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Dragendorff, Hans
Westdeutschland zur Römerzeit — Leipzig, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.41442#0079
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Handwerk und Kunst

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die italische Ware und freute sich des guten großen neuen Ab-
satzgebietes. Oer Gallier hat die Ware bald nicht nur gern
getauft — er hat dem Römer nur zu schnell seine Künste abge-
sehen und dem Soldaten seine Bedürfnisse und Liebhabereien
abgelauscht. Es ist überraschend, wie schnell der Gallier sich
römische Technik zu eigen macht und nach römischer weise arbeitet.
Ich habe ichon darauf hingewiesen, daß in den augusteischen
Lagern außer dem feinen Tafelgeschirr bereits so gut wie alles
Tongeschirr in der Provinz, und zwar nicht etwa im südlichen
Gallien, sondern unmittelbar am Rhein angefertigt ist. wenn
man auch mit Recht annehmen wird, daß es hier zunächst die
im Gefolge der Legionen zugewanderten Fremden waren, die
in der Provinz in ihrer weise arbeiteten und römische Technik
an den Rhein verpflanzten, so ist auf der anderen Seite doch auf-
fallend, wie rasch auch im Innern der Provinz das einheimische
nach alter Weise hergestellte Tongeschirr verschwindet. Anfangs
enthalten die Gräber — in den entlegeneren Gebirgsgegenden
wie etwa im Hochwald natürlich länger — noch eine Menge
handgeformter grober Töpfe, neben denen hier und dort ein-
mal ein römisches Gefäß erscheint. Aber bald kehrt sich das Ver-
hältnis um, erscheint nur vereinzelt noch einmal ein barbarischer
Tops neben dem römischen Grabinventar. Und endlich ver-
schwindet das barbarische Handwerk. Spurlos verschwindet es
freilich nicht. Wer die Keramik der früheren Kaiserzeit in unseren
rheinischen Museen genauer studiert, wird bald erkennen, daß
zwar einzelne Formen und Techniken rein römisch sind, daß
aber andere in interessanter weise römische und einheimische
Elemente mischen. Ich will da namentlich aus die sogenannten
belgischen Gefäße Hinweisen (Taf. 4). Sie sind in der Gallia
Lelgica und am Rhein gemacht und von dort auch in die an-
grenzenden Teile des übrigen Gallien, aber immer mehr ver-
einzelt, exportiert worden. Gewiß sind auch bei ihrer Her-
stellung in erster Linie die Eingewanderten beteiligt und erklärt
sich so, daß sie gerade in den genannten Landschaften auftreten,
wo die Zuwanderung durch das Heer oder, wie in Trier, durch
die Koloniegründung eine besonders starke war. Diese belgischen
Gefäße sind natürlich auf der Drehscheibe gearbeitet, aus sehr
fein bearbeitetem Ton und sehr dünnwandig. Ihre Formen
knüpfen teilweise an die römischen an; Sigillatagefäße werden
bei einer Anzahl von ihnen, wie bei den Tellern, den Tassen,
 
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