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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 9.1864

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https://doi.org/10.11588/diglit.13518#0439

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432

mit heraufgezogenen äußeren Winkeln, die zum Kennzeichen
Cranach's auch in seinen idealen Köpfen geworden sind,
zurückführen lassen. Es gab allerdings eine Zeit, wo man
jedes männliche Bildniß von H o lbei n'S Hand in schwarzer
bürgerlicher Tracht ohne Weiteres .für ein Bildniß des
Thomas Morus und nicht minder ein jedes ohngesähr den
äußerlichsten Kennzeichen entsprechende Bildniß von Lu-
cas Cranach's Arbeit für ein Bilduiß Luthers hielt; in-
deß diese kindlichen Zeiten sollten, wie man hoffen dürfte,
bei dem hohen Standpunkt, welchen man unserer gegen-
wärtigen Kunstkritik nachzurühmen pflegt, denn doch nun
ein für allemal vorüber sein.

Doch abgesehen von den angeführten physiognomischen
Gründen, denen sich am Ende immer noch eine indivi-
duelle Schätzung unterschieben ließe, giebt es noch andere,
auch für Solche, die keine Augen für die erstern haben, und
zwar gewichtigste und unabweisbare Gründe. Das Bild
trägt nämlich die Bezeichnung der meisten Cra nach 'scheu
Originalwerke, die geflügelte Schlange mit der Jahres-
zahl. Von dieser letztern ist allerdings nur die letzte Hälfte,
aber damit zum Glück die entscheidende Zahl erhalten, und
diese lautet .. 28 und steht aus der rechten Seite der
Schlange, während nur die Zahl 15, auf der linken Seite,
verwaschen und verloren ist. Die ganze Jahreszahl lautet
mithin 1528. Dies ist aber volle sieben Jahre später, als
Luther's Aufenthalt ans der Wartburg stattfand, welcher be-
kanntlich in Las Jahr 1521 fällt. Wie hätte nun Lucas Cra-
nach die Veranlassung oder auch nur die Möglichkeit gehabt,
Luther's Bildniß als Junker Georg sieben volle Jahre
später zu malen, als diese Verkleidung des großen Refor-
mators wirklich Statt gesunden? Außerdem aber haben
wir ja ein ganz unbezweifeltes authentisches Bild in dem
bekannten Holzschnitt Cranach's, welcher uns Luther als
Junker Georg zeigt, und zwar, wie es der Natur der Sache
entspricht, mit einem Vollbart, dem man es ansieht, daß
er ein ungepflegter, ein srisckgewachsener ist, der wesentlich
dazu dienen sollte, und konnte den Träger desselben zu ent-
stellen und unkenntlich zu machen. Wie aber hätte das

Kunst-Literatur

Alln

Deutschlands Kamps- und Freiheitslieder. Jllustrirt

von Georg Bleib treu. In 6 Lieferungen fol-

(Verlag von Rnd. Lobs in Leipzig.)

Die große Epoche der deutschen Freiheitskämpfe hat eine
Reihe begeisterter Sänger wachgerufen, deren kriegerische Ge-
sänge heute wie damals zu echten Volksliedern geworden sind.
Wenn wir Uhland und Arndt, Korner und Max von
Schenkendorf nennen, so klingen alle jene Lieder in unserer
Erinnerung wieder, welche der Ausdruck und nicht selten der An-
stoß zu jener mächtigen Begeisterung waren, die sich in den
Freiheitskriege von 1813—1815 mit so großartiger Gewalt offen-
barte. Wenn aber die meisten dieser Lieder, wie „Das Volk
steht auf, der Sturm bricht los" — „Was glänzt dort im Walde
im Sonnenschein?" — Was blasen die Trompeten" — „Was
ist des Deutschen Vaterland" u. s. f. ihre ebenso markigen Me-
lodien gefunden und durch diese melodische Illustration des Ge-
sanges eine um so bedeutsamere Popularität gewonnen haben,
so ist es um so auffallender, daß die noch ergreifender wirkende,
weil sich an das Auge wendende Illustration des Bildes bisher
dieser dankbaren Aufgabe vorbeigegangen ist. Zwar haben wir
zahlreiche Illustrationen zu Geschichtswerken, welche die Freiheits-
kriege behandeln, aber die eigentlichen Volkslieder des Freiheits-
kampfes haben erst jetzt, in dem oben verzeichneten Werke, ihren
Illustrator gefunden. Und wer eignete sich mehr dafür, als
Georg Bleibtren, welcher sich das Studium jener großen
Zeit zu seiner Lebensaufgabe gemacht hat und der bereits eine
Reihe der trefflichsten Historienbilder aus derselben geschaffen hat.
Wir erinnern an seine „Schlacht an der Katzbach", „Die Er-
stürmung des Grimmaischen Thors" und viele andere. Und so
ist er denn auch an dies Werk mit besonderer Liebe gegangen;
man erkennt in jeder, auch der kleinsten Zeichnung — und wäre

dürftige, elegante Stutzbärtchen, welches auf dem fragli-
chen berliner Bildniß ein Mininnnn der Oberlippe bedeckt,
diesen Zweck auch nur annähernd erfüllen können?

