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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 9.1864

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https://doi.org/10.11588/diglit.13518#0354

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346

und Weise des Meisters sklavisch wiederzugeben haben,
die Vertheile mehr als aufwiegt, welche sie durch ihre
Studien erzielen, welche sie übrigens trotz des gerin-
gen Tagelohnes aus eigner Tasche zu bezahlen haben.
Ein etwas schwarzsehender Freund meinte neulich, daß,
wenn dies schöne Seelen-Bünduiß zwischen Akademie und
Kunstverein unter den jetzigen Personen und Verhältnissen
fortdauere, man es noch erleben würde, daß ein gewisses
Haus, bedeutend durch Stellung und Mittel, die Aus-
schließung jeder Konkurrenz benutzen würde, um unsere
Maler-Bevölkerung zu einer großen Fabrikbevölkerung
herabzudrücken. In der Thal, warum sollten nicht seine
commis-voyageurs, mit Mustern ausgestattet, das Jn-
und Ausland bereisen, zur Entgegennahme von Aufträ-
gen, die sodann nach Vorschrift von den betreffenden
Ouvriers ausgeführt würden? Wenn solch' Gedanke auch
einer Art von Galgen-Humor seine Entstehung verdankt,
so scheint er bei Betrachtung der Personen und Verhält-
nisse inimerhin eine gewisse Berechtigung zu haben. — —
Mit einem Worte: unsere Zustände haben sich gegen-
über jenen unter Schadow bedeutend verschlimmert. —
Die Ausführung seiner großen Ideen scheint in theils wi-
derwillige theils schwächliche Hände gerathen. Ueberall
erkennt man namentlich die Spuren eines zu langen In-
terregnums, während dessen gewisse Herren die Akademie
wie ihre Flöte bliesen, und welche auf das neue Regiment
einen nur zu unheilvollen Einfluß zu erlangen wußten.
Auch ist gar nicht abzusehen, daß die Akademie in näch-
ster Zeit etwa durch neu hinzugetretene Kräfte in andere
Bahnen gelenkt werden könnte. Eine neue Kraft ist nicht
immer auch eine gute Kraft, selbst wenn sie es nock so
gut meint und will — gute Thaten muß man „thun" und
nicht bloß „wollen". Das kollegialische Verhältniß aber
wirkt häufig lähmend, bei weicheren Charaktern selbst er-
tödtend auf die Selstständigkeit der Einzelnen, und so sehen
wir denn, daß trotz vier in den letzten Jahren neubesetz-
ten Lehrstühlen das Uebergewicht des akademischen Zunft-
und Zopfthums keineswegs zu einem Gleichgewicht selbst-

ständiger Meinungen in dem Kollegium herabgestimmt ist.
Darf man ein solches wünschenswerthes Resultat ledig-
lich dem Einfluß der Zeit überlassen? Oder hat die
Opposition, welche den gesunden Fortschritt, die organische
Entwicklung unseres Kunstlebens vertritt, die Pflicht, da-
rauf hinzuwirken, daß dieses Resultat sobald wie möglich
erreicht werde? — Diese Frage ist eine Lebensfrage
für Alle, und darum nur eine Antwort möglich. —

Als einstweilige indirekte Erfolge der Bestrebungen
der Opposition wären zu konstatiren: daß auf der dies-
jährigen Ausstellung für beinahe 3000 Thlr. mehr an
Bildern angekauft und daß diese Ankäufe weniger einsei-
tig esfektuirt waren, als sonst wohl; ferner daß der Ver-
waltungsrath selbst sich zur Revidirung des Statutes erbot
— eine Errungenschaft freilich von mehr principiellem als sub-
stanziellem Werthe. Die Opposition hat ihre Aufgabe wohl er-
wogen; sie wird auf ihrem Platze ausharren und nicht wan-
ken. Denn es handelt sich um Beseitigung greifbarer, vor
Aller Augen mit einer gewissen Behaglichkeit sich breit
hinpflanzender Mißbräuche; es handelt sich darum, einen
Verein von großen Tendenzen und Mitteln in die Bahn
zurückzulenken, auf der er seine Aufgabe so glänzend wie
möglich lösen könne. Das ist ein würdiger Siegespreis
und werth der schweren Kämpfe, die uns noch bevorstehen.
Hoffen wir, daß dieselben nicht abermals eine Sprengung
des geselligen Künstlerlebens int Gefolge haben mögen.
Die Chancen für einen wenigstens äußerlichen Frieden
liegen günstiger, als früher; die außerakademischen Ver-
eine haben sich derart konsolidirt, daß schwerlich, sei es offene
Böswilligkeit, sei es schleichende Jntrigue, das allgemeine
Interesse an denselben zu lähmen vermögen werden. —
Immerhin bleibt zu bedauern, daß gerade zu jetziger Zeit,
wo der Malkasten sein neues Gesellschastshaus als ein
Zeichen der Stärke durch Einigkeit kräftig und hoffnungs-
reich aus der Erde wachsen sieht, neue Zerwürfnisse in
dasselbe miteinziehen werden; Zerwürfnisse, die so leicht
durch eine in Wahrheit kluge Behandlung jener Frage
vermieden werden konnten.

