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VIERTER GESANG

3. Göttern möchte ich vor allem Athena für mich gewinnen, die
420 mir gestern beim festlichen Mahle Poseidons sichtbar erschien.
Erfüllt mir daher schnell meine Wünsche. Einer von euch eile
in’s Feld nach einem Rinde. Der Hirt treibe es schleunigst hier-
her. Ein zweiter gehe zu Telemachs dunklem Schiff und hole
seine Gefährten; nur zwei lasse er dort. Ein dritter fordere den
Goldschmied Laerkes auf herzukommen; er soll die Hörner
des Rindes mit Gold umlegen. Ihr andern bleibt hier und
befehlt den Dienerinnen im Haus, ein herrliches Mahl zu be-
reiten, Sessel, Holz und frisches Wasser heranzuschaffen.“
430 So sprach er. Sie alle waren geschäftig. Es kam das Rind
vom Felde; es kamen Telemachs Begleiter vom schnellen,
ebenmäßig gebauten Schiff; es kam der Schmied mit dem Ge-
rät, dem Werkzeug seiner Kunst, dem Hammer, Amboß und
der trefflichen Zange, mit deren Hilfe er das Gold zu bearbei-
ten pflegte. Es kam auch Athena, um das Opfer entgegen-
zunehmen. Der greise Rosselenker Nestor gab das Gold. Laer-
kes schmiedete es zurecht und legte es um die Hörner, damit
sich die Göttin am Anblick des Schmuckes erfreue. Stratios
und der edle Echephron führten das Rind an den Hörnern
440 herbei. Aretos kam aus dem Gemach und brachte Wasser in
einer mit Blumen verzierten Schüssel; in der andern Hand trug
er einen Korb mit Opfergerste. Thrasymedes stand mit dem
scharfen Beil bereit, das Rind zu schlachten. Perseus hielt
eine Opferschale. Der greise Nestor begann die heilige Hand-
lung: er wusch sich die Hände und streute die Gerste; in-
brünstig betete er dann zu Athena und warf die Stirnhaare
des Rindes ins Feuer. Als sie gebetet und die Opfergerste
gestreut, trat Nestors Sohn, der hochgemute Thrasymedes,
nahe heran und tat den Schlag. Das Beil zerschnitt die Seh-
450 nen des Nackens und nahm dem Rinde die Kraft. Nestors
Töchter und Schwiegertöchter aber und seine ehrwürdige
 
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