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Eggers, Friedrich [Hrsg.]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 9.1858

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https://doi.org/10.11588/diglit.1202#0301
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274

Ein besonderes Capitel ist schließlich der Erypta, der Kuppel
und der Kapelle des h. Satyrus gewidmet. *
Der nächste Gegenstand ist ein von vr. G. Heider be-
schriebener, in stylgetreuer Abbildung (in Farbendruck) vorgeführter
romanischer Krummstab aus der Schatzkammer des Benediktiner-
Nonnenstifts auf dem Nonnberge zu Salzburg. Es wird darauf
hingewiesen, daß eine genaue Untersuchung des ganzen Gebietes
romanischer Ornamentik unzweifelhaft in vielen Fällen ein Herüber-
kommen aus dem Oriente ausdecken würde, wie auch der späte
Romanismus in seiner überwuchernden Fülle ornamentaler Ge-
staltungen häufig auf die Antike zurückgreift und die derselben
entlehnten Motive so glanzvoll hinstellt, daß wir dabei unwill-
kürlich an das Wiederaufleben der Antike erinnert werden, wie
dasselbe einige Jahrhunderte später eintrat.
Die Cisterzienserabtei Zwetl in Niederösterreich, ob dem
Manhartsbergs am Kampflusse in einem reizenden Thale malerisch
gelegen, ein Ban aus den Zeiten der höchsten Entwicklung und
Blüthe des gothischen Styles, um 1343 gegründet, wird von
Ed. Freiherrn von Sacken behandelt. Wieder werden wir durch
eine geschichtliche Einleitung gefesselt und für die nachfolgende
Baubeschreibung interessirt. Letztere ist durch 5 Kupfertafeln und
23 Holzschnitte erläutert; die Tafeln zeigen Grundriß, Querdurch-
fchnitt des Kapellenkranzes, Chorabschluß und verschiedene Ansichten
des Kreuzganges. Wir sehen hier einen prachtvollen, in hohem
Grade interessanten Bau vor uns. Die Abbildungen find nach
den Aufnahmen des Architekten I. Lippert gefertigt.
Den Beschluß der Lieferungen macht die Betrachtung eines
Neliquienschreins aus dem Schatze des St. Veit-Domes in Prag,
eines Werkes der Emaillirkunst aus der rheinischen Schule.
Dasselbe wird in Farbensteindruck aus der k. k. Hof- und Staats-
druckerei in Wien vorgelegt. Vr. G. Heid er, der die Erläute-
rung gibt, schickt eine belehrende dankenswerte Darstellung des
Entwicklungsganges des Emails im Mittelalter voraus, welche
sich auf I. Labarte's bekanntes Prachtwerk und auf unseres Kug-
lers Beiträge im Märzheft dieses Jahres gründet.
Oaeteruni oenseo— um unseres Freundes Schnaase Erinne-
rung nicht zu vergessen — wir sind den österreichischen Forschern
Dank schuldig. F. E.
* Wir dürfen die Bemerkung nicht unterdrücken, daß die Correctur
dieses Aufsatzes sorgfältiger hätte sein müssen. Unter manchem Andern
finden wir statt Agape mit Consequenz Apage gesetzt; Fnmapelli statt
Fumagalli, u. s. w.

Briefe.

München.
Die K ü n st l e r f e st e.
Die Feste, welche den diesjährigen Künstlertag begleiteten,
waren originell und charakteristisch. Der Keller, der sich an Un-
versiegbarkeit und Fülle des Stoffs mit den Quellen der Erde
messen kann; der grüne Wald im Angesicht der Berge, das waren
die Schauplätze, an denen sich das fröhliche Beisammensein der
Künstler diesmal entfaltete. Das Kellerfest gaben die Väter der
Stadt, und sie halten dazu den berühmten Pschorrkeller auser-
sehen. Wer, der sich um den Nationaltrank Münchens bekümmert
hat, kennt nicht den stattlichen Pschorr in der Bayerstraße.
Dorthin zogen die blau- und weißbebänderten Genossen in der
Abenddämmerung. Von fern her glänzte Heller Feuerschein. Das
Portal brannte in Gaslampen, eine breite Allee von Pechpfannen