Kunst-Chronik.

Berlin. — Seit fast 10 Jahren hielt das Tieck'sche
Marmorstandbild Schinkels an dem inneren Eingänge zu
dem Prachtbau des Letzteren einsanie Wacht und wartete, wie
die Ki ß'sche „Amazone" auf der rechten Treppenwange, ihres
Gegen- und Seitenstücks. Beider Sehnsucht ist nun be-
friedigt durch A. Wolff's „Kampf mit dem Löwen" und
Drake's „Rauchstatue". Allein es steht zu fürchten, daß
wenigstens das Tieck'sche Werk sich in der Nachbarschaft
des Drake'schen nicht sehr behaglich fühlen möchte. In
der That ist diese Rauchstatue, worin die realistische Be-
handlung des Kostüms einen wahrhaften Triumph feiert,
eins der gelungensten, wenn nicht das gelungenste aller
Drake'schen Werke. Da wir unfern Lesern heute eine Ab-
bildung der Statue geben, so können wir uns einer be-
sonderen Beschreibung entschlagen und bemerken nur, daß
Rauch freilich durch seine wahrhaft plastische Gestalt und
seinen prachtvollen Kopf eine sehr dankbare Aufgabe war,
wie denn selbst seine Art und Weise sich zu tragen — er
hatte für sich eine besondere Mantelform erfunden — ein
so künstlerisches Gepräge hatte, daß in der That hier eine
möglichst getreue Nachbildung der Natur zugleich ein wahr-
haft künstlerisches Werk liefern müßte. Mit Recht hat
daher Drake Alles vermieden, was an abstrakte Jdealisirung
erinnern konnte. Der große Meister steht da in seiner
vollen Realität und eben dadurch so mächtig in der Er-
scheinung seiner großartigen Persönlichkeit.

— — Unter dem Vorsitz des Kultusministers haben
in voriger Woche Berathungen wegen Verwendung der all-
jährlich zu Kunstzwecken ausgesetzten 25,000 Thlr. stattge-

funden. An diesen Konferenzen nahmen seitens derKünstler-
schast Theil: die Hrn. Direktoren R o s e n s e l d e r und B e n-
demann als Vertreter der königsberger und düsseldorfer
Akademie, Prof. Hübner als Vertreter der düsseldorfer
Künstlerschaft, Pros. Daege als Vertreter der berliner
Akademie, die Professoren Steffeck und Kiß als Vertreter
der berliner Künstlerschaft, sowie in Vertretung der abwesen-
den Herren Waagen und Schnaase der Professor Eggers
und Dr. Parthey. — Wie wir hören, sind verschiedene
Werke zum Ankauf für die Nationalgalerie in Vorschlag
gebracht worden, darunter K. Steffeck's Historiengemälde
„Albrecht Achilles", welches der Kultusminister persönlich
im Atelier des Künstlers in Augenschein nahm, ferner einige
Bilder, die sich gegenwärtig auf der großen Ausstellung
befinden, darunter die „biblischen Landschaften" von I. W.
Schirmer, eine „Landschaft" von Rollmann u. s. f.
Diese Vorschläge sind wohl so gut wie abgeschlossen zu
betrachten, obschon der Kultusminister sich die endgültige
Entscheidung nach Prüfung der Vorschläge Vorbehalten
hat. Die auswärtigen Mitglieder der Kommission sind
bereits abgereist. Dem Vernehmen nach soll es bei den
Berathungen ziemlich lebhaft und nicht ohne Differenzen
hergegangen sein, namentlich will man unter den hiesigen
Künstlern darüber Klagen vernehmen, daß die berliner
Künstlerschaft und deren Interessen keine sehr warme Ver-
tretung gesunden haben.

— — Auf dem hiesigen Steueramt liegen mehrere
große Kisten mit Bildern von auswärtigen Künstlern,
welche als zu spät angemeldet oder eingesandt von der
 
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