm der Herzog
Eugen von Leuchtenberg den Bau eines Palastes. Hatte
der Meister in der Glyptothek im veredelten römischen
Stile gearbeitet, so ward er nun zur Renaissance ge-
drängt; die Umstände waren stärker als der Wille des
Künstlers. Wenn dieser Bau in seinem allgemeinen Cha-
rakter einigermaaßen an den Palazzo Farnese in Rom
erinnert, so liegt dies zunächst in einer ähnlichen Behand-
lung der Fensterreihen des unteren Stockes mit dem Sockel
und in den Giebelfenstern des Mittlern Stockwerks. Nach
3 Jahren (1820) folgte der Bau der k. Reitschule, bei
welchem die Anwendung des römischen Prachtstils durch
die äußeren Verhältnisse so dringend geboten war, daß
derselbe unmöglich zurückgewiesen werden konnte.

Zur nämlichen Zeit wurde die (erste) Restauration des
Doms zu Speyer in Angriff genommen und damit jene
der längst zerstörten Grabmäler Rudolfs von Habsburg
und Adolfs von Nassau beabsichtigt. Mit den Entwürfen
hierzu ward Klenze betraut. Er zeichnete ferner den
architektonischen Theil des Denkmals Eugens von Leuchten-
berg und die Verfassungssäule bei Gaybach. Im Jahre
1822 ward der Bau des Bazars im venetianischen Stile
durchgeführt, nach Klenze's Plänen begonnen, in den
letzten Jahren aber erst durch Aussetzung eines Stockwerks
auf den beiden Seitenpavillons rhytmisch abgeschlossen.
Zwei Jahre später baute Klenze das Kriegsministerium
im florentinischen Stile. Es zeigt einen höheren Mittel-
bau mit einer offenen Bogenhalle und durchaus würdige
Verhältnisse.

Mit der Thronbesteigung des Königs Ludwig begann
eine neue Kunstära und eine noch erhöhtere Thätigkeit
Klenze's. Das Jahr 1826 sah den Beginn von nicht
weniger als vier Prachtbauten: der Pinakothek, des Königs-
baus, der Allerheiligen - Hofkapelle, und des Odeons.
Sämmtliche wurden dem Meister Klenze übertragen, der
sich der Gunst seines Königs in beneidenswerthem Maaße
erfreuen durste. Die Pinakothek zeigt den Stil römischer
Paläste in freier selbständiger Gestaltung und in ihrer
gegen Süden gewendeten Fronte eine doppelte Reihe von
Rundfenstern, wovon die im obersten Stockwerke zwischen
jonischen Halbsäulen eingesetzt sind. Die Krönung bildet
ein reichverziertes Konsolen-Gesims mit den Bildsäulen
von 24 Malern. Flügelförmige Vorsprünge an den Ecken,
niederer als das Hauptgebäude, schließen dies in kräftiger
Weise ab. An der Pinakothek kam zum erstenmale in
München das Princip mehrfarbiger Bausteine in Anwen-

dung, indem alle, die architektonischen Formen bestimmen-
den Theile des Bau's aus grünlich-grauem Quaderstein,
die dazwischen liegenden Wandflächen aber aus hellgelbem
Backsteine bestehen. — Der Königsbau steigt über einem
schön gegliederten Sockel in zwei Stockwerken empor, über
dem sich ein Mittelpavillon erhebt. Er erscheint im All-
gemeinen als eine freie und ebenso geschmackvolle Nach-
ahmung des Palastes Pitti in Florenz, vor dem er jedoch
größere Heiterkeit voraus hat. In den Details weicht er
übrigens vom genannten Palaste sehr wesentlich ab. Das
Mauerwerk besteht aus grünlichem Kelheimer Marmor. —
In der Allerheiligen-Hofkapelle griff Klenze auf den
romanischen Rundbogenstil der italienischen Kirchen des
eilftcn und zwölften Jahrhunderts zurück. Bei der Anlage
der für den Zweck der Hofkapelle nothwendigeu Tribünen
gedachte er der St. Marcuskicche in Venedig, in ihrer
inneren Anordnung und Ausschmückung liegt ihr die
St. Rochuskapelle im königlichen Schlosie zu Palermo zu
Grunde. Sie bildet ein einfach längliches Viereck mit
Vorhalle, Schiff und halbrunder Apsis, hat sonach die
Grundform der Basiliken. — Das Odeon bildet das Pen-
dant des herzoglich Leuchtenbergischen Palastes und ist
dasjenige Gebäude Klenze's, das am meisten Anfechtung
fand. Billige Beurtheiler können aber nicht verkennen,
wie die Lokalität große Schwierigkeiten bot. Im Jahre 1830
vollendete Klenze den im römischen Renaissance-Stil ge-
bauten und in den einfachsten und edelsten Verhältnissen
durchgeführten Palast des Herzogs Maximilian in Bayern,
dessen innere Einrichtung eine in jeder Hinsicht musterhafte
genannt zu werden verdient. Im nämlichen Jahre legte
der König Ludwig den Grundstein zur „Walhalla" bei
Regensburg. Des Königs Idee, zur Zeit der tiefsten Er-
niedrigung gefaßt, fand in Klenze's Werk die glänzendste
Verwirklichung. Die Walhalla schaut in der reinsten Form
eines griechischen Tempels mit Säulen korinthischer Ord-
nung auf einem kolossalen Unterbau hoch von dem Gipfel
eines Berges nahe am Strom weit in's Land hinaus.
Cyklopische Mauern stützen den Unterbau und im Saal
tragen weibliche Karyatiden die reich kasfetirte Decke. Man
hat es dem König und dem Baumeister verübelt, daß sie den
deutschen Gedanken in ein fremdes Gewand gekleidet hätten,
hat aber dabei vergessen, daß zwar der von derselben Seite
gewünschte deutsche Baustil jenem Gedanken der Zeit nack-
näher liegt, aber keineswegs in näheren inneren Einklang
mit ihm zu bringen gewesen wäre. Im Jahre 1832
begann Klenze den Festsaalbau der k. Residenz gegen den
Hofgarten hin. Seine Länge beträgt 900 Fuß, jedes
Stockwerk enthält 46 Fenster, die im Erdgeschoß rund-
bogig, die im Hauptgeschoß horizontal überdeckt und von
einem Giebel überragt. Ein korinthisches Gesims krönt
das Ganze. In Mitten des Baus erhebt sich ein pracht-
voller Portalbau im Stile Palladio's, bestehend aus einer
doppelten Arkadenhalle. Darüber erheben sich 10 jonische
Säulen, auf denen ein in Winkeln vortretendes Gesims
ruht, das zwei Löwen und vier männliche und vier weib-
liche Statuen, die acht Regierungsbezirke des Königreichs
trägt. Der Bau ist für größere Festlichkeiten bestimmt
und demgemäß äußerst zweckmäßig eingetheilt. Hervor-
ragend ist besonders der Thronsaal. (Fortsetzung folgt.)
 
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