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Schneider, Paul [Editor]; Dittmann, Lorenz <Prof. Dr.> [Oth.]
Paul Schneider: [Bildhauer] ; [anläßlich der Ausstellung im April 1985 in Lebach] — Lebach, 1985

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https://doi.org/10.11588/diglit.29726#0012
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Metallplastiken

Die beweglichen Skulpturen sind eine
der Quellen der Schneider’schen Metall-
plastiken, die serielle Komposition ist die
andere. Sie setzte ein schon in der Bronze-
plastik »Kybele« von 1963 und findet eine
erste rein abstrakte, von jederfiguralen As-
soziation freie Verwirklichung in der Brun-
nenstele in Oelde von 1965. Eine 3,50 Me-
ter hohe Basaltsäule ist untergliedert in ab-
wechselnd schmälere und breitere
Zylinderabschnitte. Nur scheinbar regel-
mäßig ist diese Abfolge, die breiteren Zylin-
derteile weisen unterschiedliche Höhen
auf, sind zudem an verschiedenen Stellen
gerade abgeschnitten, die schmäleren Zy-
linder erscheinen zart gegeneinander ver-
setzt. Auf diese Weise wirkt die Brunnen-
stele wie aus Einzelstücken zusammenge-
setzt und bleibt in der Identität des
Materials, der majestätischen Höhe der
Basaltsäule gleichwohl fraglos als Einheit
gegenwärtig.

Auch das erste, mit dem Kunstwort Vert-
hori — zusammengezogen aus»Vertikale«
und »Horizontale« — benannte Gebilde er-
scheint in Stein, Kalkstein, 1966 — und be-
kundet die gemeinsame Wurzel der
Metall- und Steinplastik im Oeuvre
Schneiders.

1963 absolvierte Schneider einen Lehr-
gang für elektrisches und autogenes
Schweißen. Schon für die »Stahlskulpturen
mit beweglichen Teilen« war die Beherr-
schung dieserTechnikgefordert, abererst
in Werken wie der Faltung von 1967 wer-
den nur der Stahlplastik eigentümliche
Möglichkeiten erprobt. DünneStahlwände
über rhombischem Grundriß und mit
rhombischen Öffnungen lassen horizontal
und vertikal orientierte Raumformen mit-
einander vergleichlich erscheinen. Nach
innen gezogene Stahlbänder sparen eine
räumliche Mittelachse aus.

Dünne Stahlwände in Verbindung mit
dem seriellen Prinzip des Übereinander-
reihens horizontaler Streifen im Wechsel
mit gleichhohen Abständen, optisch
durchkreuzt von glatten, nach innen gezo-
genen Flächen, bestimmen die Rhythmi-
sche Säule von 1967. In der Rhythmischen
Säule von 1968 wird dann auch Farbe zur
Steigerung des optischen Wechsels ein-
gesetzt: hier sind die Stahlbänder alternie-
rend in Weiß, Grün, Rot und Violett ge-
halten.

Und wiederum wird eine Synthese ver-
sucht von Neuem und Älterem, von raum-
hafter Transparenz und Beweglichkeit, im
Beweglichen Objekt von 1968 mit seinem
rhythmisch unterteilten Aluminiumstab,
drehbar auf einer Kreisscheibe, und in der

großen Skulptur mit drei beweglichen Ob-
jekten vor der Kinderklinik des Saar-
brückerWinterberg-Krankenhauses, eben-
falls aus dem Jahr 1968, das mit seinen
drehbaren, nur durch Radialflächen be-
zeichneten Kugel- und Kegelkörpern eine
ferne Erinnerung an Oskar Schlemmers
»Triadisches Ballett« aufkommen läßt.

Im gleichen Jahr aber tritt nun an die
Stelle realer Bewegungsmöglichkeit die
virtuelle Bewegung des Rhythmischen
Objektes, das kastenförmige, offene
Horizontal-Vertikal-Elemente aus Edel-
stahl, zusammen- und auseinandertre-
tend, zu einem vielansichtigen, dem Raum
und Licht sich öffnenden Gebilde vereint.

Auch 1969 laufen reale Bewegungs-
möglichkeit und virtuelle Bewegung ne-
beneinander her. Erstere wird in Verthori2
aufgegriffen: zwei stählerne Vertikalstrei-
fen entsenden horizontale Dreiecksbän-
der aus sich; nah genug zusammenge-
stellt greifen sie reißverschlußartig in-
einander.
 
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