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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 9.1864

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https://doi.org/10.11588/diglit.13518#0209

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Kunstgeschichte und Antiquitäten.

Das Doxal in St. Maria im Kapitol zu Köln.

Bis zum Jahre 1767 wurde in der Kirche zur h.
Maria im Kapitol das Chor von dem Schiff durch einen
als Grabkapelle und als Lettner dienenden Zwischenbau
getrennt, der seiner bemerkenswerten Skulpturen wegen
stets die Aufmerksamkeit und Bewunderung der Kunst-
freunde auf sich gezogen hat. Gelenms bezeichnet dieses
Werk als die „von den Geschlechtern der Lyskirchen und
Haquenay errichtete neue und kostbare Sängerbühne, allwo
ein Altar sich befindet mit einem wegen seines Kunstwer-
thes weit und breit bekannten Gemälde." In einem
Schreiben der Abtissin vom Jahre 1649 wird dieser Lett-
ner unter die hervorragendsten Momente der St. Marien-
kirche gerechnet. „In dieser Kirche", heißt es daselbst,
„befinden sich die Wappen von Kaisern, Königen und Für-
sten, wie auch von den ältesten und vornehmsten hochlöb-
lichen Geschlechtern dieser Stadt, als der von Jüdden,
Lyskirchen, Hardenrath, Rottkirchen, Hackenay, Harde-
faust u. A. in Glasfenstern, Kupfer, Marmor und anderm
Gestein, sooderlich aber sind daselbst zu sehen das kost-
bare Dorale, Altäre und hin und wieder zu ewigem
Gedächtniß hängende Gemälde." Im Jahre 1767 wurde
der ganze Zwischenbau weggeräumt und die Skulpturen
desselben wurden zur Außenbekleidung der Orgelbühne be-
nutzt, wo dieselben sich jetzt noch befinden. Kugler sagt
in seiner Kunstgeschichte II. 734, über dieses Kunstwerk:
„Ein merkwürdiges Prachtstück dieser Zeit ist der ehema-
lige Lettner, jetzige Orgelbühne der Kapitolskirche, mit
dem Datum 1523. Der Name des Verfertigers, Roland,
ist nicht mehr zu finden. In einer prachtvoll barocken
Renaissance-Einfassung, in Nischen mit Baldachinen, fin-
den sich biblische Reliefs, Medaillons mit Wappen und
zweiundzwanzig Statuetten vertheilt, von einem Stile,
welcher den besten gleichzeitigen kölnischen Gemälden ent-
spricht, doch schon mit einzelnen modernen Anklängen."
In einem Reisebericht von 1841 (Vermischte Schriften
2, 275) schreibt derselbe Kugler von diesem Doxal: „Ein
äußerst brillantes Werk, an welchem sich, wie in der
Skulptur, so noch ungleich mehr in der architektonischen
Decoration, schon mit Entschiedenheit das Element der
Renaissance geltend macht. Vielleicht ist dies unter fremd-
ländischem (flandrischem und französischem) Einfluß ge-
schehen. Reich zusammengesetzte Pfeiler mit bunten zu-
sammengesetzten Kapitalen tragen die hohe Brüstung; diese
wird wieder durch eine bunte Architektur ausgefüllt, indem
ähnliche gestaltete Pfeiler das bunte Hauptgebälk, mit
zierlich dekorirter Friese, tragen, während sich zwischen den
Pfeilern barocke, oder höchst brillant und selbst ziemlich
geschmackvoll dekorirte Nischen bilden. Die Nischen sind
theils schmaler und mit je einem Baldachin bedeckt, theils
weiter mit zwei Baldachinen. In den letztern sieht mau
oberwärts in stark vortretendem Hautrelief biblische Sce-
uen des alten und des neuen Testaments dargestellt (im
Ganzen acht) und darunter en medaillon je zwei Wap-
pen. In den schmalen Nischen sind stehende Statuen,
Personen des alten Bundes und christliche Heilige (im
Ganzen zweiundzwanzig), enthalten. Der Stil der
Skulpturen ist überaus merkwürdig. Es ist noch viel
heimathliches Element darin, besonders in den historischen

