Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Eggers, Friedrich [Editor]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 9.1858

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.1202#0281
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
256

großartiger zu sein habe; nicht minder ist sie planmäßiger durchzu-
sühren. Ueber den Art, dünkt uns, kann nicht gestritten werden.
Deutschland hat sein Ausstellungslokal in München, so lange
es erst diesen einen Glaspalast in Deutschland gibt. Unter
einem andern Gesichtspunkt ist eine historische, unter einem andern
eine allgemeine deutsche Kunstausstellung zu betrachten. Letztere
wird sich nicht wesentlich von den Ausstellungen, wie sie die
Kunstvereine veranstalten, unterscheiden, vielleicht lediglich durch
ihre Größe und durch die Fernhaltung der Erzeugnisse auslän-
discher Schulen.
Zum Beschluß wurde die Ansicht erhoben, daß man alle
zwei Jahre allgemeine Ausstellungen machen, an der jährlichen
Wiederkehr der allgemeinen Versammlungen aber festhalten will.
Jene Ausstellungen sollen abwechselnd in den sechs Städten Ber-
lin, Frankfurt a. M., Dresden, Düsseldorf, Mün-
chen, Wien, die dazwischen liegenden Versammlungen aber in
einem kleineren Orte des Vaterlandes stattfinden. Für die nächste
Zusammenkunft wurde Braunschweig gewählt, die Ausstellung
von 1860 dagegen wird entweder nach Dresden oder nach Berlin
verlegt werden. Die größere Wahrscheinlichkeit schien für Dres-
den zu sprechen. In einer kurzen Debatte kam noch einmal zur
Erwägung, welchen Charakter die Ausstellung haben soll. Man
half sich davon durch die allgemeine Bezeichnung, daß sie „nach
ähnlichen Prinzipien" veranstaltet werden soll, wie die heurige,
wodurch offen gelassen erscheint, daß sie einen mehr oder weniger
historischen Charakter haben kann. Es wird diese nähere Cha-
rakterbestimmung, wie uns scheint, sehr in den Händen des näch-
sten ComitLs liegen, dessen Wahl auch auf Dresden hindeutet.*
Sollte diese Stadt gewählt werden, so sei schon jetzt erlaubt,
daran zu erinnern, welches Schauspiel man uns dort geben
könnte, wenn man sich entschlösse, uns ein möglichst vollständiges
Bild der Winkelmann'schen Zeit vorzuführen, wo Dresden in den
künstlerischen Angelegenheiten Deutschlands so entschieden den Vor-
rang behauptete.
Es wurde noch in dieser Sitzung -der Antrag eines Mitglie-
des aus Düsseldorf eingebracht, darauf hinausgehend, daß „die
deutsche Künstlerschaft den deutschen Kunstvereinen Vorschlägen
soll, einen Theil ihrer Jahreseinnahmen dazu zu bestimmen, stän-
dige Galerien von Werken lebender Künstler zu gründen, in der
Weise, daß die jährliche Ausstellung eine Art von Concurrenz
bilden möchte, aus der eins oder mehrere Werke zur allmähligen
Bildung jener Galerien angekauft würden." — Einen ähnlichen
Antrag hatte schon der Jnspector Sauer von Regensburg auf
dem Stuttgarter Künstlertage gestellt, wonach „den Kunstvereinen
an's Herz gelegt werden solle, den Ankauf künstlerisch werthvoller
Werke nicht bloß zu Verlosungen, sondern auch zu ständigen
Sammlungen vorzunehmen, damit sie nicht zu puren Lotterie-
Anstalten herabsanken." — Damals wie jetzt war man natürlich
einverstanden mit solchen Wünschen und Ermahnungen, welche
die Kunstvereine an ihre höheren Zwecke erinnern. Aber auch
damals wie jetzt wurden zur Motiv irung dieses Wunsches nur
äußerst schwache Dinge beigebracht. Das Düsseldorfer Mitglied
begnügte sich damit, die hergebrachten Reden gegen die Kunst-
vereine zu wiederholen: sie seien fast ausschließlich Aktienvereine
geworden, welche für möglichst geringes Geld möglichst viele
Bilder an die Aktionärs bringen wollen, sie seien Beförderer
der Mittelmäßigkeit u. s. w. Wahrlich, bei so schwacher und ver-
kehrter Motivirung kann man stutzig werden über den sonst guten
Antrag.' Es ging des Weitern aus der Motivirung die Ansicht
* Es wurde Robert Kummer zum Vorsitzenden desselben gewählt,
der zu anderweiten Mitgliedern des Comites, das seinen Sitz in Dres-
den haben wird, die mit Beifall begrüßten Herren Bendemann,
Bürkner, Guido Hammer und Rietschel vorschlug.

