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Eggers, Friedrich [Editor]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 9.1858

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https://doi.org/10.11588/diglit.1202#0305
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278

Sammlungen — unter denen besonders die neue Pinakothek zu
beachten ist — eine willkommene Ergänzung, und der. aus andern
Kunststädten kommende Kunstfreund brachte vielleicht die Vor-
stellung und das Bewußtsein von den daheim befindlichen Wer-
ken mit.
Dies war nothwendig, wenn wir uns den Eindruck der Aus-
stellung als einer historischen sichern wollten, nothwendig auch,
um nicht ihr gegenüber gleich in die Klage zu verfallen, welche
in den Kunstausstellungen so gewöhnlich geworden ist, daß nicht
genug große Bilder aus der Profan-Historie da seien, woran sich
so geläufig der Vorwurf schließt, daß in der deutschen Kunst über-
haupt von diesem Gebiete nicht viel gesprochen werden könne,
daß wir hierin den Franzosen leider allzusehr nachständen, die
doch ihr großes historisches Museum von Versailles hätten u. s. w.
Gemach! — Erinnern wir uns nur für einen Augenblick der Mauern,
welche seit der Wiedererweckung der Freskomalerei von würdigen
und ausgezeichneten Meistern — die ersten Namen glänzen unter
ihnen! — mit den Schöpfungen ihres Geistes bedeckt worden
sind, so werden wir langsamer sein in der Verurtheilung der
deutschen Geschichtsmalerei. — Schon allein die Cartons zu all' den
Fresken, welche an unserm innern Auge vorübergehn, wenn wir
uns darauf besinnen, würden eine sehr großartige Ausstellung,
ein riesiges Museum füllen.
Carsten's einziger Versuch der Art ist leider nicht im
Carton auf uns gekommen, und Füger's 8 historische Bilder
in dem Bibliotheksaal der Königin von Neapel zu Caserta (1782)
kommen, als der italienischen Geschichte angehörig, unter dem
angezogenen Gesichtspunkt nicht in Betracht. Ebenso waren die
ersten Schöpfungen jener Deutschen in Rom in der Villa Mas-
simi, von denen man die Wiedergeburt der Freskomalerei zu
datiren pflegt, der Verherrlichung der italienischen Dichter gewid-
met. Cornelius komponirte die Dante-Räume, welche I-
Koch, PH. Veit und I. Führich dann in Farbe übertrugen,
Las Tassozimmer fiel Overbeck, der Ariosi Julius von
Schnorr zu. Vorher aber hatten dieselben Künstler, zu denen
noch Wilh. Schadow genannt werden muß, schon die Casa
Bartholdy mit biblischen Fresken verziert. PH. Veil malte das
Bild der Religion im Vatikan, Overbeck das Rosenfest an der
Außenwand einer Kirche bei Assisi und ein Kabinet im päpstlichen
Palast zu Rom. Von dieser Zeit an beleben sich in ganz Deutsch-
land die Wände, und die Freskomalerei legt sich in heiliger Ge-
schichte, in Profangeschichte, in der Illustration der Dichter, in
mythologischen, allegorischen, ja in landschaftlichen Darstellungen
aus. Im Saale des k. Schlosses zu Coburg wurde das jüngste
Gericht von Stilke und Stürmer, damals 20jährigen Jüng-
lingen, wenigstens unternommen; König Ludwig baute die Lud-
wigskirche, nur um Cornelius Riesenwände zu geben für die
umfassendste Darlegung des ganzen christlichen Glaubensinhalts,
für die Verherrlichung Gottes des Vaters, des Sohnes und des
heiligen Geistes; er baute die Allerheiligen-Kirche, welche Heinrich
Heß, die protestantische Kirche, welche Hermann mit Fresken
schmückte; er errichtete endlich die Basilika des h. Bonifacius und
ließ auch diese nicht ohne den reichen Schmuck der Wände durch
die Hand von Schraudolph, Koch, Müller und H. Heß,
der auch das Nefectorium des zum Gotteshause gehörigen Klosters
mit einem Abendmahl verzierte. Am Rhein finden wir die Johan-
niskirche zu Düsseldorf von Mücke ausgemalt, die Burg Nheineck
durch eine Bergpredigt von Steinle's Hand geschmückt. Dann
haben wir die Perle einer al fresko bemalten Kirche, die Apollinaris-
kirche in Remagen zu bewundern, an welche Deger, And. und
Karl Müller und Ittenbach Fleiß und Hingabe setzten. Der
zuerst Genannte malte auch die Kapelle der Burg Stolzenfels.
Erinnern wir uns dann an Oesterley's Himmelfahrt in der

