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Sillib, Rudolf [Hrsg.]; Heitz, Paul [Hrsg.]
Einblattdrucke des fünfzehnten Jahrhunderts (Band 10): Einzel-Holzschnitte des fünfzehnten Jahrhunderts in der Kgl. Hof- und Staatsbibliothek München — Straßburg, 1907

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https://doi.org/10.11588/diglit.17235#0014
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am Fuß des Kreuzes liegen Steine. Der Grund des Bildes j vorn offen, empor, während die linke, herabgelassen, ein
ist mit großen phantastischen Blumen ausgefüllt. 391 : 258. i Buch hält. 125 : 87.

(S. 371 a.) Bemalung: braun, graubraun, gelb, rot, j (S. 435a.) Bemalung: gelb, grün, rotlack, rosa, hell-
rosa, weiß, hellblau. Der schwarze Grund ist mit gelben braun. Die rechte Randlinie läuft oben noch 4 mm bis
und blauen fünfblättrigen Rosetten bemalt. Das Ganze ; zum Rand des Blattes weiter, so daß es scheint, als liege
umgibt ein Streifen in Zinnoberfarbe. Das Papier ist mit | hier nur ein Teil eines größeren Blattes vor, welches

feinen Stricheln gerippt, wie man es bei Teigdrucken trifft.
Schwarzer Druck.

Dieser hochinteressante Holzschnitt ist eingeklebt auf
der Innenseite des Vorderdeckels des cod. lat. 2936, eines
starken Folianten, welcher aus der Bibliothek des ehe-
maligen Benediktinerinnen-, seit 1487 Brigittinerinnenklo-
sters Altomünster stammt, darnach aber in der Bibliothek
des Augustinerchorherrenstifts Polling sich befunden hatte.
Aus dem Papstverzeichnis auf Bl. 3 dieser von einer
Hand stammenden Handschrift, einer ganzen Bibel, vor
welcher verschiedene historische Stücke, nach welcher

noch andere Darstellungen enthielt. Schwarzer Druck.

Ist eingeklebt auf Bl. 19v des cod. lat. 20021, eines
handschriftlichen Erbauungsbuches in Kleinoktav, welches
aus Kloster Tegernsee stammt. Das ganze Buch ist in der
Hauptsache von einer Hand geschrieben. Als Schreib-
datum ist von dieser Hand auf Bl. 186 das Jahr 1470
angegeben. Den vorliegenden Holzschnitt hat der Schrei-
ber in vollster Absicht an jene Stelle geklebt, um mit
ihm den Text, welchen er dort einschrieb, in Verbindung
zu bringen. Wir erkennen dies deutlich daraus, daß die
Ueberschrift des Textes: Planctus B. Bernhardi abbatis

des Honorius Augustodunensis Imago mundi eingetragen \ coram crucifixo usw. auf der Vorderseite von Bl. 19

steht, worauf auf der Rückseite der eingeklebte Kruzifixus-
holzschnitt folgt und dann erst Bl. 20 der Text selbst

beginnt: Salve meum salutare usw. Hier haben wir also

ist, ergibt sich, daß die Handschrift zu Lebzeiten des
Papstes Kalixtus III., also 1455—1458, begonnen wurde.
Beendigt wurde die Abschrift der Bibel 1460. Auf Bl. 478
bemerkte der Schreiber: Explicit . . . per manus Jacobi j besonders deutlich einen der Fälle, in welchem die Aus-
plebani in Yserhoven anno lx feria secunda post Viti. lösung des Holzschnittes in jeder Hinsicht eine Verstüm-
Unter Yserhoven dürfte kaum das an der Mündung der melung des Buches bedeuten würde. Aus der obigen
Isar in die Donau gelegene Isarhofen, als vielmehr das in Datierung entnehmen wir das Vorhandensein des Holz-
nächster Nähe von Altomünster befindliche Eisenhofen zu Schnitts im Jahre 1470 und dürfen seine Entstehung wohl
verstehen sein. Der starke Bibelfoliant wird wohl gleich- j in die Zeit von 1460—1470 setzen, während als Her-
zeitig seinen Originaleinband — dicke Holzdeckel mit kunftsland Bayern anzunehmen sein dürfte,
weißem, ornamentbepreßtem Leder überzogen und mit 10 Das Kreuzigungsbild ist das einzige Kunstblatt,
jetzt fehlenden Metallbuckeln beschlagen — erhalten haben ; welches uns in der Handschrift erhalten geblieben ist.
und dieser gleichzeitig oder nicht lange darnach mit dem I An nicht weniger als 13 anderen Stellen waren allem
eigenartigen großen Holzschnitt geschmückt worden sein, ! Anschein nach weitere Kunstblätter eingeklebt, die teils
den man in die Zeit von 1460 setzen darf. Der Holzschnitt J ohne Beschädigung des zu ihnen oder um sie herum
ist kaum ein bayerisches Erzeugnis, sondern mag wohl in geschriebenen Textes bezw. der Rückseite (Bl. 186, 338,
Nürnberg entstanden sein. Die Verwendung des gerippten 341, 348, 349, 386), teils unter arger Verstümmelung der
Papiers scheint darauf hinzudeuten, daß der Eindruck ; Texte (Bl. 53, 56, 252, 384) ausgelöst, teils gar ausge-
eines Zeugdruckes hervorgerufen werden sollte, während ; schnitten worden sind (Bl. 52, 196, 313), so daß der
die Bemalung mit der braunen Farbe eine gewisse Aehn- j Text der Rückseite mitging! Wann diese vandalistische
lichkeit mit einem Teigdruck erzeugt. Es besteht dem- j Beschädigung — ich finde keinen anderen Ausdruck —
nach ein merkwürdiger Zusammenhang dieses Holzschnitts ! stattgefunden hat, kann ich nicht feststellen. Vielleicht be-
mit anderen Techniken aus der Inkunabelzeit der graphi- i finden sich in irgendwelchen Sammlungen Blätter, an
sehen Künste. denen noch Textreste dieser Handschrift sichtbar sind.

Wie schön wäre es an und für sich, wenn die Kunstblätter
6. Christus am Kreuz f mit Maria und sich noch in der Handschrift befinden würden, und wie
Johannes. Der Heiland mit der Dornenkrone und Len- j erwünscht für die kunstgeschichtliche Würdigung der
dentuch, am Haupt einen Nimbus, der mit einem ge- jetzt vielleicht zerstreut und einzeln umherliegenden Kunst-
schweiften doppelrandigen Kreuz belegt ist, hängt am blätter, besonders im Hinblick auf die Datierung der
Kreuz, welches oben eine Tafel mit der Inschrift i u r i Handschrift, deren kunstliebender Schreiber offensichtlich
trägt. Links steht Maria, nach rechts gewendet, das Haupt in voller Absicht bestimmte Texte, Hymnen, Gebete usw.
mit dem Manteltuch bedeckt, die Hände vor der Brust J ihnen beigeschrieben hat!
zusammenlegend, das Haupt mit einfachem Heiligenschein

geziert. Mit gleichem Heiligenschein steht Johannes rechts, 7. Christus am Kreuz f mit Maria und

nach links gewendet; er hebt die rechte Hand, nach | Johannes. Der Heiland hängt am Kreuz, mit Lenden-

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