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Eggers, Friedrich [Hrsg.]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 9.1858

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https://doi.org/10.11588/diglit.1202#0302
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275

Eine andere Illumination war noch in xetto. Die Diener trugen
ganze Arme von Wachslichtern zu. Jeder Gast ergriff eines
derselben, und so schritt man unter dem Vortritt der Musik in
die laue wetterleuchtende Nacht hinaus und hielt einen feierlichen
Umgang im grünen blühenden Garten. Dann war allgemeiner
Aufbruch, und man machte einen entschlossenen Strich unter dieses
heitere und reiche Kapitel des Künstlerlebens.
Wie alle Ereignisse der Münchner Festtage, so begünstigte
das schönste Wetter auch die Fahrt nach Starnberg und der un-
fern von dort gelegenen Rottmannshöhe am 23. September. Am
langgestreckten heitern Würmsee angekommen, nahmen uns eine
Anzahl von Luftschiffen und Gondeln auf, welche im Schmuck
von Blumen und Gewinden, Flaggen und Teppichen prangten.
Nichts herrlicher als diese Ueberfahrt den See entlang nach dem
Hügelufer, wo man aufsteigt zu dem waldbegranzten Gipfel, den
Nottmanii liebte und wo man ihm einen Denkstein gesetzt hat.
Abwechselnd schwammen die Töne der Musik und Lieder der
Quartette mit uns über den lächelnden Wasserspiegel. Es gab
mehr als ein Bild zum Malen. Um 12 Uhr landete man.
Oben am Rottmannstein war aus grünem Gerüst und Fahnen-
schmuck ein Portal errichtet, durch welches man einzog auf den
Festplatz im Walde. Roh gezimmerte Bänke und Tische, im
grünen Busch eine improvisirte Küche, dahinter die langen Bier-
wagen mit ihren stämmigen Rossen, abseits eine grün umhegte
und bewimpelte Tanzbühne, Musik und Sänger, dazu der wun-
derschöne grüne Wald, von dessen hochgelegenem Saum man in
die weite schöne, von der blauen Alpenkette umsäumten Land-
schaft hinaussah, ein sonniger Himmel — Alles dazu angethan,
den goldnen Tag glücklich zu verleben und es sich wohl sein zu
lassen. Unmittelbar am Nottmannstein war die Rednerbühne;
dorthin ries die schmetternde Trompete, als J. Köbert in kurzen
herzlichen Worten die Festgenossen begrüßte, als andere Redner
ernste und fröhliche Ansprachen an die Versammelten hielten. Von
dort vernahmen wir die witzige und gehaltvolle Kapuzinerpredigt,
welche der Regierungsrath Fentsch hergebrachter Sitte zufolge
den Künstlern hielt; die launige Improvisation eines Schweizers,
des Herrn Kramer, die begeisterten und heitern Reden von
Hermann Allmers, und mancher Anderer Zusprach und Zuruf.
Eine andere Fanfare rief die Sänger zusammen, und sie hatten
ihre Sache so gut gewählt und es klang so schön unter den
Wipfeln, daß man glauben mochte, es sei Alles erst eigens und
frisch dazu gemacht worden. Wieder ein anderes Signal rief
auf den Tanzplatz; und so im Wechsel von Rede, Musik und
Tanz wogte die heilere Gesellschaft auf und ab unter den Bäumen.
Viele Heiterkeit gewährten die Belagerungen der Küche und
Schenkbude, die eben so ab- und zuwogend eintraten, bis sich
für alle Mahlzeiten des Tages Speise und Trank über die
Tische und die vielen auf grüner Erde und buntfarbigen Plaids
gelagerten Gruppen verbreitet hatte. Ein bezauberndes Bild bot
die Rückfahrt. Mit Vorbedacht hatte man den Vollmondstag
gewählt. Aber als hätte der Himmel all' seine Künste zeigen
wollen, strahlte nicht blos der Mond auf streifiger Wolkenbühne,
sondern es erhob sich gegenüber ein Wetterleuchten, und auch der
Komet wußte das blasse Licht seines Schweifes durch die zerrissenen
Wolken hindurch zu führen. Von den Ufern aber leuchteten ben-
galische Flammen, unsere Schisse strahlten in Guirlanden von
farbigen Lampen, die Sängergondeln trugen Fackeln, und man
konnte die herrlichsten Lichteffecte beobachten. In Starnberg, wo
uns der Extrazug erwartete, empfing uns ein lustiges Feuerwerk
um Ufer, den heitern Tag mit heiterm Blick beschließend.

