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Eggers, Friedrich [Hrsg.]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 9.1858

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https://doi.org/10.11588/diglit.1202#0053
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ein Ziel frommer Wallfahrt geblieben. Der Ruhm des
Meisters war mit diesem Werke gegründet.

Der glorreiche Ausgang des Krieges gegen Napoleons
Uebermacht rief den Gedanken zu Errichtung von Ehren-
denkmälern ausgezeichneter Führer des preußischen Heeres
hervor. Rauch erhielt den Auftrag zur Ausführung solcher
Denkmäler, welche Bülow und Scharnhorst gewidmet sein
sollten. Er begab sich sofort abermals nach Italien, die
Marmorarbeit für beide dort zuzurichten; 1818 kehrte er zurück
und legte in Berlin die letzte Hand an beide Werke; den
2. Juni 1822 wurden sie zu den Seiten der dortigen Haupt-
wache aufgestellt. Mit diesen Werken tritt ein neues Mo-
ment kunsthistorischer Entwickelung in die Erscheinung: sie
verschmelzen den individuellen, bestimmt charakterisirten und
den allgemeinen Gedanken, das natürlich Bedingte und das
Gesetz des hohen freien Styles, das figürlich Persönliche
und die architektonische Fassung und Anordnung zur wir-
kungsvollen Totalität; sie lassen jene Gegensätze, die in der


Das Standbild Schaniboi'ii's.

Zeit des jugendlichen Studiums noch unvermittelt dastanden,
einander in gereifter künstlerischer Kraft durchdringen. Die
Lösung der Aufgabe ist freilich schlicht, wie alles Große;

es sind reliesgeschmückte Piedestale, auf denen die Statuen
der Gefeierten stehen; die letztern in ihrer Generalsuniform
und mit umgeworfenem Reitermantel, der den Gestalten
vollere Massen gibt; die Reliefs mit einfachen Darstellun-
gen sinnbildlichen Gehaltes. Der Gedanke beider Monu-
mente ist, je nach der Individualität der Gefeierten, ver-
schieden. Das Monument Scharnhorst's vergegenwärtigt
die Vorbereitung zur That, der Feldherr in nachsinnender
Stellung, die Reliefs mit den Gestalten der Pallas Athene
als Lehrerin, Waffnerin, Kampfführerin; das Monument
Bülow's hat die That selbst zum Inhalte, der Feldherr kühn
und sturmbereit vor sich hinausschauend, die Reliefs mit
Bildern der Victoria, die den Drachen zertritt, die im Adler-
fluge über besiegte Festen schwebt, die im Bunde mit dem
Löwen Englands dem letzten Angriffe des Feindes entgegen-
stürmt. Die Bildnißstatuen sind modern, aber in einer ruhe-
vollen Fassung und Durchbildung, in einer formalen und
geistigen Würde und Größe, die, ohne das der Gegenwart
Angehörige irgend zu beeinträchtigen, das volle Maß der
Antike herübernimmt; die Reliefs haben Figuren aus der
Anschauungswelt des Alterthums, aber diese als so schlichte,
so gemeinverständliche Personifikationen des Begriffs, so naiv
belebt, daß sie vollkommen in das Bewußtsein der Gegen-
wart aufzugehen geeignet sind. Es ist das Vollgefühl der
freien und sicheren Meisterschaft, was uns in beiden Wer-.
! ken entgegen tritt. Dabei aber ist die Behandlung, trotz
des sorglichen Eingehens auf das Einzelne, noch streng, zu-
mal von der Beobachtung der feinen Spiele des Stofflichen,
welche Rauch den Arbeiten seiner späteren Zeit als einen
so eigenthümlichen Vorzug hinzuzusügen wußte, noch fern;
doch liegt zugleich die Anforderung an eine derartige Weise
^ der Behandlung überhaupt noch außer der Stylsphäre, in
i welcher beide Werke sich bewegen. Das architektonische
! Detail an den Piedestalen beider Denkmäler ist, wie häufig
! auch an andern Werken Rauch's, von Schinkel angegeben,
^ mit dem er in innigem Freundschaftsverhältnisse stand; aus
die hohe und freie Classicität, die sich in der Gesammtfassung -
beider Denkmäler ausspricht, scheint dies Verhältniß nicht
I °
ganz ohne mitwirkenden Einfluß gewesen zu sein.
^ Die Richtung der Monumentalsculptur, welche Rauch
als die der Gegenwart entsprechende erkannt hatte, war hie-
mit in ihren Grundzügen festgestellt; sie kehrt bei seinen
späteren Denkmälern, je nachdem eine mehr oder weniger
reiche Durchbildung in der Aufgabe lag und sofern nicht die
Aufgabe an sich eine mehr oder weniger abweichende Fas-
sung bedingte, durchgängig wieder. Die Gestalt des zu
Feiernden hat die Tracht seiner Zeit, aber darüber zugleich
das vollere Gewand, den leichten Mantel, der dem Krieger,
den Hermelin, der dem Fürsten naturgemäß eignet, dessen
Waffen des mannigfachsten rhythmischen Wechsels und des
vollen plastischen Ausdruckes fähig sind und somit in erhöh-
tem Maße an Wirkung ersetzen, was der Sculptur in der
, Abwesenheit von Farbe und Helldunkel zu erreichen versagt
i bleibt. Haltung und Geberde erscheinen stets durch ein ge-
^ dankliches Moment bedingt und im Ausdrucke desselben durch
jene vollere Gewandung wesentlich erhöht. In den Bei-
^ werken des Postaments dagegen fast durchgehend symbolisi-
rende Darstellungen, die mit kurzer Figurenschrift eine reickw
 
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