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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 53.1923-1924

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Reimers, ...: Die Mikado-Werkstätten
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https://doi.org/10.11588/diglit.9146#0060

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DIE MIKADO-WERKSTÄTTEN.

Bei dem eiligen, überstürzenden Tempo des
heutigen Lebens und der ungewöhnlich
großen Forderung, die an den einzelnen in der
Produktionsfähigkeit hinsichtlich der Quantität
gestellt werden, kann der einfache Handwerker
kaum mehr Schritt halten. Selten wird es ihm
noch möglich sein, so lange er alleine steht,
sein ganzes Können für lange Zeit in geduldig-
ster, sorgfältigster Arbeit einzusetzen, der un-
erbittliche Existenzkampf würde ihn schon bald
konkurrenzlos machen. Heute gilt es mehr, im
Zusammenwirken vieler Kräfte das Nacheinan-
der des einzelnen Handwerkers in ein produk-
tives gleichzeitiges Miteinander umzuwandeln.
Eine gewisse Amerikanisierung und Zentrali-
sierung im Großbetrieb wird sich immer mehr
durchsetzen, wie sie im Wirtschaftsleben schon
längst in den großen Kauf- und Warenhäusern
Form gefunden haben. Solche Vereinigung
handwerklicher und künstlerischer Kräfte in
großen Sammelstätten ist ja seit Jahren viel-
fach durchgeführt, wie in den Wiener Werk-
stätten, den Deutschen Werkstätten in Hellerau
und wie sie heißen mögen. Dieses Zusammen-
fassen bedeutet durchaus nicht das Ende des

Individualismus, nicht das Umsetzen der per-
sönlich gefärbten Leistung in toten Massen-
betrieb, hier können vielmehr die Kräfte wirk-
samer tätig werden und der künstlerischen Be-
gabung ist größere Möglichkeit gegeben, sich
zur Geltung zu bringen. Aber nur unter einer
Bedingung: der Begründer oder Leiter der
Werkstatt darf nicht sich und sein Werk allein
gelten lassen wollen, er muß es verstehen, auch
andere heranzuziehen und ihnen, soweit sie
sich fähig erweisen, die Mitarbeit ermöglichen.

Die neuen großen Werkstätten, die in Bonn
gegründet sind, scheinen darin auf dem rechten
Weg zu sein. Es sind die Mikado-Werk-
stätten, die Fritz August Breuhaus
entstehen ließ und leitet. Sein Name ist ge-
nügend bekannt und gibt schon die Gewähr für
das unbedingt künstlerische, neuzeitliche Ge-
präge seiner Schöpfung. Sie soll wirklich ein
Sammelpunkt künstlerischer Kräfte werden,
kein Deckname, um nur seine Arbeiten zu ver-
treiben. Alle deutschen Künstler sollen hier
zur Mitarbeit Gelegenheit finden, durch freie
Aufforderung oder durch Wettbewerb und
Preisausschreiben. Ein eigenes Preisgericht,

XXVII. Oktober 1923. e
 
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