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fast wie einen theureu Besitz zn preisen vermag; ja der Dichter ver-
langt, daß der wälsche Wein dentsch sein soll, weil er ihm schmeckt.
Es ist eine nnverwüstliche Fröhlichkeit darin. Die Herzlichkeit in
den Liebesliedern steigert sich zur Innigkeit, wo es die Feier der
Mntterliebe und des Mutterglückes gilt
Wenn ich auch keine Wiege hätte
Auf meinem Arme schliefst du ein
läßt er die Mutter sagen und über die Augen des Kindes vergißt
sie den ganzen Frühling draußen.
Wie viel der Dichter für die Wiederbelebung des Lolksliedes
gethan hat, ist bekannt. Als ein tüchtiger Kenner desselben hat er
sich so in seinen Ton und in seine Ausdrucksweisen hinein gelebt,
daß es ihm vortrefflich gelingt, es selber zu produziren. Zeugniß
davon geben besonders seine Soldaten- und Landsknechtslieder, so
wie die wehmüthigen Klänge, in denen es sich um das alte Leiden
des Scheidens nnd Meidens handelt. Einzelne dieser Lieder sind
lange in den allgemeinen Volksschatz, der von Mund zu Mund geht,
übergegangen und es ist wohl keine Liedertafel, welche „des Mor-
gens wenn die Hähne krähen" oder „Morgen marschiren wir" nicht
zu singen wüßte, und das: „Morgen müssen wir verreisen" hat
gewiß schon bei tausend Abschiedsgelegenheiten geklungen. Viele
andere Gedichte sind wieder von den Salonkomponisten in Anspruch
genommen und haben auch in dieser Sphäre zu Schöpfungen Ver-
anlassung gegeben, welche dieselbe Wahrheit und Innigkeit der
Empfindung athmen, die in den Worten selbst zu finden ist.
Man hat wohl in Bezug auf die musikalische Composition von
Liedern behauptet, daß diejenigen dazu am meisten geeignet wären,
welche in einem weniger bestimmten und prägnanten Ansdrucke einen
poetischen Gedanken klar wiedergäben, so daß die Musik gewisser-
maßen die Ergänzung, die Vervollständigung dazu liefere. Das mag
mitunter der Fall sein. Indessen halten wir dafür, daß anderer-
seits gerade diejenigen Lieder die sangbarsten sind, welche die Noth-!
Wendigkeit dieser Melodie, ja diese letztere selbst schon in sich tragen, j
und zwar gerade deshalb in sich tragen, weil der poetische Gedanke
darin mit besonderer Schlichtheit und Einfachheit des Wortes klar
ausgesprochen ist, so daß die nothwendige Melodie dazu etwa den
Duft und Klang der mit künstlerischer Feinhörigkeit sorgfältig ge-
wählten und sinnreich erfundenen Ansdrncksweise zu ersetzen hat.
Ohne Frage wird in diesem Falle stets die Weise mit dem Worte
zugleich geboren und auch Hoffmaun hat dies durch die That bestätigt,
da viele seiner Lieder, namentlich die Kinderlieder, zugleich mit den
reizendsten und anmnthigsten Gesangsweisen zur Welt kamen. Be-
kanntlich hat er deren mehrere Sammlungen mit den hinzugefügten
Melodieen herausgegeben. Auch Otto Noquette hat auf solche Weise
manche seiner frischen Lieder zugleich mit der Weise in die Welt
fliegen lassen und kaum, daß sich Thümmel daran machte, sie durch
Notenzeichen zwischen die fünf Linien zu bringen, so sind sie auch
schon in den Mund der Kindermädchen und der Harfenistinnen ge-
kommen und werden ans Markt und Gassen gesungen.
Ans den Kinderliedern sind die mit L. Erk zusammen herans-
gegebenen „Hundert Schullieder mit Volksweisen" entstanden, so wie
„die Kinderwelt in Liedern" (Mainz 1853). Ebenfalls mit Erk
bereitet Hoffmann eine größere Sammlung mit Melodieen unter dem
Titel „Walhalla" vor.
Anzuführen ist noch, daß der Dichter durch sein tief eindringen-
des Studium in unsere Muttersprache sich auch befähigte, in dem
so anziehenden aüemannischeu Dialekt zu dichten. Wir besitzen von
ihm einen schon vor zehn Jahren in fünfter Auslage erschienenen
Band von Liedern in dieser Mundart.
Um auf seine letzte Gabe, die Lieder ans Weimar, zurückzu-
kommen, die so eben (Hannover bei Rümpler) schon in zweiter Auf-
lage erschienen und Franz Liszt zugeeignet find, so ist zu sagen, daß
er darin ganz als der Alte, als der Unverwüstliche, als jenes rechte
Herz erscheint, „das gar nicht umznbringen" ist. Wie überhaupt
feilten Gedichten, so ist auch diesen nicht gleicher Werth beizulegen.
