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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 40.1917

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Habicht, H.: Kultur und Kunst (Wünsche und Ziele)
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https://doi.org/10.11588/diglit.8539#0271

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Kultur und Kunst ( Wünsche und Ziele).

ENTW: PAUL DRESLER—KREFELD.

»FAYENCEN MIT FÄRB. GLASUREN«

abgesehen, zeigt sich beim Werden der neuen
Kulturen und damit der Kunst (oder Stile) doch
immer das gleiche Bild. Man versucht in be-
wußter Gegensätzlichkeit zu den vorausge-
gangenen oder noch gültigen Anschauungen der
Lebens- und Weltauffassung einen neuen In-
halt einzupflanzen und verlangt zugleich auch
dafür einen neuen Ausdruck in der Kunst. In
unserer Zeit liegen die Dinge nun so, daß man
schon lange vor dem Kriege mit einer aus-
gesprochenen Absichtlichkeit das Werden einer
neuen Kultur und Kunst erzwingen wollte. Und
wenn man einerseits zu keinem befriedigenden
Ergebnis kam, andererseits durch die Kriegs-
ereignisse plötzlich außerordentlich ermutigt
wurde, so besteht wohl ein innerer Zusammen-
hang zwischen diesen beiden Tatsachen. Denn
es ist klar, daß an dem Mißlingen all' der z. T.
an sich erfolgreichen Bestrebungen der Mangel
an Einheitlichkeit schuld war, wie andererseits
gerade diese politische Konstellation eine Ein-
heitlichkeit von nie gekannter Größe offenbarte.
Was man ersehnte war ja eben die Geschlossen-
heit und unverkennbare Eigenartigkeit einer
neuen Kultur und Kunst. Denn, um nicht miß-
verstanden zu werden: an dem Vorhandensein
einer hochentwickelten Kultur und an dem Da-
sein einer reichen und erfolgreichen Kunst hatte
ja nie jemand gezweifelt. Was man vermißte,

waren eben die zeitgeborene Unverrückbarkeit
und klare Einheitlichkeit. Wie weit man aber
davon entfernt war, das zeigt die ausgesprochene
Zwiespältigkeit der Kunst aufs allerdeutlichste.
Es kommt dazu, daß man immer wieder den
Irrweg beschritt, von rein manuellen oder zum
mindesten artistischen Änderungen aus das
Werden eines Stiles erzwingen zu wollen. Wie
unzulänglich diese Mittel waren, das zeigen
die weiteren Ausströmungen dieserBewegungen
ganz klar. Impressionismus meinetwegen ist
eine Darstellungsweise — denn darum handelt
es sich auch gegensätzlicher Behauptungen zum
Trotz — in der Malerei, aber kein Stil der Zeit;
ebensowenig sind solche all die Bewegungen in
der Literatur, Musik, Plastik, Architektur usw.
Im Gegenteil scheinen sich selbst im Bereiche
der bildenden Kunst allein diese Srömungen
zeitweilig geradezu aufzuheben. Der Wert einer
„Richtung" aber wird genau ebensogut wie der
eines einzelnen Kunstwerkes nach der exten-
siven Wirkung beurteilt werden müssen, und
da zeigt sich, daß von einem Durchdringen aller
Formen, von einer bis zu den Grenzen spülen-
den sieghaften Welle gar keine Rede sein kann.
II.

Unter diesen Umständen war der sehnsucht-
volle Blick auf den Umgestalter Krieg durch-
aus nötig und berechtigt. Nicht die Künstler,
 
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