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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 9.1864

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https://doi.org/10.11588/diglit.13518#0417

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Müller in Dresden erscheint der Christus zu modern;
besser ist von demselben Künstler das aus Goldgrund im
Geschmack von Julius Hübner gemalte Bild „Christus,
Petrus und Paulus." Ebenso einfach und edel empfun-
den, wie durch seine tief warme Färbung sich auszeich-
nend ist „Maria und Johannes am Grabe Christi" von
C- Schmidt hier.

In der Schlachtenmalerei brachte nur L-Braun
hier eine sauber gemalte Episode aus dem jüngsten
Schleswig-Holstein'schen Feldzuge: „Lichtenstein-Husaren
auf dem Kampfplatz bei Oberselk, auf Vorposten."

Im Portrait ist mit Ausnahme eines „Studienkopf"
(Mönch) von Claud Jacquand in Paris von präch-
tiger Beleuchtung und im Kolorit an die Schule der alten
Venetianer erinnernd, nichts von Bedeutung ausgestellt.
Stirnbrandt's „Portrait Sr. Erlaucht Graf Wilhelm
von Württemberg", in ganzer Figur und in Lebensgröße
gemalt, mag es an Aehnlichkeit nicht fehlen; diese jedoch,
wie sorgfältig gemalte Orden und eine schön blan gefärbte
Uniform machen ein Kunstwerk noch nicht aus.

Das Genre enthält manch'Erwähnenswerthes. Ed.
Brandon in Paris führt uns flott gemalte, kräftig-ita-
lienische Gestalten in seinem „Sonntag deS römischen
Volkes" vor. „Theresina's Reue" von demselben erscheint
etwas zu absichtlich pyramidal komponirt. — Nicht neu im
Vorwurf, aber recht humoristisch aufgefaßt tritt uns die
„Deputation" von Herm. Dyck in München entgegen,
der jedoch eine etwas weniger geleckte Behandlung nicht
schaden könnte. — Ein „Nets a tote in der Holzschläger-
hütte" von A. Nisins in Königsberg ist hübsch und zart
empfunden, schön im Gesammtton; eben so fesselt der
,,Sonntagmorgen" von W. R ö g g e in München. — E. I a -
co bs in Gotha sucht in seiner ,,Fischerfrau mit Kindern
am Strande" durch eine dunkle Sturmluft, von der sich
die Gruppe der Familie in Heller Beleuchtung abhebt, zu
wirken, wodurch das Bild einen bedeutenden Effekt erhält.
Dem Kolorit wäre weniger Glätte zu wünschen. — Von
Karl Raupp in München sahen wir früher bedeutend
bessere Arbeiten, als die gegenwärtig ausgestellte: „Im
Felde." — Ohne ideellen Inhalt und kaum etwas mehr als
Kostümbild, aber mit Geschick gemalt, sind die „Mährischen
Bauermädchen" in der farbigen Tracht der Hannakinnen,
von Math. Esch in Wien, und virtuos kolorirt die
Bilder von Lepoittevin „Jäger auf dem Anstand" und
„Ein Fischer auf dem Eise", so wie von Marsaud in
Paris „Ein Wilddieb." Die in düsterer Farbe gehaltene
„Flucht von der Burg (Scene aus dem Bauernkriege)"
von H. Philippi in Düsseldorf theilt sich zu sehr in
Landschaft und Genre. — P. Körle's „Zerbrochene Base"
ist im Motiv abgenutzt und — irren wir nicht — vom
Künstler schon öfters in verschiedenen Formaten gemalt.

Das 18. Jahrhundert mit seinen gepuderten Perrücken,
Ehrendegen und komplimentirenden Figuren brachte A.
v. Mo ns alle t in Paris im „Spaziergang auf der Ter-
rasse des Gartens von Luxembourg" geschickt zur Dar-
stellung. Lhuillier in Paris ist es „In der Hütte"
mehr um das Interieur einer großen Bauernstube, als
um die in derselben spielenden kleinen Kinder zu thun,
da diese nur einen sehr kleinen Raum einnehmen. Wäh-
rend Lhuillier zu verschwenderisch mit seiner Leinwand ist,
drängt Charles Land eile in Paris seine „Sonntags-
messe in einem Dorfe der Pyrenäen" in den möglichst
kleinen Rahmen. Eben so kapricirt ist die Komposition,
in der fast sämmtliche Figuren su profil gezeichnet sind.
Was an dem kleinen Bilde besonders fesselt, ist die höchst
bescheidene Farbenskala, in welcher sich die Lokalfarbe dem
Gesammtton vortrefflich unterorduet.