Darstellungen, nur von Manier und gespreiztem Wesen
nicht frei, zum Theil aber doch auch den guten Arbeiten
eines Veit Stoß sehr nahe stehend. Bei den Statuen
tritt dies manierirt Alterthümliche minder ausfällig her-
vor; vielmehr zeigt sich bei ihnen in der Gewandung und
auch in der ganzen Körperlichkeit ein schöner freier Sinn
und edeler klarer Stil, der besonders in der Darstellung
der christlichen Heiligen sehr interassante Erscheinungen
hervorgebracht hat. Zum Theil aber macht sich daneben
ein Streben nach Schaustellung auf sehr entschiedene
Weise bemerklich, besonders in den Statuen der Prophe-
ten, die charakteristisch auf die spätern Entwickelungsmo-
mente der Kunst hinüber deuten."

Kugler ist auf der richtigen Fährte, wenn er sagt, daß
dieses Werk fremdländischen Einfluß nicht verkennen lasse.
Wir sind genöthigt, diese kostbare Skulptur aus der Reihe
der in der Stadt Köln entstandenen Kunstwerke zu streichen.
Dasselbe ist nicht allein unter fremdländigem Einfluß ver-
fertigt, sondern es gehört ganz dem Auslande an und
muß einem Künstler aus Mecheln zugeschriebeu werden.
Nach Ausweis zweier mir vorliegenden Briefe des kölner
Rathes haben weder das Geschlecht der Lyskirchen noch
die andern Familien, deren Wappen sich an den Skulp-
turen angebracht finden, zu den Kosten für dasselbe beige-
tragen. Gemäß letztwilliger Verfügung des kaiserlichen
Rathes Georg Haquenay hat dessen Wittwe auf eigene
Kosten diesen „Grabstein und Doxal mit einem Grabe
und Altarsleine mit allem Zubehör" zu Mecheln in Bra-
bant „bestellt und bereiten lassen, um dasselbe binnen der
Stadt Köln in der Kirche zur h. Maria in capitolio zum
Lobe und zur Ehre des allmächtigen Gottes und zur
Zierde der Kirche aufzustellen." Im Jahre 1524 wurde
das Werk fertig und durch die Gebiete des Herzogs von
Geldern und der Statthalterin der Niederlande nach Köln
gebracht. Von den aus diesen Transport bezüglichen Brie-
fen ist der eine vom 13. Juni, der andere vom 1. Juli
1524. Der erste ist an den Herzog von Geldern gerichtet
und lautet in getreuer Kopie: „Unnsen willigen bereyden
Dinst unnd wat wy gudes vermoigen hoichgeboren Fürste,
besunder lieve Herr. Unnser Stede geboren und Jngese-
ten Burgerß, die Ersame naegelatene Weduwe seligenn
Herrn Jorgen Haggenay hefft uns demutlick und furbett-
lick to wesen, wae by E. F. G. alsucken Graeffsteen unnd
Oexall as denselue Hauswirt In tyde syns leuens. In
Brabant hefft laten bereyden unnd binnen unnser Stede
Collnn In die kercke Io Sent Marien In Capitolio to
Ere goddes to Cyrate derselue kercken komen unnd uffge-
sat fülle werden, Durch dieselue E. F. G. Land frey un-
get unnd an eynich beschwerniß oder tolgelt passieren unnd
durch laten wollen, angesiehen dan E. F. G. to der Eren
des Almechtigen unnd Cyrate der kercke, oick unß Stede
unnd dersue Bürgere mit gnaden und gunsten geneigt seyn,
wir Dinstlichs vlys pittende, dat E. F. G. by derseluer
Underthain up den Enden unnd steden, dae sollicks van
noiden, gelieuen to doin versuegen unnd to bestellen, dat
solcke vurgen. Werck, dat doch fall to loue unnd Eren
der Hemellischen koniginnen Marien unnd unser Stede to
plaisant komen unnd upgericht, ungeletze frey durch dieselue
 
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