Schloßkirche zu Hannover, an die Schloßkapellen von Berlin und
Schwerin, jene durch die ganze Berliner Künstlerschaft, diese durch
Pfannschmidt ausgeführt; vergessen wir nicht die Johannistirche
in Wien von Führich und Kupelwieser, anderer Arbeiten
von jüngeren Kräften zu geschweige; gedenken wir schließlich der
Altlerchenfelder Kirche, in welcher Blaas, Mayer, Schönmann,
Engerth, Schulz und Linder malten, und des ehrwür-
digen Domes von Speyer, in welchem Johann Schraudolph
mit großen Fresken beschäftigt ist. Dies ist eine Fülle von hei-
ligen Gestalten, welche die deutsche Kunst geschaffen hat. Kaum
minder reich an monumentaler Verherrlichung ist die Profange-
schichte. Das Leben und Wirken Barbarossa's sieht man an den
Wänden des Schlosses Heltorf, wo sie der Besitzer, Graf Spee
(1829—1838) durch Lessing, Plüddemann und Mücke aus-
f^hren ließ. Im Festsaalbau zu München sind Karl der Große,
Friedrich der Rothbart und Rudolph von Habsburg durch Schnorr
verherrlicht. Auch Hohenschwangau hat sein Hohenstaufen- und sein
Welfenzimmer, seinen Karls- und Berthasaal. Diese Gemälde rühren
von Schwind, Ne her, Rüben und Quaglio her. Außer-
dem aber, ist der bairische Autharis in seiner Brautbewerbung um
die schöne Langobardentochter Theudelinde vorgestellt, so wie über-
haupt der bairischen Geschichte in dem Einzuge Ludwigs des
Baiern am Jsarthor durch Neher, in den 16 Bildern unter den
Arkaden aus dem Wittelsbacher Hause, in den Schlachtengemälden
aus dem Freiheitskriege im Festsaalbau von Peter Heß und W.
v. Kobell Denktafeln aufgerichtet sind. Ebenso finden wir 15
große Wände württembergischer Geschichte von A. v. Gegenbaur
im k. Residenzschlosse in Stuttgart. Die sächsischen Kaiser sind
im Schlosse, zu Dresden durch Ed. Bendemann's Hand ver-
einigt. Im Rittersaal der Burg Stolzenfels sind die beiden
Friedrich, Kaiser Heinrich und Rudolf von Habsburg — von
Stilke — zu sehen; im Kaisersaal zu Aachen aber entfallet sich
von Alfred Rethel's Hand zum Theil gemalt, zum Theil
komponirt die Geschichte des großen Karl. Thüringische Geschichte
malte Schwind auf der Wartburg, während die restaurirte alte
Marienburg an der nordöstlichen Grenze des Vaterlandes die
Bilder ihrer Ordensmeister und Gebietiger bekommen hat. Für
österreichische Geschichte breitet der neue Arsenalbau in Wien seine
Wände und Decken aus, zu denen Rahl Entwürfe machte,*
und die nun Blaas auszumalen übertragen sind. Die Weltge-
schichte in sechs großen Bildern malt Kaulbach im neuen
Museum zu Berlin, freilich in seiner symbolischen Art, welche
nicht zugleich eine philosophische ist-
Wir gestehen, daß auch wir am liebsten bei diesen geschicht-
lichen Fresken verweilen, und daß wir uns schwer enthalten, nicht
noch eine Anzahl von Oelbildern kolossaler Dimension hier anzu-
führen, welche uns im Schreiben durch den Sinn gehen und von
der Art sind, daß sie eine glänzende Vertretung dieses Gebietes
ausmachen. So seien nur die Reformationsbilder Lessings, die
Friedrichsbilder Menzels flüchtig erwähnt, letztere jedoch nicht,
ohne zugleich den Wunsch auszusprechen, daß dem Künstler eine
systematische Durchführung seines Stoffes für eine öffentliche
Gallerte gewährt werden möchte.
Es sei aber, um der Vollständigkeit willen, erlaubt, fortzu-
fahren in der Aufzählung deutschen Freskoreichthums, an die
Glyptothek und beide Pinakotheken in München zu erinnern,
welche der griechischen Heldengeschichte und der neuern Kunstge-
schichte gewidmete Bilder durch Cornelius' und Kaulbach's
Hand empfingen. Deutsche Dichter sind im Königsbau zu Mün-
chen illustrirt, ebendort auch unser Heldengedicht, die Nibelun-
gen, durch Schnorr' geschildert. Die vier Dichterzimmer zu
* Vergl. Jahrg. VI. S. 437.
 
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