Unter den Landsch asten dürfte als das beste Werk
,,Partie aus der Campagna" von Carl Ebert in Mün-
chen zu bezeichnen sein, in dem die bewegte wolkenreiche
Luft auf's Schönste mit der weiten, sonnverbrannten Ebene
kontrastirt. Von ebenso inniger Naturanfsassung wie

sorgfältigster Ausführung neben Feinheit des Tons ist
eine mit Vieh slaffirte „Landschaft" von Rich. Zimmer-
mann in München. Aus der „Partie bei Berchtes-
gaden" von Jul. Lange in München spricht wohl vir-
tuose Technik, aber auch nichts mehr. In den beiden
Bildern von W. F. Schieß in München: „Schächenbach
im Kanton Uri" und „Frühlingsmorgen", treten die Här-
ten in der Farbe weniger hervor als bei früheren Wer-
ken des Künstlers. — Von Ludwig Gebhardt in Mün-
chen sind mehre Bilder ansgestellt, denen alle eine gewisse
süßliche, verschwommene Behandlung eigen ist, wie sie zu-
weilen Heilmaier liebt und welche den Bildern einen un-
gesunden Ausdruck giebt. Mit breitem Pinsel gemalt und
schön im Ton ist ein „Rheinufer bei Oberwesel" von
Guiaud iu Paris; manierirt und voll schneidender Ge-
gensätze „Ausladung von Orangen bei Marseille" von
Ziem in Paris. Man denke sich eine gelbe Luft, von
der sich die aus fast unvermischtem Kobalt gemalten
Hinter- und Mittelgrundpartien der Landschaft, mit
grell gelb aufgesetzten Lichtern, abheben. Wo bleibt
da das Vorbild, die Natur? Daß trotz alledem das
Bild von dem Straßburger Kunst-Verein angekauft wurde,
den doch sonst ein richtiger Blick leitete, begreifen wir
nicht recht. — Von etwas französischem Beigeschmack in der
Malweise ist ein „Morgen im Walde von Fontainebleau"
von C. Hoff in Düsseldorf. — Die Bravour des Stade-
mann'schen Pinsels sehen wir auch in den gegenwärtig
von ihm ausgestellten Bildern, unter denen das „Winter-
bild" das beste ist. In der „Haide am Sommermorgen"
erkennt man aber den feinen Koloristen, zu denen Sta-
demann unstreitig zählt, nicht wieder. Die Farbe in
dem genannten Bilde ist geradezu schmutzig und hätte der
Künstler besser gethan, dasselbe lieber nicht auszuftellen.
F. £. v. Riedmüller's „ Partie bei Ermatingen" ist
ein stilles Stück Landschaftspoesie, voll feiner Empfindung.
Kalt und gleichgültig läßt dagegen das auf großer Fläche
sich präsentirende Bild von P. Peters „Am Brienzer-
see", in dem auch nicht ein Körnchen Stimmung enthal-
ten ist. Der Künstler hat früher bei weitem Besseres ge-
liefert. — „Am Lago di Nemi (bei Nom)" von Gust.
Cloß trägt das Streben nach einer idealen Zeichnung,
obschon diese, wie auch die Farbe, von einer gewissen
Koketterie nicht frei ist. — Den Bildern von Gust. Conz
hier wünschen wir eine mehr gediegene, durchgebildete
Farbe, weniger Schablone auf seiner Platte. — Ein sehr
hübsches Stimmungsbild, fein in der Farbe, aber etwas
verschwommen, ist die „Erinnerung an die Umgegend von
Genf bei Lancy" von Gust. Ca st an in Gens. — Die
Bilder von Herm. Aubel in München sind unruhig,
bunt und flunkern zu sehr. — H. Vosberg in Karlsruhe
giebt in feiner sonnig glänzenden „Landschaft" eine hübsche
Illustration zu Müllerliedern. — Bilder aus der amerika-
nischen Landschaft zum Theil von großartiger Auffassung,
brachte Ferd. Keller in Karlsruhe. Wir heben daraus
hervor seine „Brasilianische Reisescenen" mit schöner Ter-
rainzeichnung und „Brasilianischer Urwald." — Von H.
Funk hier haben wir Besseres erwartet. Seine beiden
Landschaften sind beinahe unbedeutend. — Jos. Will-
roider in München erinnert in seiner „Landschaft" an
ein früher behandeltes ähnliches Motiv. — Gründliches
Naturstudium spricht aus der „Waldesstille" von Emil
Lngo in Freiburg. — Von bescheidenem Ton sind die
Landschaften von W. Schmitt in Karlsruhe und ein
„Motiv an der Sieg" von B. Wolfs in Düsseldorf;
poetisch empfunden eine kleine reizende Idylle „Partie in
Unterstein in Baiern von Ph. Röth in Düsseldorf und
ernsten Charakters die Landschaften von Aug. Hört er
in Karlsruhe. — Im blauen Dämmerlicht des Mondes
malte Louis Mecklenburg in München ,,St. Maria
della salute in Venedig", während A. v. Wille in Düs-
seldorf in seinem „Rathhaus in Bingen im Mondschein"
mehr den grünlichen Ton zum Vortrag brachte.
 
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