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Eggers, Friedrich [Hrsg.]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 9.1858

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https://doi.org/10.11588/diglit.1202#0282
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stattet, entschieden getadelt haben, und wir wollen auch diese Ge-
legenheit nicht vorüber lassen. Wer sind aber hier die Veran-
stalter ? Gerade die Künstler! „Die Kleinen wollen doch
auch leben," heißt es. Vergeblich haben wir an das Wort Vol-
taires erinnert, das er zu einem mittelmäßigen Dichter sprach,
als er ihm mit demselben Argument kam: „Ich sehe die Noth-
wendigkeit davon nicht ein!" — Eifere man doch gegen einzelne
Mißbräuche, reformire man doch, so viel man kann, aber nehme
man nicht immer einen Theil für das Ganze, über das man
urtheilen will. Wir haben am Schlüsse unseres damaligen Auf-
satzes laut-und deutlich aufgefordert, gegen unsere Anschauung der
Sache zu reden; unser Blatt stand jeder Erörterung dieser wich-
tigen Angelegenheit offen. Es hat sich Niemand gemeldet; es
hat uns Niemand widerlegt. Wir wiederholen unsere Auf-
forderung. —
Die dritte Sitzung war zunächst der wichtigen Frage gewid-
met, welche Verwendung der bereits in Aussicht stehende, nicht
unansehnliche Ueberschuß aus der Einnahme im Glaspalaste haben
solle. In dieser Beziehung glaubte der Vorstand bestehenden
Stuttgarter Beschlüssen Rechnung tragen zu müssen, nach welchen
allenfallsige Ueberschüsse wohlthätigen Zwecken innerhalb der Gren-
zen der Künstlerschaft anheimfallen sollten. Indem er daher
allerdings auf die Nothwendigkeit aufmerksam machte, nicht alles
Geld zur Verwendung zu gedachtem Zwecke an die Localcomites
auszutheilen, sondern einen Rest für die künftigen gemeinsamen
Unternehmungen der Genossenschaft zurückzubehalten, gab er doch
zugleich ein ziemlich hohes Maß des zu vertheilenden Gewinns
und einen Modus der Vertheilung an. Die sich daran knüpfende
Debatte machte aber die entgegengesetzte Ansicht geltend, Die
Hauptsumme zu behalten, zu kapitalisiren und nur 10 V« abzu-
ziehen; und zwar nicht zur Vertheilung, sondern zur jedesmaligen
Auslieferung an die Künstlerschaft desjenigen Ortes, wo die all-
gemeine Ausstellung stattfindet, zu wohlthätigen Zwecken inner-
halb der Künstlerschaft. Die Verwaltung des Kapitals soll dem
jedesmaligen Centralcomite nach Abwickelung der Geschäfte der
Ausstellung überwiesen werden. Dieses wurde zum Beschluß er-
hoben. Um einen annähernden Begriff von dem Vermögen zu
geben, welches also schon nach Schluß der Münchner Ausstellung
die deutsche Künstlerschaft besitzen wird, mag die Anführung des
Factums genügen, daß es Tage gegeben hat, an denen 1500 fl.
eingenommen wurden. Es ist vielleicht nicht zu hoch gegriffen,
wenn man den ganzen Ueberschuß auf 18—20,000 fl. anschlägt.
Danach würde das Dresdner Comite schon 18,000 fl. in Hän-
den haben als Betriebskapital, so zu sagen, um die nächste Aus-
stellung in's Werk zu richten, und als Bürgefonds, um ihren
pekuniären Erfolg sicher zu stellen.
Man kann nicht läugnen, die Erscheinung ist neu und origi-
nell. Ein freier Stand, zu welchem zählt, wer sich dazu zählen
und den die öffentliche Meinung dazu rechnen will, der durch
nichts begrenzt ist als durch die Grenzen Deutschlands, kommt
auf einmal in den Besitz eines Vermögens, erlangt auf einmal
ein materielles Piedestal. Der Werth eines solchen Piedestals
liegt auf der Hand. Ausstellungen wie die gegenwärtige sind
Thaten des Geistes; auch dazu gehört Geld. Geld ist ein sehr
achtungswerther Hebel in der Hand des Vernünftigen und Groß-
herzigen. Warum sollen wir zweifeln, daß die deutsche Künstler-
schaft diese hohen Eigenschaften entfalten, sich ihrer idealen Zwecke
bewußt bleiben werde? Warten wir die Entwickelung ab; wir
hoffen das Beste vom deutschen Künstlergeiste. —
Einige anwesende Architekten, welche im Begriff waren, nach
Stuttgart zur Architekten-Versammlung abzureisen, ließen die
Bitte Vorbringen, daß dahin gewirkt werden möchte, daß künftig-
hin beide Zusammenkünfte an einem und demselben Orte statt-
Deutsches Kunstblatt. 1858.