gab die eigentliche nächtliche Festatmosphäre. Eine Equipage mit
voraufreitenden Windlichtcrn brauste heran, als wir eben ankamen.
König Ludwig, der Freund der Künstler, stieg ans und hielt
einen Umgang unter den schon zahlreich versammelten Festge-
nossen, von denen er, mit Jubel empfangen, Bekannte anredete
und persönlich Unbekannte sich vorstellen ließ. Der Anblick des
Festlokals war höchst eigenthümlich und zauberhaft. Der weite,
nicht eben hohe Raum schien sich in's Unbegränzte zu dehnen.
Die Wände, die hölzernen Pfeiler, welche das Gebälk tragen, ja
dieses selbst, Alles war mit Grün umkleidet. Aus dem Laub
der Wände glänzten in Hellen Farben die Wappen der deutschen
Länder und freien Städte. Von der Decke herab hingen Hun-
derte von farbigen transparenten Ballons, in den mannigfaltigsten
Formen, Farben und Zeichnungen, von der Größe eines Spiel-
balles bis zur Größe einer Kesselpauke. Auf den langgedehnten
Tischen standen aus rohen Holzästen kunstreich gefertigte Candelaber,
gnomenhaft mit Köpfen und menschlichen Gliedmaßen ausstaffirt,
gleich originell in der Erfindung wie in der Ausführung (wie
wir hören, von dem Thierbildner Habenschaden gefertigt). Die
ausgezeichnetste, schmackhafteste kalte Küche war appetitlich auf
den weißen Laken ausgebreitet. Der Gerstensaft wurde in allen
landesüblichen Trinkgefässen zugetragen, mochte man das schlanke
Bockglas, das zinnbekränzte Seidel oder das solide steinerne
Maß vorziehn. Man hatte nicht karg gemessen; es ward uns
gesagt, daß man sich auf einen Durst von 5 Maß per Kopf
vorbereitet hatte, welches eine Summe von 7000 Seidel gibt.
Schäfflerknechte trugen es zu, in ihrer malerischen Tracht, mit
den scharlachnen Jacken, den schwarzsammtnen Kniehosen und
weißen Strümpfen, das befedcrte und bebänderte Barett auf dem
Kopf. Aber auch hübsche Kellnerinnen, in Münchner Volkstracht,
mit der Niegelhaube, seidenem Tuche und blanken Ketten, gönnte
uns der Kellergeist, der hinter einem aufrauschenden Vorhang
der großen Nische erschien, und, nachdem er seinen gereimten
Gruß mit vielen artigen und lustigen Sachen zum Besten ge-
geben hatte, zuerst drei Grazien in Gestalt der Nuß- und Nadi-
weiber heraufbeschwor, dann aber ein Dutzend jener hübschen
Mädchen von seiner Bühne in die fröhliche Menge schickte. Die
Begrüßung der Festversammlung von Seiten des Magistrats
hatte vorher schon durch den Oberbürgermeister von Steins-
dorf auf eine herzliche und würdige Weise stattgefunden, und
wurde von H. Becker von Düsseldorf im Namen der Gäste
beantwortet. An dem Magistratstische bemerkte man den Kultus-
minister von Zwehl, so wie Niemand der künstlerischen und
kunstverwandten Notabilitäten der Stadt fehlte. Von den Toasten
heben wir den der italienisch redenden Künstlerbrüder von Mai-
land hervor, welche zum erftenmale auf dem Künstlercongreß ver-
treten waren. Graf Franz Thun führte in ansprechender Rede
ihren Gruß weiter aus. Dreimal noch öffnete sich die Schau-
bühne wieder für Darstellungen schalkhaften Mummenschanzes.
Das nächste Auditorium lagerte sich dann davor auf der Erde,
die ferneren knieten oder saßen, ein weiterer Kreis stand umher,
ein noch weiterer auf den Bänken; denn daß Alle zugleich hätten
sehen und hören können, dazu waren die Räume zu weit und
das Rauschen des Gesprächs zu groß. Kaum gelangten die Töne
klassischer Ouvertüren, welche die auf umlaubtcr Estrade befind-
liche Musik mit lauter Stimme in die Menge sandte, bis zu der
entferntesten Region des Festlokals. So dauerte das heitere Bei-
sammensein fort, bis ein Licht nach dem andern im bunten Ballon
hernntergebrannt war und seine farbige Hülle selbst ergriff; aber
ein entschlossener Schäffler tränkte die vorwitzige Flamme mit
einem Maß Bier, welche Praxis Anklang fand; bis auch diese
„Stoffvergeudung" für überflüssig erachtet wurde und man die
lustigen Bälle ruhig den selbstgewählten Feuertod sterben ließ.
 
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