G. BLASI.
»ALLAN
NAClMOVA<
1 9 2 3.
RHYTHMUS - GESETZ UND REGEL.
Die ganze Natur, soweit sie nicht mensch- ziehender Vögel, am Traben noch ungebändigter
licher Willkür anheimfiel", sagt der Cha- Pferde oder am wellenhaften Gleiten der Fische
rakterologe Ludwig Klages in „Handschrift bewundern. Da wir indessen in erster Linie
und Charakter", „zeigt überall die Herrschaft „geistige Wesen" sind, so unterliegt der vitale
des Rhythmus. Von rhythmischer Beschaffen- Rhythmus fort und fort der Störung durch den
beit sind Schall, Licht, Wärme, Elektrizität; erfassenden Akt des Bewußtseins, auf welchen
rhythmisch ist die Fortpflanzung von Wellen, immer von Neuem ein Wieder - sich - Glätten
rhythmisch sind die Bewegungen der Gestirne, und Sich-beschwichtigen folgt. Wo immer der
die den Wechsel von Tag und Nacht und der Mensch in die Natur eingreift, wandelt er ihre
Jahreszeiten bedingen, rhythmischen Pulsatio- rhythmische Fülle in Einförmigkeit, Gesetzlich-
nen endlich untersteht das gesamte organische keit, Regel um; aus der organischen macht er
Leben, also auch unser eigenes, soweit es ein die planimetrische Form, aus der scheinbar
«natürliches" ist . . Je mehr sich der Mensch chaotischen Üppigkeit des Urwaldes den lich-
im Naturzustand befindet, umso mehr herr- teren Park. Kein Baum im Walde steht völlig
sehen Rhythmus und Takt, in deren Erfassung gerade, aber die Häuser der Menschen tun es,
und Ausüben die sogenannten Naturvölker den wenigstens nahezu. Kein Tier und keine Pflanze
zivilisierten bei weitem überlegen sind. Auch zeigt irgendwo eine absolut gerade Linie, die
wir aber spüren vorübergehend jenes rhyth- Gebrauchs-Gegenstände der Menschen dagegen
mische Pulsieren, wenn immer wir unserem Joch sind in weitem Umfange von rein geometrischer
der Geistigkeit zu entrinnen vermögen, so in Beschaffenheit. Wir schließen daraus, es sei
den Zuständen großer innerer Freudigkeit, die das geistige oder rationelle Prinzip, welches
zu Tanzbewegungen Anlaß geben. „Gesetz und Regel" hervorbringe. Sein Exe-
Wären wir durch und durch vitale Wesen, kutiv-Organ aber ist der Wille; daher die Nei-
so hätte auch unser Tun das ungebrochen vol- gung zur Regelmäßigkeit, Diszipliniertheit, Uni-
lendete Ebenmaß, das wir am Flügelschlag formität das Vorwalten.des Willens anzeigt.
XXVII. Januar 1924. 3*
187
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RHYTHMUS - GESETZ UND REGEL.
Die ganze Natur, soweit sie nicht mensch- ziehender Vögel, am Traben noch ungebändigter
licher Willkür anheimfiel", sagt der Cha- Pferde oder am wellenhaften Gleiten der Fische
rakterologe Ludwig Klages in „Handschrift bewundern. Da wir indessen in erster Linie
und Charakter", „zeigt überall die Herrschaft „geistige Wesen" sind, so unterliegt der vitale
des Rhythmus. Von rhythmischer Beschaffen- Rhythmus fort und fort der Störung durch den
beit sind Schall, Licht, Wärme, Elektrizität; erfassenden Akt des Bewußtseins, auf welchen
rhythmisch ist die Fortpflanzung von Wellen, immer von Neuem ein Wieder - sich - Glätten
rhythmisch sind die Bewegungen der Gestirne, und Sich-beschwichtigen folgt. Wo immer der
die den Wechsel von Tag und Nacht und der Mensch in die Natur eingreift, wandelt er ihre
Jahreszeiten bedingen, rhythmischen Pulsatio- rhythmische Fülle in Einförmigkeit, Gesetzlich-
nen endlich untersteht das gesamte organische keit, Regel um; aus der organischen macht er
Leben, also auch unser eigenes, soweit es ein die planimetrische Form, aus der scheinbar
«natürliches" ist . . Je mehr sich der Mensch chaotischen Üppigkeit des Urwaldes den lich-
im Naturzustand befindet, umso mehr herr- teren Park. Kein Baum im Walde steht völlig
sehen Rhythmus und Takt, in deren Erfassung gerade, aber die Häuser der Menschen tun es,
und Ausüben die sogenannten Naturvölker den wenigstens nahezu. Kein Tier und keine Pflanze
zivilisierten bei weitem überlegen sind. Auch zeigt irgendwo eine absolut gerade Linie, die
wir aber spüren vorübergehend jenes rhyth- Gebrauchs-Gegenstände der Menschen dagegen
mische Pulsieren, wenn immer wir unserem Joch sind in weitem Umfange von rein geometrischer
der Geistigkeit zu entrinnen vermögen, so in Beschaffenheit. Wir schließen daraus, es sei
den Zuständen großer innerer Freudigkeit, die das geistige oder rationelle Prinzip, welches
zu Tanzbewegungen Anlaß geben. „Gesetz und Regel" hervorbringe. Sein Exe-
Wären wir durch und durch vitale Wesen, kutiv-Organ aber ist der Wille; daher die Nei-
so hätte auch unser Tun das ungebrochen vol- gung zur Regelmäßigkeit, Diszipliniertheit, Uni-
lendete Ebenmaß, das wir am Flügelschlag formität das Vorwalten.des Willens anzeigt.
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