Rom.
Bildhauer: E. Wolfs, Troschel, Teiiciaiii.
Rom bietet in den Sommermonaten eine vom Winter sehr
verschiedene Physiognomie. Die bunte Menge von Fremden aus
allen Nationen ist verschwunden, der rege gesellige Verkehr hat
einer langweiligen Einsamkeit Platz gemacht, die Hitze hält die
zurückgebliebenen Einwohner noch bis zur Abendzeit ans Haus
gefesselt. Dann freilich werden die Straßen lebendiger, und man
kann nun das römische Volk weit besser kennen lernen als im
Winter, wo es in den bessern Stadttheilen nur einen Vehikel für
die Heerschaar der Fremden bildet. Unter den Künstlern sind
nur die Bildhauer zurückgeblieben, deren Werkstatt sich nicht so
gut mit dem Nomadenleben verträgt, wie Pinsel und Palette.
Ich berichte daher zunächst Einiges aus den Ateliers derselben-
In dem Studio unseres Landsmanns, des Professors E. Wolfs, der
eines weit verbreiteten Rufs genießt, fesselte mich eine Gruppe,
die den Moment darstellt, wo die Tochter des Jephta in unge-
heurem Schmerze über ihr hartes Loos, aber gehorsam sich an
ihren Vater schmiegt, dessen Mund ihr das Entsetzliche verkün-
digt hatte. Die Gruppe ist in Marmor ausgeführt. Recht lieb-
lich ist ferner eine sich schmückende Römerin. Eine der jüngsten
Arbeiten des Meisters ist eine Psyche nach der Flucht Amors, in
anmuthiger, halb liegender Stellung; der Oberkörper wird gestützt
durch den rechten Arm, dessen Ellenbogen auf zwei Polstern ruht;
die Finger der linken Hand ruhen an der Wange, eine Geberde,
die tiefes Sinnen zu begleiten Pflegt; auch das Gesicht gibt nicht
den Ausdruck tiefen Schmerzes oder bitterer Neue, sondern jene
Mischung von Schmerz und Lust, welche die lebendige Erinnerung
an verschwundenes Glück erzeugt. Die sehr zart und lieblich
durchgeführte Figur ist halb bekleidet. Gleich ansprechend ist eine
wasserschöpfende Nymphe dargestellt. Die Linien componiren sich
sehr glücklich; mit einem Fuß steht sie an dem Bach, der andere
bleibt an dem steilen User zurück. Dem vorgebeugten Körper
wird durch die Hand, die sich an einem Baumzweige hält, Hal-
tung gegeben. An diese Figuren reiht sich eine Penelope, die den
Freiern das Gewand zeigt, an dem sie webt; ein schönes stolzes
Weib, die in Stellung und Antlitz Entrüstung und Verachtung
über das unmännliche Treiben der Freier ausdrückt. Sie ist mit
einer leichten Tunica bekleidet, die sich anmuthig an den Körper
schmiegt, im Gegensatz zu dem schweren für den Gatten bestimm-
ten Gewand. Neben ihr befindet sich ein Standbild, dessen Motiv
gewiß noch schwieriger durchzusühren war: Achill der Heros in
den weichen Gefühlen der Trauer über den Tod seines Freundes
Patrokles; er gießt ein Todtenopfer auf dessen Grab, sein Leib
befindet sich in jenem erschlafften Zustande des hoffnungslosen
Schmerzes. In Prof. Wolff's Arbeiten tritt uns Meisterschaft
in edler einfacher Darstellung eines Gedankens entgegen; die For-
men sind sorgfältig ausgearbeitet, selbst die Oberfläche des Mar-
mor ist bis in die Tiefen hinein gleichförmig geglättet. Die An-
tike ist ihm gewiß stets sein erhabenes Vorbild gewesen, von dem
er weder rechts noch links abzuirren sucht.
Professor Troschel, 1806 in Berlin geboren, ist der fleißige
Schöpfer unzähliger Kunstwerke, deren eine große Anzahl den
Palazzo Torlonia zu Rom zieren. Bei ihm waltet ein Streben
nach dem Lieblichen und Graziösen vor, und mit wahrhafter Vir-
tuosität führt er in kürzester Zeit Bildwerke aus, an denen der
Kritiker Unschönheit in Form, Haltung und Bewegung nirgends
auszufinden im Stande wäre. Bekannt sind sein Baccchus in der
Schwinge, der sich in Marmor im Castell Windsor befindet,
ebenso seine heilige Familie zu Boston. Sein Perseus, im Besitz
des Prinzen Adelbert von Preußen, ist unter seinen Arbeiten am
meisten monumental gehalten; er tritt mit Siegstrophäen auf.
 
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