Doch bringt man auch bei den unbedeutenderen das Interesse an
der Persönlichkeit mit und muß seine Freude darüber haben, daß der
Dichter noch immer den alten echten Ton zu finden weiß.
Noch immer heißt es bei ihm:
Was sind doch alle Winterfeste
Wohl gegen Eine Frühlingsnacht.
Noch immer ruft er:
Komm her, ich schenke dir ein!
Meine Freude soll dein,
Mein Wein dein sein!
Und noch immer ist ihm das Vaterland sein heißes Verlangen, darin
zu bleiben seine Pflicht und sein Recht.
Wir wollen mit zwei Liedern ans Weimar unfern- Bericht über
dieselben schließen. Am Eingang singt der Dichter:
Laßt mich ruhen, laßt mich träumen,
Wo die Abendwinde linde
Säuseln in den Blüthenbäumen,
Wo der Nachtigallen
Lieder wieder
In der Zweige Dämmrung schallen!
Wie des Mondes Silberhelle
Auf des Baches dunkler Welle,
Spielt in dieser lichten Stunde
Auf des Lebens dunklem Grunde
Der vergangnen Tage
Freud' und Klage.
Der Erinnrnng Lust und Schmerzen
Flimmern auf in meinem Herzen —
Laßt mich ruhen, laßt mich träumen
Bei der Nachtigallen Sange
Unter vollen Blütheubänmeu
Lange — lange!
Am Schluß:
O tausend Dank auf's Neue,
Dank dir, du Sangeskunst,
Für deine Lieb' und Treue,
Für deine Gnad' und Gunst!
Tu hast mich aufgerichtet
In mancher Noch und Pein,
Hast manchen Streit geschlichtet
In meines Herzens Schrein.
Du hast in trüben Tagen
Mir meinen Sinn erhellt,
Mich wie ein Kind getragen
Durch allen Lug der Welt.
Du hast mit mir vergessen
Der düstern Zeiten Qual,
Du hast mit mir gesessen
Bei froher Brüder Mahl.
Du hast mich angetrieben
Zu jeder edlen That,
Hast mich gelehrt zu lieben
Der Ehre steilen Pfad.
Du standest mir zur Seite,
Du reichtest mir die Hand,
Du gabst mir das Geleite
Durch's ganze Vaterland.
Drum tausend Dank auf's Neue,
Dank dir, du Saugeskunst,
Für deine Lieb' und Treue,
Für deine Gnad' und Gunst!
Verlag von Heinrich SdjinMcr in Berlin. — Druck von Lrowitzlch und §ohn in Berlin.
fast wie einen theureu Besitz zn preisen vermag; ja der Dichter ver-
langt, daß der wälsche Wein dentsch sein soll, weil er ihm schmeckt.
Es ist eine nnverwüstliche Fröhlichkeit darin. Die Herzlichkeit in
den Liebesliedern steigert sich zur Innigkeit, wo es die Feier der
Mntterliebe und des Mutterglückes gilt
Wenn ich auch keine Wiege hätte
Auf meinem Arme schliefst du ein
läßt er die Mutter sagen und über die Augen des Kindes vergißt
sie den ganzen Frühling draußen.
Wie viel der Dichter für die Wiederbelebung des Lolksliedes
gethan hat, ist bekannt. Als ein tüchtiger Kenner desselben hat er
sich so in seinen Ton und in seine Ausdrucksweisen hinein gelebt,
daß es ihm vortrefflich gelingt, es selber zu produziren. Zeugniß
davon geben besonders seine Soldaten- und Landsknechtslieder, so
wie die wehmüthigen Klänge, in denen es sich um das alte Leiden
des Scheidens nnd Meidens handelt. Einzelne dieser Lieder sind
lange in den allgemeinen Volksschatz, der von Mund zu Mund geht,
übergegangen und es ist wohl keine Liedertafel, welche „des Mor-
gens wenn die Hähne krähen" oder „Morgen marschiren wir" nicht
zu singen wüßte, und das: „Morgen müssen wir verreisen" hat
gewiß schon bei tausend Abschiedsgelegenheiten geklungen. Viele
andere Gedichte sind wieder von den Salonkomponisten in Anspruch
genommen und haben auch in dieser Sphäre zu Schöpfungen Ver-
anlassung gegeben, welche dieselbe Wahrheit und Innigkeit der
Empfindung athmen, die in den Worten selbst zu finden ist.
Man hat wohl in Bezug auf die musikalische Composition von
Liedern behauptet, daß diejenigen dazu am meisten geeignet wären,
welche in einem weniger bestimmten und prägnanten Ansdrucke einen
poetischen Gedanken klar wiedergäben, so daß die Musik gewisser-
maßen die Ergänzung, die Vervollständigung dazu liefere. Das mag
mitunter der Fall sein. Indessen halten wir dafür, daß anderer-
seits gerade diejenigen Lieder die sangbarsten sind, welche die Noth-!
