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Schreiber, Wilhelm Ludwig [Bearb.]
Meisterwerke der Metallschneidekunst (Teil 2): Ausgewählte Schrotblätter aus öffentlichen Sammlungen und Bibliotheken in Berlin, Darmstadt, Erfurt, Halle a. S., Leipzig, London, Münster i. W., Oxford, Straßburg i. E., Ulm, Wittenberg, Würzburg, Zürich — Straßburg: J.H. Ed. Heitz (Heitz & Mündel), 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.61936#0055
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63. Krönung Maria.
Unter einem Baldachin, dessen Vorhänge von zwei
Engeln zurückgeschlagen werden, sitzen auf reich ge-
schnitztem Gestühl Gottvater und -Sohn. Während er-
sterer die Rechte segnend erhebt, setzt der andere der
Mutter die Himmelskrone auf. Sieben Engel mit Musik-
instrumenten, Kerzen, Gesangbüchern und einem Weih-
rauchfaß umgeben die Szene.
Wir haben es hier, wie schon Geisberg in der Vor-
rede zu Tf. 69 des 22. Bandes dieser Sammlung bemerkt
hat, mit einer Arbeit des Meisters «au fond maille» zu
tun, obschon das sonst so charakteristische Merkmal des
schuppenartigen Hintergrundes fehlt. Man bemerkt aber
neben sonstigen Kennzeichen dieselben kleinen Schrot-
punkte wie auf dem folgenden Blatt und auch der Mantel
Gottvaters ist genau so behandelt wie dort der Mantel
des Erzengels. Das schon durch seine Größe bedeut-
same Blatt macht den Eindruck, als ob es nach einem
Gemälde kopiert sei.
Daß unser Metallschneider in Oberdeutschland tätig
war, ergibt sich aus dem deutschen Text der «Zehn Ge-
bote» (Sehr. 2756), auch das ihm zugeschriebene, in Bd. II
der Einblattdrucke der Hofbibliothek zu Wien Nr. 116
abgebildete Blatt hat deutschen Text. Größe 394 : 268.
Sehr. 2436. Oberdeutsche (fränkische?) Arbeit um
1470.
Bemalung: Lackrot, gelb, spahngrün, mennige (fast
orange), grauschwarz, blau. Nimben: gelb, rot und grün.
64. HI. Michael.
Der Engel tritt mit dem rechten Fuß den Satan nie-
der, der die Gewichtsschale der Seelenwage herabzu-
zerren sucht.
Dieses Blatt trägt so ziemlich alle Kennzeichen, welche
für die Arbeiten des Meisters au fond maille charakteri-
stisch sind: zunächst den maschenartigen Hintergrund,
der wohl Wolkenbildungen vorstellen soll, dann die
Säulen-Umrahmung, die oben in weißes Astwerk auf
schwarzem Grunde verläuft und die wir in gleicher Weise
auf einem Madonnenbild (Sehr. 2483, abg. Wiener Ein-
blattdrucke II, Tf. 29), sowie verkleinert auf einer hl. Drei-
einigkeit (Sehr. 2439, abg. auf Tf. 10 in Bd. 13 der Heitz-
schen Sammlung) und auf einer Madonna (Sehr. 2491,
abg. auf Tf. 24 in Bd. 26 dieser Sammlung) wiederfinden,
drittens die eigenartige Form des D, das in der Wirk-
lichkeit nur ein auf den Kopf gestelltes C ist und dem
wir auf mehreren Blättern unseres Meisters begegnen,
und endlich die starren, seelenlosen Augen der darge-
stellten Figur, die auf dem vorhergehenden Blatt sich
noch deutlicher bemerkbar macht. Im allgemeinen sind
die Arbeiten dieses Metallschneiders zwar etwas roh,
aber doch kräftig und ausdrucksvoll.

Außer kleinen Schrotpunkten hat bei unserem Blatte
nur eine Stern-Punze Verwendung gefunden, die sich
nebelhaft auf dem Mantel des Erzengels bemerkbar macht,
aber an der Deckplatte des Knaufes beider Säulen deut-
lich erkennen läßt. Die ganze Platte ist weiß aus dem
schwarzen Untergrund herausgearbeitet. Größe 240:172.
Sehr. 2709. Oberdeutsche Arbeit um 1470—80.
Bemalung: Blau, zinnober, ockergelb, lackrot, grün.
65. Die hl. Dreieinigkeit.
Der thronende Gottvater hält das Kreuz, an das der
Gottessohn genagelt ist, und zwischen den Köpfen beider
hat sich der hl. Geist in Form einer Taube niederge-
lassen Zwei übergroße Engel schweben betend zu den
Seiten.
Dieses Blatt gehört zweifellos zu den wirkungsvoll-
sten Metallschnitten des letzten Viertels des 15. Jahrhdts.,
und zwar ist diese Wirkung hauptsächlich dadurch er-
zielt, daß die Umrisse der einzelnen Figuren durch eine
starke schwarze Umrandung von dem Hintergründe ab-
gehoben werden, was sich besonders bei den Gesichtern
der Engel bemerkbar macht. Unbedingt von der gleichen
Hand stammt der hl. Hubert (Sehr. 2662; abg. Wiener
Einblattdrucke II, Tf. 43), der nicht nur dieselbe starke
Konturlinie, sondern auch den gleichen schwarzen Stern-
himmel mit Schäfchenwolken aufweist, und die gleiche
Wolkenbildung begegnet uns auch auf dem hl. Franzis-
kus (Sehr. 2625). Allerdings sehen wir sie in ziemlich
ähnlicher Weise auch auf der Marter der hl. Katharina
(abg. Wiener Einblattdrucke II, Nr. 116), doch dürfte
dieses Blatt, wie ich schon bei der Tf. 63 bemerkte,
einem anderen Künstler zuzuschreiben sein.
Ich habe bereits bei der Tafel 5 des ersten Teils
hervorgehoben, daß sich auf einzelnen Blättern aus der
Werkstatt des «Jesus in Bethanien» die starke schwarze
Umrandungslinie als besonderes Kennzeichen bemerkbar
macht, und wir dürfen wohl ohne Bedenken auch das
vorliegende Blatt als ein Erzeugnis dieser Werkstatt be-
trachten. Die Entstehungszeit ist kaum vor 1480, eher
später anzusetzen. Größe 238:178.
[Bei Sehr, als 2439 b einzureihen.] Niederländischer
Metallschnitt um 1480.
Bemalung: Braunes lackrot, gelb, grün, dunkelbraun.
66. Der hl. Christoph.
Der Heilige mit dem Jesuskind auf den Schultern
schreitet durch ein mit Fischen und Schiffen belebtes
Wasser nach rechts, wo der Einsiedler am Ufer mit
einer Laterne in der Hand ihn erwartet.
Das Format und der tapetenartige Hintergrund stim-
men fast völlig mit der auf Tf. 19 des ersten Teils ab-
gebildeten hl. Katharina überein, doch ist im übrigen die

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