Für den Kundigen bedarf es keiner weiteren Begrün-
dung, und nach allem Angeführten wird der negative Beweis
wohl als genügend geführt betrachtet werden können und
die bisherige Bezeichnuug des Bildes aus dem Ka-
talog verschwinden müssen; allein um so dankbarer dürfte
man dem gelehrten Verfasser desselben sein, wenn er es
der Mühe werth hielte, diesem negativen Resultate wo-
möglich auch ein positives hinzuzufllgen. Durch eine sorg-
fältige Vergleichung mit den gerade aus jener Zeit so
häufigen Bildnißzeichnungen und Stichen von berühmten
Persönlichkeiten, deren das berliner Kupserstichkabinet be-
sonders viele besitzt, dürste es gar nicht unmöglich sein;
die richtige Bezeichnung des dargestellten heranszufinden.
eine allerdings etwas mühsame Arbeit mit vielleicht un-
scheinbareni Resultat, die aber doch unseres Erachtens dem
Verfasser des Katalogs ain nächsten liegt.

Vermuthungen, die in etwas berechtigt erschienen, wür-
den, bei dem allerdings ritterlichen Kostüm, welches, nächst
dem schwarzen Barett, in eineni schwarzen Damastüberwurf
mit dunkelgrauem breitem Pelzbesatz und einem ebenso
schwarzen Unterkleid von dünnem Stoffe mit hohem Hals-
kragen, ohne weißen Hemdkragen, besteht, etwa auf ein
Bildniß Philipp's von Hessen leiten, obgleich sich auch da-
gegen allerdings wohl Manches einwendenließe. An Hutten,
den man wohl am liebsten finden möchte, ist wegen der
Grnndverschiedenheit mit dem bisher bekannten plumpen
und derben Bilde, dessen Authenticität freilich nicht ganz
seststeht, am wenigsten zu denken. Eher könnte man ein
Jugendbildniß Franz von Sickingen's vermuthen, doch
müßten die chronologischen Daten erst noch in genaueren
Betracht gezogen werden.

Mögen diese Zeilen denn eine Anregung zu weiteren
Forschungen in dieser Richtung angeben.

Julius Hübner.

und Album.

Htt.

es auch nur die Illustration eines Initials — die Freudigkeit
des Schaffens, die frische Begeisterung, mit welcher er diese dank-
bare Aufgabe gelöst hat.

Das Werk ist in 6 Lieferungen erschienen, von denen uns
die beiden letzten (obschou erschienen) noch nicht zngekommen sind.
Dem Vernehmen nach sollen sie jedoch den uns vorliegenden in
keiner Weise nachstehen. Jede Lieferung umfaßt etwa 15 Frei-
heits- und Kriegslieder, jedes mit einem auf den Inhalt sym-
bolisch sich beziehenden Initial von meist ebenso originaler und
reicher Erfindung wie ansprechender Form illustrirt. Außer die-
sen Illustrationen enthält das Werk aber noch eine Reihe von
selbstständigen größeren Kompositionen, die in vorzüglichen Holz-
schnitten wiedergegeben sind. Statt aller Beschreibung geben wir
dieser Nummer unseres Journals eine solche Komposition als
Probe bei. Sie ist der dritten Lieferung entnommen und ist
als Illustration zu dem bekannten Arndt'schen Liede „Was bla-
sen die Trompeten? Husaren heraus!" behandelt. Frische der
Anschauung, Energie der Bewegung und Lebendigkeit der Dar-
stellung charakterisiren diese echt künstlerische Kompositionen in
hohem Maaße. Aber man muß es auch der Verlagshandlung
zum Ruhme nachsagen, daß sie Nichts gespart hat, um das Werk
— sowohl was den schönen und splendiden Druck des Textes
als besonders was die Ausführung und den Druck der Holz-
schnitte betrifft — so würdig wie möglich auszustatten. Und so
möchte es denn' wohl für unsere reifere Jugend kaum ein zwei-
tes Werk geben, daß sich so zur Belebung des Nationalgefühls
und der Vaterlandsliebe eignete wie dieses. Namentlich dürfte
es auch den Mitgliedern der Turnvereine von besonderem Werthe
sem. Als elegantes Weinachtsgeschenk empfieht es sich ohnehin
für jeden Weihnachtstisch schon durch seine echt künstlerische Aus-
stattung. M. Sr.
 
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