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Literatur-Blatt

d e s

Dentschen Knnstblattes.

M 7.

Donnerstag, den 3. April.

1836.

Inhalt: Das Leben der Seele in Monographien über seine Erscheinungen und Gesetze. Von Dr. M. Lazarus. — Lyrisches

Das Leben der Seele

in Mnnogrnphicen über seine Erscheinungen und Gesetze.

Von ZZL'- M. Lazarus.

der Anlage, wie viel geistige Gymnastik dazu erforderlich ist, um es
bei jener Thätigkeit zu faßbaren, ja zu dankcnswerthen Erfolgen zu
bringen. Anstrengungen der Art dürften kaum je unternommen wer-
den, wenn sie nicht den, der fich ihnen unterzieht, mit dem Gefühl
Erster Band: 1. Bildung und Wissenschaft. 2. Ehre und Ruhm. 3. Der Humor! jener Erhebung erfüllten, auf die wir schon obenhindeuteten. „Sich
als Psychologisches Phänomen. — Berlin. Verlag von H. Schindler. lSoG. I -m ^'c seines eigenen Inneren zu versenken, den Gehalt seines

Die Aufgabe, welche derjenige zu lösen hat, der sich anschickt eigenen Lebens und Daseins zu erkennen, ist eine Arbeit des Geistes,
über ein Buch zu referiren, ist um so schwieriger, je reicher der welche sicherer als jede andere ihren Lohn in sich selber trägt. An
Inhalt ist, der aus der anzuzeigenden Schrift ihm entgegeukommt. 1 der Schönheit eines herrlichen Gebäudes erfreut sich jedes Herz;

Denn es ist leichter, ein Geringes durch allerlei mehr oder minder
verwandte Zuthat zu einem äußerlich Umfangreichen zu machen, als
eine Fülle gediegenen Materials in einen kleinen Raum übersichtlich
zusammendrängen. Dem in der Ueberschrift namhaft gemachten
Buche gegenüber befinden wir uns in, dieser letzteren Lage, und
wir erinnern an die Schwierigkeit derselben nicht nur, um im Vor-
aus die Nachsicht unserer Leser für uns, sondern auch um die Aufmerk-
samkeit derselben für das anzuzeigende Werk in Anspruch zu nehmen. Schönheit anschauen kann." Wir haben diese Worte aus der Vor-
Es ist betitelt: „das Leben der Seele." Mit dieser rede unseres Buches angeführt, um daran erkennen zu lassen, mit

die wunderbare Harmonie und das herrliche Maaß der menschlichen
Gestalt auch nur in Marmor zu sehen, ist eine wohlthuende Be-
friedigung ; entzückend aber ist's für jede Schöne, ihre eigene Schön-
heit im Spiegel zu schauen; in dem Leben der Seele aber walten
Maß und Gesetz, eine Fülle der Formen und ein Reichthum von
Gestalten, wie nirgends in der Körperwelt, und die Psychologie ist
ein Spiegel der Seele, darin jede ihre eigene und ihre allgemeine

Ueberschvrft sind wir vorauf angcwicfcn, duyt’flVt)Vt zu voevben in

ein Reihe nicht bloß ernster sondern zugleich erhebender Anschau-
ungen. Denn nächst den Betrachtungen, in denen die Seele , sich
zu dem Urquell ihres Daseins, zu Gott, emporschwingt, sind die
die höchsten, in denen sie zu sich selbst kommt, um ihr eigenes Le-
ben und Weben in stiller Sammlung zu beschauen. Ja es haben
sogar Betrachtungen dieser letzteren Art mit jenen-religiösen Erhe-
bungen etwas Verwandtes, indem auch in ihnen die Gedanken um
ein Leben sich sammeln, das den Charakter seines göttlichen Ur-
sprungs in den unverkennbarsten Zügen an fich tragt. Und wenn
die bekannte Inschrift des Delphischen Tempels zum Streben nach
Selbsterkenntniß auffordert, so will sie damit eine religiöse Hand-
lung nicht sowohl vorbereiten, als ihrem wahren Inhalte nach be-
zeichnen. — Allein es ist nicht möglich, fich die Würde psycholo-
gischer Betrachtungen gegenwärtig zu machen, ohne zugleich an die
Schwierigkeit derselben erinnert zu - werden. In ihnen will und dem Leser zu, dem Verfasser bei seinen bahnbrechenden Bemühun-

welcher Befriedigung dev Verfasser feinen Forschungen hingegeben
ist und welch einen hohen Reiz sie um ihrer selbst willen für ihn
haben. Gerade darin aber erblicken wir ein eben so charakteristisches
als werthvolles Merkmal seiner Arbeit, und wir fühlen uns gedrun-
gen, den Versuch zu machen, -die Eigenthümlichkeit derselben gerade
von diesem Punkte ans unseren Lesern vorzuführen.

Das nehmlich erscheint uns als das Eigenthümliche der vor-
liegenden psychologischen Darstellungen, daß sie in ihrem Gange
wie in ihrer Darstellung das volle, sichere Behagen abspiegeln, mit
dem der' Verfasser sie niedergeschrieben hat. Was er uns in diesem
ersten Bande seines Werkes vorführt, ist nicht etwa der Grundriß
zu einem System der Psychologie; ein solcher würde nur mit ge-
ringer Hoffnung auf eingehende Beachtung dem wirklichen Aus-
bau des Ganzen vorangeschickt werden können. Es sind auch nicht
psychologische Studien, welche uns dargeboteu werden; sie muthen

soll die Seele ihres eigenen Lebens sich bewußt werden- Bei diesem

gen zuzuschauen und alle die Anstrengungen mit ihm zu durchleben,

Prozesse ist sic selbst, die Betrachtende, gleichzeitig der Gegenstand! die mit der Beseitigung des Gestrüpps widerstrebender Gedanken
der Betrachtung, und damit ist eine Ausgabe gesetzt, die in ihrer und mit der Zurechtlegung des Gerölls behindernder Einwürfe ver-
Eigenartigkcit nur ausgesprochen zu werden braucht, um in ihrer bunden sind. Psychologische Monographien sind es, welche wir


chwierigkeit mindestens geahnt zu werden. Das pulsirende, in

empfangen, Betrachtungen einzelner aber naheliegender psychologischer

jedem Moment fortwallende .Leben der Seele muß gewissermaßen Phänome, und damit treten wir sofort in einen Kreis ein, der, von
zum Stillstände kommen, weil es nur in dem Momente der'Ruhe lebensvollen Anschauungen erfüllt, unsere volle Theilnahme in An-
betrachtungsfähig wird, und eben dasselbe Seelenleben muß beobach- spruch nimmt. Was aber nicht minder als die Auswahl des der
tcnd bei jenen augenblicklich zur Ruhe gekommenen Momenten vcr-, Betrachtung dargebotenen Stoffes uns fesselt, ist die Art und Weise,
weilen, um die hier sich darbietenden Erscheinungen zu darstellbarer wie der Verfasser vor uns diesen Stosf ausbreitet. Mit einer Ge-
Klarheit zu fstiren. Es liegt auf der Hand, wie viel Kraft der wandthcit, die, in einzelnen Parthien bis zur Grazie sich vollendet,
Sammlung, wie viel Fähigkeit der Vertiefung dazu gehört, um eine mit einer Klarheit, die jedem nach Selbstbewußtsein Strebenden die
derartige Thätigkeit überhaupt nur zu vollziehen, und wie viel Gunst Aneignung des Gegebenen gestattet, und mit einer Einfachheit, welche

ViRMtiiv B'.k".

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