fänden. Man vereinigte sich wenigstens in dem. Wunsche. Weitere
Folge konnte, dem nicht gegeben werden; namentlich, wie wir
glauben, in vorliegendem Falle nicht, da Braunschweig bereits
von den Bauleuten besucht worden ist, wenn wir nicht irren.
Leider werden hierin die Interessen auseinander gehen; so hätte
die Künstlerschaft den diesmal von den Architekten gewählten Ort,
Frankfurt a. M., nicht gutheißen können, da der Besuch einer
Stadt Norddeutschlands in ihrem Plane lag. Dies ist zu be-
dauern,, da es gewiß Manche giebt, die an den Arbeiten beider
Versammlungen Theil nehmen möchten, und vielleicht Niemanden,
der seine Freuden und Interessen nicht gern mit den Brüdern
Bauleuten theilte.
Einen ähnlichen Wunsch sprach die Versammlung in Bezug
auf die Verbindung für historische Kunst aus. Letztere hat den-
selben schon in diesem Jahre verwirklicht, und ist auch, wie wir
betreffenden Ortes zu berichten haben werden, entschlossen, dem
Grundsätze, ihre Hauptversammlungen an die Orte des Künstler-
tags zu verlegen, ferner zu folgen.
Die nächste auf der Tagesordnung befindliche Angelegenheit
betraf das erwartete neue Gesetz zum Schutze gegen unbefugte
Nachbildung von Kunstwerken. Bekanntlich hat sich in Leipzig
eine Eommission für die Ausarbeitung eines Gesetzes zum Schutze
des geistigen Eigenthums überhaupt gebildet. Wie die literarische
Seite mit Hülfe von Männern des Fachs, so hat sie auch die
künstlerische Seite unter Herbeiziehung von Künstlern bearbeitet
und den betreffenden Entwurf zur Revision nach Stuttgart ge-
sandt. Diese Revision ist durch das Central-Comite bewerkstelligt
und sodann der ganze Entwurf an die königliche Akademie der
Künste gegeben worden. Selbige hat Prof. PH. Folz zum Be-
richterstatter darüber ernannt. Von diesem erfuhr jetzt die Ver-
sammlung, daß der Bericht noch nicht beendet sei, nach-seiner
Vollendung aber dem Ministerium übergeben werden solle, um
Alles bei dem deutschen Bunde vorzulegen. —
Schon in Bingen war die Angelegenheit der Gründung eines
Vereins zur Unterstützung von Künstler-Wittwen und Waisen auf
die Tagesordnung gesetzt worden. Hierüber erhielt Prof. See-
ger von Darmstadt das Wort. Nach einer kurzen Erinnerung
an die Nothwendigkeit eines solchen Instituts wies derselbe auf
die Bemühungen einiger edlen Männer in Würzburg hin, welche
unter dem Vorsitz des Grafen Moritz von Bentheim-Tecklenburg
schon seit dem März 1856 mit der Gründung eines solchen Ver-
eins unter dem Namen: „Deutscher Verein zur Unterstützung der
Hinterlasseuen verdienter Künstler" beschäftigt sind. Der Redner
traute diesem Vereine, der überhaupt erst in Ausübung seines
Zweckes treten soll, wenn eine bestimmte Summe* beisammen
ist, wenig Lebensfähigkeit zu. Die Art, diese Summe zu sam-
meln, schien ihm eine ungeeignete. Nichtsdestoweniger sei man
den Männern des Unternehmens herzlichen Dank schuldig. Die
Versammlung bezeugte denselben lebhaft. Der Redner hielt da-
für, daß die nächste Versammlung gewiß im Stande sein werde,
sich näher mit dieser Angelegenheit zu befassen, und beantragte
daher, dieselbe nicht in letzter Stelle auf die künftige Tages-
ordnung zu setzen, welchem Wunsche allgemein beigestimmt wurde.
Mit Geld, äußerte der Worthabende, könne die Gründung eines
solchen Instituts nicht wohl geschehen, aber man könne Geldes-
werth in die Waage werfen, und er hoffe im nächsten Jahre be-
stimmte Vorschläge beibringen zu können.
Auch über das in Rede gebrachte Würzburger Unternehmen
haben wir uns erlaubt (Jahrg. 1856. S. 127) unsere unmaß-
gebliche Meinung auszusprechen, welche wir Hrn. Prof. Sceger
zu prüfen bitten. Wir sind der Ansicht, daß bei Gründung sol-
* Nach § 9 seiner Statuten 3 500 fl. — 2000 Thlr.
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