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IX. Abschnitt: Geschichte Ton Leukas im Altertum. (B. van Hille) 373

IX. ABSCHNITT
GESCHICHTE VON LEUKADIA - LEUKAS IM ALTEETUM

Von Ernst van Hille

A. EINLEITUNG

Für die älteste Geschichte der Insel Leukadia und der Stadt Leukas stehen uns
drei Arten von Quellen zur Verfügung: 1. die Angaben der homerischen Epen; 2. die
Nachrichten anderer antiker Schriftsteller; 3. die Ergebnisse der Ausgrabungen.

1. Die Nachrichten Homers wurden im ganzen Altertum im allgemeinen als histo-
rische Quelle betrachtet. Zwar vertraten schon in hellenistischer Zeit einige Gelehrte,
die sogenannten xop^ovxec;, die Meinung, dass Ilias und Odyssee nicht von demselben
Dichter stammten; aber die Wahrheit der Berichte beider Epen über den trojanischen
Krieg und die Heimkehr der Helden zweifelten auch sie nicht an. Homer galt allen
Historikern des Altertums als Autorität; seine Angaben über die älteste Zeit Griechen-
lands galten als gesicherte Tatsachen. Diesen hohen geschichtlichen Wert haben die
Epen aber in der Neuzeit verloren. Man trat mit moderner Kritik an die Ueberlieferung
heran. Gelehrte wie R. Hercher (1866) glaubten nachweisen zu können, dass die
geographischen Angaben des Epos sich nicht in Uebereinstimmung befänden mit der
Wirklichkeit und daher zum Teil vom Dichter ohne örtliche Kenntnisse willkürlich er-
funden seien. Die meisten Gelehrten der Gegenwart, wenn sie auch über das Alter und
den Ursprung der Epen verschiedener Meinung sind, stimmen darin überein, dass
beide in Kleinasien entstanden und an mehreren Orten Griechenlands gesammelt
seien. „Homer" — diesen Namen behält man für beide Gedichte der Bequemlichkeit
halber bei — soll keine historischen Ereignisse, sondern nur Mythen und Sagen aus
längst verflossenen Zeiten erzählen, und U. v. Wilamowitz-Möllendorff (Ilias und
Homer 1916, 62) spricht von der „unerhörten Ungeniertheit, mit der Homer die
heroische Geschichte zu seiner Gegenwart herunterzieht".

Es ist hier nicht der Ort, die homerische Frage und ihre verschiedenen Lösungs-
versuche eingehend zu behandeln; aber Eines ist wohl unanfechtbar: Wie es feststeht
„vixisse fortes ante Agamemnonem", so dürfen wir auch annehmen, „vixisse poetas
ante Homerum". Schon im IL Jahrtausend zur Zeit des Zuges der Achäer gegen Troja
hat es Sänger gegeben, die den trojanischen Krieg und seine Folgen besangen. Ob nun
die erhaltenen Epen zu diesen Gesängen gehören und somit ihre Gegenwart schildern,
oder ob sie alte Geschichten, die durch solche Gesänge überliefert waren, nacherzählen,
 
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