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Dorotheum <Wien> [Hrsg.]
Sammlung Professor Dr. Hans Lorenz: Gemälde, Skulpturen, Glasmalereien, Möbel, Tapisserien, kostbarer Hausrat, Antiquitäten des XIII. bis XVIII. Jahrhunderts ; Versteigerung: Montag, den 3., Dienstag, den 4. u. Mittwoch den 5. Juni 1935 (Katalog Nr. 435) — Wien, 1935

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https://doi.org/10.11588/diglit.5654#0010
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VORWORT

Es ist eine immer wieder beobachtete Tatsache, daß gerade Männer, welche
kraft ihres Berufes als Arzt fortwährend mit den Grenzen des menschlichen Lebens,
der Vergänglichkeit und dem körperlichen Elend in Berührung kommen, trachten,
in ihrer Freizeit das Schöne und Unvergängliche in irgendeiner Form an ihren
Lebensweg zu ketten. Es sei hier, um nur von zwei bekannten Wiener Größen
dieser Art zu sprechen, an Theodor Billroths musikalische, den Grad der Lieb?
haberei schon übersteigende Interessen, seine Freundschaft und seinen regen Brief«
Wechsel mit Hanslik, an Gersunys reiches, literarisches Talent, das in einer Aus*
wähl schönster lyrischer Dichtungen Niederschlag gefunden hat, erinnert, endlich
an das durch viele Konzerte bekannte Wiener Ärzteorchester, das seinen Mitglie«
dern nach schwerer und verantwortungsvoller Pflichterfüllung Gelegenheit gibt,
sich in dem reinen Quell musischen Erlebens gesund zu baden. Auch der Schöpfer
der vorliegenden Sammlung, einer der bedeutendsten Chirurgen, dessen Ruf weit
über die Grenzen unserer engeren Heimat gedrungen war, hat ähnliche Ziele ver«
folgt, hat die Symphonie von Glas, Nickel und Porzellan mit ihren ausschließlichen
Zweckformen, die ihm der tägliche Aufenthalt in Operationssälen bot, durch bunte,
formreiche und üppige Umgebung im eigenen Heim abreagiert. Wie immer, ist es
auch hier aufschlußreich, einen Blick in die Handbibliothek zu machen, die neben
medizinischen Enzyklopädien, chirurgischen Atlanten und Kompendien sowie For*
schungsberichten aus dem engeren und weiteren Wissensgebiet des Arztes, fast
ausschließlich Publikationen kulturgeschichtlicher und kunstgeschichtlicher Art ent*
hält. Diese Bücherei wie die ganze Sammlung bilden den Spiegel, der das Wesen
des Sammlers widerstrahlt. Man könnte, befände sich nicht zum Schlüsse der
Zimmerflucht ein kleiner verkachelter Raum mit Operationstisch, Instrumenten«
kästen und allem anderen Zubehör chirurgischer Tätigkeit, diese imposante Reihe
von Räumen für das Heim eines Malers oder Bildhauers halten. Jedenfalls war es
das Heim eines feinsinnigen Sammlers. Es herrscht die Vorliebe für den Kontrast.
Der nüchterne Operationsraum ist durch einen kleinen, an den Vorraum zu einer
Sakristei gemahnenden Durchgang von strengen Formen, von einem heimlichen,
im Geschmacke der Renaissancezimmer eines Patrizierhauses eingerichteten Raum,
dem eigentlichen Arbeitszimmer des Verstorbenen, getrennt. Deutsche und spani*
sehe Renaissancemöbel, eine bunte, doch ruhig wirkende, große Tapisserie, Unge«
 
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