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ENGEL4VÖLKERS

An den Brodbänken 4, 5, Nordfassaden

Kaufmann Baumbach unter flachem Walmdach
errichtete Wohn-/Geschäftshaus Nr. 1 sugge-
riert aufgrund des hausbreiten Giebels, der
seine klassizistische Charakteristik dem Lünet-
tenfenster und dem Mutuligesims verdankt,
entgegen der traufständigen Anlage eine gie-
belständige Wirkung. Seit ihrem Rückbau 1986
wird die Obergeschosswand wieder durch
sechs Fensterachsen strukturiert, deren Fas-
zienrahmung den originalen Fenstern im zwei-
ten Obergeschoss angeglichen ist. Das zuletzt
1994 neu gestaltete Erdgeschoss erschlossen
ursprünglich asymmetrisch zwei Rundbogen-
portale. Wohl auf das 16.Jh. zurückgehend,
belegt das ehemalige Dielenhaus An den
Brodbänken 3 mit seiner zweigeschossigen
Putzfassade und dem dreieckbekrönten
Steilgiebel, den Gesimsbänder gliedern, einen

tiefgreifenden Umbau derzeit um 1800. Bereits
vor der auch die beiden Dachgeschosse ein-
schließenden Neugestaltung des Innern
1993/94 war die originale Bausubstanz im spä-
teren 19.Jh. (Keller, Dachwerk) und seit den
1950er Jahren gestört bzw. reduziert worden,
zuletzt in den 1970er Jahren, als während des
Neubaus von Nr. 2 die westliche Traufwand
vollständig neu aufgemauert wurde. An das von
Kramern, Leinenkramern und Schneidern be-
wohnte Haus schloss sich ostwärts verschoben
ein Hofflügel (1661i) an, bei dessen Abbruch
1992 zwei bemalte Holzbalkendecken zutage
traten. Die vorwiegend in Rot- und Blautönen
gehaltene des Erdgeschosses, die in Rollwerk-
medaillons Tugendallegorien zeigt, wurde eben-
so wie diejenige des Obergeschosses mit der
Darstellung von drei Jahreszeitenallegorien

innerhalb einer geometrischen Flächengestal-
tung nach ihrer Restaurierung 1994 in die
Gebäude Große Bäckerstraße 27, 31 einge-
baut. An den Brodbänken 5, das am Ende des
18.Jh. zu einem Anwesen mit Nr. 4 vereinigt
war und in der Folge mit diesem hinter einer
traufständigen Fassade zusammengefasst
wurde, gewinnt insbesondere durch den Um-
bau der Gebrüder Matthies Denkmaleigen-
schaft. 1895/96 ließ der hier ansässige Fotograf
Eduard Lühr, dessen Architekturfotografien
wichtige Bilddokumente der Lüneburger
Stadtbaugeschichte darstellen, über dem zwei-
geschossigen Haus zwischen zwei massiven
Giebelscheiben ein im Innern zwei Geschosse
übergreifendes Atelier von 5,70 Meter Höhe
aufführen. Die Besonderheit lag in der feinglie-
drigen linearen Konstruktion der vollständig ver-
glasten Fassade, die durch zwei dünne Eisen-
stützen in drei versprosste Bahnen unterteilt
wurde. Über zwei mittige Schiebetüren war der
inzwischen entfernte, über die gesamte Breite
gelegte Balkon begehbar, der ebenso mit
einem filigranen Eisengeländer abschloss wie
das flach gehaltene, teils verglaste Dach.
Neben diesem in Lüneburg einzigartigen Zeug-
nis späthistoristischer Eisen-Glas-Konstruktion
demonstrieren die durch ihre Höhe aus der
historischen Umgebung herausragenden Häu-
ser Nr. 4 und Nr. 12 die Variationsbreite des
Formenrepertoires der Gebrüder Matthies in
Zeiten des Übergangs von der späthistoristi-
schen zu einer reformorientierten Architektur zu
Beginn des 20.Jh. Von dem einst mit Hinter-
flügel an der Finkstraße und mehreren Buden
üppig ausgestatteten Anwesen An den Brod-
bänken 7 zeugt das ehemalige Dielenhaus. Es
geht zwar auf das 15./16.Jh. zurück, wurde
jedoch bereits Mitte des 19.Jh. durch den
Schlächtermeister Wiswe umgebaut, als es
noch über zwei Ausluchten verfügte.
An den Brodbänken 4. Dreigeschossiges
Wohn-/Geschäftshaus, 1910/11 nach einem
Entwurf von H. Matthies für den Kaufmann Otto
Meissner unter ausgebautem Mansarddach
errichtet. Das Erdgeschoss bereits seit 1958 für
die zuletzt 1995 veränderte Kaufhaus-Passage
unterfangen. Die Fassadengestaltung doku-
mentiert jene Phase der Reformarchitektur in
den beiden ersten Jahrzehnten des 20.Jh., die
sich vorzugsweise an der Baukunst des späten
18.Jh. als letzter Periode vorindustrieller Hand-
werkskunst orientierte. Entsprechend kommt
der Materialkombination aus glatten, roten
Backsteinflächen und scharrierten, gliedernden
Hausteinelementen eine große Bedeutung zu,
während die Traufseiten und der Rückgiebel
schlicht verputzt sind. Der Fassadendekor kon-
zentriert sich auf den über drei Geschosse
leicht konvex vortretenden Erker aus Werkstein
mit strenger Vertikalgliederung der fünf schma-
len Achsen, deren Brüstungsfelder Rollwerk-
kartuschen füllen. Eine zusätzliche Betonung
erfährt die Mittelachse durch ein darüber sitzen-
des Ochsenauge und schließlich den Seg-
mentbogenaufsatz des geschweiften Voluten-
giebels. Im Zentrum des Gebäudes ein quadra-
tischer Lichtschacht von ca. 3 x 3 Metern in
einer Eisenfachwerkkonstruktion, um den sich
die Wohnräume gruppieren. Erschließung über
das am Südende des linksseitigen Flurs gelege-

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