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Warlich-Schenk, Brigitte; Landesamt für Denkmalpflege Hessen [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Hessen: Kreis Kassel: T. 1 — Braunschweig: Vieweg, 1988

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https://doi.org/10.11588/diglit.48766#0089
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Calden
Calden
Geschichtliche und bauliche Entwicklung
Calden liegt in einer flachen Niederung am Suderbach. Erstmals urkundlich erwähnt wurde der Ort als Caldun in
dem ältesten Helmarshäuser Register im frühen 12. Jh. Danach gehörten in Calden fünfeinhalb Hufen dem Kloster.
1183 bis 1190 erwarb auch der Mainzer Erzbischof Conrad im Ort ein Gut (Predium).Im 13. Jh. wurden hier freie Bau-
ern ansässig. So ist z. B. ein Geschlecht derer von Calden in der 2. H. des 13. Jh. nachweisbar. Das mainzische Dorf
wurde 1303 an Graf Otto v. Waldeck verpfändet. 1313 löste man die Jurisdiktion wieder ein. 1315 übertrug man den Ort
u. a. an den Ritter Rabe von Canenberg. 1358 geriet es als Pfand an Heinrich v. Hahnstein.
Das seit dem hohen Mittelalter in Calden angesiedelte Gaugericht wurde 1384 mit dem in Hofgeismar vereint.
Um 1400 plünderten der hessische Landgraf, Otto v. Braunschweig und Göttinger Bürger das Dorf. In der Folgezeit
geriet es allmählich immer mehr unter hessische Oberhoheit. Erst 1383 wurde das Pfandrecht des hessischen Land-
grafen vom Mainzer Erzbischof in erblichen Besitz umgewandelt.
1325 wurde erstmals ein Pleban (Pfarrgeistlicher) genannt. Außer der Pfarrkirche S. Johannes Bapt. befand sich in
Calden noch eine Kapelle S. Nicolai, die auch unter dem Namen „Rodenkirche“ oder „Rote Kapelle“ bekannt ist. Sie
stand unter dem Patronat der Herren von Pleste; diese liehen es den Kroppen und ab 1531 den Nordecks. Seit 1583
war das Patronat mainzisches Lehen. Die Pfarrkirche S. Johannis Bapt. stand unter dem Probst von Hofgeismar. Ihr
Patronat war mainzisches Lehen der von der Maisburg und der Wölfe von Gudenberg.
Schon in der frühen Neuzeit hatte der Ort eine beachtliche Größe. So gab es 1585 bereits 74 Haushalte. Deren Zahl
wuchs bis 1747 auf 94 Haushalte an. Bis 1895 wuchs die Einwohnerzahl auf 1086. Aus der frühen Zeit der Ortschaft
sind keine Gebäude mehr erhalten. Die wenigen älteren stammen aus dem 17. Jh., die meisten wurden erst im 18. und
19. Jh. gebaut. Zentraler Platz im Ort muß jedoch von jeher die Kirche gewesen sein, die exponiert an der Holländi-
schen Straße gegenüber der Einmündung der Wilhelmsthaler Straße im Ort steht. Die ersten Gebäude des Dorfes
müssen im Bereich um diese Kirche angesiedelt gewesen sein. Abgerückt von diesem Ortskern befand sich vermut-
lich im Süden an der Wilhelmsthaler Straße ein Klosterhof bzw. das Mainzer Gut. Schon vor dem 30jährigen Krieg
hat die Ortschaft eine beachtliche Größe erreicht und expandierte entlang der Holländischen Straße und nach Süden
entlang der Wilhelmsthaler und der Mittelstraße.
Die Wirtschaftsstruktur derZeit um 1800 war durch viele Nebenerwerbslandwirte gekennzeichnet. Daneben bestan-
den weiter Verpflichtungen zu Herrschafts- und Gemeindediensten. Die Zehntscheune bestand bis in das 19. Jh.
Durch das Rodungsverbot war nach 1850 eine Vergrößerung der Feldflur nicht mehr möglich. Dadurch wanderten
viele Ortsansässige aus. Die größeren Bauernstellen wurden immer weniger. Vor allem seit der Einrichtung der Bahn-
strecke von Kassel nach Hofgeismar eröffneten sich neue Verdienstmöglichkeiten für die Bewohner in dem nahe ge-
legenen Kassel.
Heute wird vor allem die Wilhelmsthaler Straße durch große Bauernhöfe, die meist aus traufständigen bäuerlichen
Einhäusern in der Form des Flurquerdielenhauses bzw. Querdielenhauses bestehen, geprägt. In dem zwischen
Wilhelmsthaler Straße und Holländischer Straße abgegrenzten Bereich befinden sich hauptsächlich kleinbäuerliche
Nebenerwebsstellen, Tagelöhnerhäuser und Handwerkerhäuser. Die Holländische Straße hat durch ihre dichte
Bebauung bereits eine städtische Prägung erhalten. Mitten durch die Ortschaft verläuft der Suderbach. Er ist heute
zum großen Teil verrohrt. Ursprünglich verlief er im Norden parallel zur Wilhelmsthaler Straße, ohne daß Flußbett
und Straße voneinander getrennt waren. Ursprünglich befand sich unmittelbar östlich der Kirche das alte Pfarrhaus,
ein biedermeierlicher Fachwerkbau mit fünf Fensterachsen und Mansardwalmdach und mit Zwerchhaus über dem
Eingang. Es wurde zugunsten eines modernen Kindergartens abgebrochen. Das gleiche gilt für das um 1700 am Alt-
markt erbaute alte Grebenhaus, das 1974 zugunsten eines Supermarktes abgebrochen wurde. Heute bildet der an der
Kasseler Straße errichtete Rathausneubau, der wenig Bezug auf das historische Ensemble nimmt, einen städtebau-
lich markanten Punkt.
Als Zeugnisse dörflicher Gemeinschaftseinrichtungen sind in Calden noch die beiden Backhäuser und die Schmiede
erhalten.
Zu Calden gehörten ursprünglich vier Mühlen, die durch eine im Südwesten der Ortschaft gelegene Teichanlage ge-
speist wurden (Schleifmühle für Werkzeuge und Geräteherstellung, später Töpfermühle, dann Ölmühle bis 1885). Im
Südwesten befindet sich auch das Caldener Steinkistengrab. Die Ortsentwicklung Caldens ist noch im erhaltenen
Ortsgrundriß nachvollziehbar. Der älteste Bereich der Ortschaft befindet sich im Norden im Bereich um die Kirche.
Die von Nord nach Süd verlaufende Wilhelmsthaler Straße wird primär von repräsentativen großvolumigen bäuerli-
chen Einhäusern geprägt, während sich im Osten der Ortschaft hauptsächlich kleinbäuerliche Anwesen und Hand-
werkerhäuser befinden. Daneben besitzt Calden noch eine beachtliche Anzahl handwerklich qualitätvoller Fach-
werkgebäude, die z. T. bis ins 17. Jh. zurückreichen, die Zeit nach dem Brand von 1672, dem 25 Häuser zum Opferfielen.
Gesamtanlage
Der Ortskern von Calden ist deshalb als Gesamtanlage im Sinne des § 2 (2)
HDSchG zu bewerten. An ihrer Erhaltung besteht aus künstlerischen, orts- und
siedlungsgeschichtlichen Gründen ein öffentliches Interesse.

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