Wendigkeit dieser Melodie, ja diese letztere selbst schon in sich tragen, j
und zwar gerade deshalb in sich tragen, weil der poetische Gedanke
darin mit besonderer Schlichtheit und Einfachheit des Wortes klar
ausgesprochen ist, so daß die nothwendige Melodie dazu etwa den
Duft und Klang der mit künstlerischer Feinhörigkeit sorgfältig ge-
wählten und sinnreich erfundenen Ansdrncksweise zu ersetzen hat.
Ohne Frage wird in diesem Falle stets die Weise mit dem Worte
zugleich geboren und auch Hoffmaun hat dies durch die That bestätigt,
da viele seiner Lieder, namentlich die Kinderlieder, zugleich mit den
reizendsten und anmnthigsten Gesangsweisen zur Welt kamen. Be-
kanntlich hat er deren mehrere Sammlungen mit den hinzugefügten
Melodieen herausgegeben. Auch Otto Noquette hat auf solche Weise
manche seiner frischen Lieder zugleich mit der Weise in die Welt
fliegen lassen und kaum, daß sich Thümmel daran machte, sie durch
Notenzeichen zwischen die fünf Linien zu bringen, so sind sie auch
schon in den Mund der Kindermädchen und der Harfenistinnen ge-
kommen und werden ans Markt und Gassen gesungen.
Ans den Kinderliedern sind die mit L. Erk zusammen herans-
gegebenen „Hundert Schullieder mit Volksweisen" entstanden, so wie
„die Kinderwelt in Liedern" (Mainz 1853). Ebenfalls mit Erk
bereitet Hoffmann eine größere Sammlung mit Melodieen unter dem
Titel „Walhalla" vor.
Anzuführen ist noch, daß der Dichter durch sein tief eindringen-
des Studium in unsere Muttersprache sich auch befähigte, in dem
so anziehenden aüemannischeu Dialekt zu dichten. Wir besitzen von
ihm einen schon vor zehn Jahren in fünfter Auslage erschienenen
Band von Liedern in dieser Mundart.
Um auf seine letzte Gabe, die Lieder ans Weimar, zurückzu-
kommen, die so eben (Hannover bei Rümpler) schon in zweiter Auf-
lage erschienen und Franz Liszt zugeeignet find, so ist zu sagen, daß
er darin ganz als der Alte, als der Unverwüstliche, als jenes rechte
Herz erscheint, „das gar nicht umznbringen" ist. Wie überhaupt
feilten Gedichten, so ist auch diesen nicht gleicher Werth beizulegen.
Doch bringt man auch bei den unbedeutenderen das Interesse an
der Persönlichkeit mit und muß seine Freude darüber haben, daß der
Dichter noch immer den alten echten Ton zu finden weiß.
Noch immer heißt es bei ihm:
Was sind doch alle Winterfeste
Wohl gegen Eine Frühlingsnacht.
Noch immer ruft er:
Komm her, ich schenke dir ein!
Meine Freude soll dein,
Mein Wein dein sein!
Und noch immer ist ihm das Vaterland sein heißes Verlangen, darin
zu bleiben seine Pflicht und sein Recht.
Wir wollen mit zwei Liedern ans Weimar unfern- Bericht über
dieselben schließen. Am Eingang singt der Dichter:
Laßt mich ruhen, laßt mich träumen,
Wo die Abendwinde linde
Säuseln in den Blüthenbäumen,
Wo der Nachtigallen
Lieder wieder
In der Zweige Dämmrung schallen!
Wie des Mondes Silberhelle
Auf des Baches dunkler Welle,
Spielt in dieser lichten Stunde
Auf des Lebens dunklem Grunde
Der vergangnen Tage
Freud' und Klage.
Der Erinnrnng Lust und Schmerzen
Flimmern auf in meinem Herzen —
Laßt mich ruhen, laßt mich träumen
Bei der Nachtigallen Sange
Unter vollen Blütheubänmeu
Lange — lange!
Am Schluß:
O tausend Dank auf's Neue,
Dank dir, du Sangeskunst,
Für deine Lieb' und Treue,
Für deine Gnad' und Gunst!
Tu hast mich aufgerichtet
In mancher Noch und Pein,
Hast manchen Streit geschlichtet
In meines Herzens Schrein.
Du hast in trüben Tagen
Mir meinen Sinn erhellt,
Mich wie ein Kind getragen
Durch allen Lug der Welt.
Du hast mit mir vergessen
Der düstern Zeiten Qual,
Du hast mit mir gesessen
Bei froher Brüder Mahl.
Du hast mich angetrieben
Zu jeder edlen That,
Hast mich gelehrt zu lieben
Der Ehre steilen Pfad.
Du standest mir zur Seite,
Du reichtest mir die Hand,
Du gabst mir das Geleite
Durch's ganze Vaterland.
Drum tausend Dank auf's Neue,
Dank dir, du Saugeskunst,
Für deine Lieb' und Treue,
Für deine Gnad' und Gunst!
Verlag von Heinrich SdjinMcr in Berlin. — Druck von Lrowitzlch und §ohn in Berlin.