hervor, als ob die Kunstvereine um der Künstler willen da wären.
Weder dies ist der Fall, noch würden sich die Herren Künstler
das umgekehrte Verhältniß gefallen lassen. Wir empfehlen dem-
jenigen, der sich näher über die Kunstvereine unterrichten will,
unfern Aufsatz: „Die deutschen Kunstvereine" in Nr. 39 des
Jahrgangs 1856. Um über Standpunkt und Werth dieser In-
stitute in heutiger Zeit urtheilen zu können, dazu muß man ihre
Wirksamkeit von Anbeginn an verfolgt haben und die gegenwär-
tige Praris Aller kennen; keineswegs ist erlaubt, von den ein-
zelnen Schwächen aller oder von allen Schwächen Einzelner auf
diese innerhalb der Entwicklung des deutschen Kunstlebens mit
Nothwendigkeit hervorgetretenen Anstalten zu schließen. Ein ein-
ziger Blick auf die Geschichte der meisten Vereine lehrt, daß sie
gerade den umgekehrten Weg, als den ihnen vorgeworfenen ge-
macht haben, daß sie, von dem Verloosungsprinzip anfangend,
solche Ziele in's Auge gefaßt haben, welche über die Ausschmückung
der Wohnhäuser hinausgehn, ja daß die monumentale Kunst sich
vielfacher Unterstützung von Seiten mancher Vereine zu erfreuen
hatte und fortwährend erfreut.
Wann wird der gedankenlos nachgesprochene Vorwurf auf-
hören, daß die Kunstvereine Förderer und Beschützer der Mittel-
mäßigkeit seien? Sie, die selber das größte Interesse haben,
sich vor der andrängenden Mittelmäßigkeit zu schützen? In dem
angezogenen Artikel haben wir die Mittel aufgeführt, welche die
Vorsteher der Vereine ersonnen haben, Schranken gegen die
Mittelmäßigkeit zu errichten. Derlei Mittel bilden ein ständiges
Thema ihrer Berathungen. Wer noch andere als die dort ange-
gebenen weiß, der melde sich, seine Vorschläge werden sicher ge-
prüft und mit Dank angenommen werden. — Oder soll der noch
gedankenlosere Vorwurf wiederholt werden, daß die Vereine ein
künstliches Bedürfniß, Kunstwerke zu besitzen, erzeugen? Dann
wiederholen wir, was wir schon einmal sagten: Wenn sie dieses
— nicht künstliche — Bedürfniß erzeugen und nähren helfen und
nicht vielmehr selber zum Theil durch dieses sich dringend meldende
Bedürfniß hervorgerufen sind, so dürfen sie dessen getrost sein,
denn — nach den Worten Wilhelms von Humboldt — „auf dem
Privatbesitze in seiner Gesammtheit genommen, auf der täglichen,
ruhigen Betrachtung der Kunstwerke, auf der Gewöhnung, sie als
etwas Nothwendiges zum geistigen Leben anzusehen, beruht großen-
teils die Beförderung des Geschmacks und die Verbreitung der
Liebe zur Kunst."
Die Gewöhnung an diese Nothwendigkeit war die erste
Pflicht der Kunstvereine. Wo dieser hier und da — hier schneller,
dort langsamer — Genüge geschehen, da richteten sie ihre Auf-
merksamkeit auf die Hervorrufung größerer Kunstwerke, die über
den Privatbesitz hinausgehen, oder besser, da wurden sie gezwun-
gen, dies zu thun. Denn was ist die Verwaltung eines Kunst-
vereins anders, als der Ausdruck der Volksmeinung? — Da
wurden sie gezwungen, das aus ihrem Schooße hervorgegangene
Institut der Verbindung für historische Kunst zu stiften. Wer
würde im Anfang der Kunstvereine für möglich gehalten haben,
was der Kieler Verein jüngst zu Stande brachte: seine Mitglie-
der zur Verzichtung auf die Verloosung zu bewegen und dafür ein
Kunstvereinshaus zu bauen und eine Galerie zu errichten? Wir
ersparen uns, hier wieder auszuführen, was einzelne Vereine für
die monumentale Kunst gethan haben; man kann es in dem
mehrfach angezogenen Artikel Nachlesen.
Wie könnten wir läugnen, daß bei manchen Vereinen „etwas
faul ist im Staate Dänemark?" Wer in unserem Journal nach-
suchen will, der wird finden, daß wir oft gegen die einzelnen
das Wort genommen haben. Es ist ein eaeterurn e6N860 bei
uns geworden, daß wir den sogenannten Verloosungsverein, den
die hohe Akademie zu Berlin allemal bei ihren Ausstellungen ge-
 
Annotationen