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Schreiber, Wilhelm Ludwig [Bearb.]
Meisterwerke der Metallschneidekunst (Teil 2): Ausgewählte Schrotblätter aus öffentlichen Sammlungen und Bibliotheken in Berlin, Darmstadt, Erfurt, Halle a. S., Leipzig, London, Münster i. W., Oxford, Straßburg i. E., Ulm, Wittenberg, Würzburg, Zürich — Straßburg: J.H. Ed. Heitz (Heitz & Mündel), 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.61936#0054
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BERLIN.
KUPFERSTICHKABINETT DER MUSEEN.

62) Anbetung der hl. drei Könige.
Wenn auch Mittelbild und Rahmen dieses Blattes
wohl zweifellos der gleichen Werkstatt entstammen und
auch die Zeichnung für beide von derselben Hand her-
rühren dürfte, so kann man das Mittelbild im Vergleich
zur Umrahmung nur als die Pfuscharbeit eines wenig be-
gabten Gehilfen bezeichnen. So sehr sich die Behand-
lung des Haares der Jungfrau auf der «Anbetung der hl.
drei Könige» von der Darstellung oben rechts unter-
scheidet, so sehen wir die kleinen Schrotpunkte auf Mit-
telbild und Rahmen in ganz gleicher Weise verwendet;
dagegen ist an dem Altar oben links auch noch ein Li-
lien- und ein Rosenmuster zur Ausschmückung verwendet.
Diese beiden Punzen sind schon bei Molsdorf (Die
Bedeutung Kölns für den Metallschnitt*, S. 26) als cha-
rakteristische Merkmale einer Kölner Formschneiderwerk-
statt abgebildet, der ich die Bezeichnung «Werkstatt der
Kirchenväter-Bordüre» geben möchte. Es wird von ihr
weiterhin bei den Tafeln 67, 68, 79, 101 und 102 die
Rede sein und ich werde dort noch weitere Gründe an-
geben, daß diese Werkstatt in Köln tätig war.
Nun unterliegt es aber keinem Zweifel, daß die Um-
rahmung unseres Blattes von der gleichen Hand herrührt
wie der «Kalvarienberg» Sehr. 2338 (abg. Die Einblatt-
drucke des XV. Jahrhdts. in der Hofbibliothek zu Wien,
Bd. II Nr. 70). Von diesem Metallschnitt gibt es aber
noch einen zweiten Zustand**, der von derselben Bor-
düre umrahmt ist wie die Tafeln 5, 11 und 12 in Teil I
der «Meisterwerke der Metallschneidekunst». Diese Bor-

* Heft 114 der „Studien zur deutschen Kunstgeschichte“,
Straßburg, J. H. Ed. Heitz, 1910.
** Eine Abbildung wird Teil III der vorliegenden Sammlung
bringen.

düre gehörte der Werkstatt des «Jesus in Bethanien»,
und man möchte vermuten, daß sie in den Niederlanden
beheimatet war, da ihre Erzeugnisse zum Teil nach Sti-
chen des Meisters von Zwolle kopiert sind. Auch die
Umrahmung des uns jetzt beschäftigenden Blattes scheint
dafür zu sprechen, denn die meisten Szenen erinnern leb-
haft an die Bilder der Biblia pauperum: Da erscheint
oben links Gottvater im brennenden Busch und daneben
Aaron vor dem Altar mit dem Blätter treibenden Stab
in gleicher Auffassung wie auf dem zweiten Blatt der
Armenbibel, während die darunter befindliche Darstellung
von Gideons Berufung zum Richter dem ersten Blatt die-
ses Blockbuches entspricht. Gegenüber ist Moses’ Be-
rufung dargestellt, die zu Gottvater im brennenden Busch
gehört. Unten endlich sind Abraham und Isaak ähnlich
wie auf Blatt 24 und 25 der Armenbibel dargestellt.
Während also die «Werkstatt des Jesus in Betha-
nien» anscheinend in den Niederlanden ansässig war,
sprechen sehr gewichtige Gründe dafür, daß die «Werk-
statt der Kirchenväter-Bordüre» ihren Sitz in Köln hatte,
und doch müssen, wie das vorliegende Blatt beweist,
beide in enger Verbindung miteinander gestanden haben.
Das Blatt, das auf einem gleichzeitigen Buchdeckel
aufgeklebt ist, kann nach Technik und Faltenwurf frühe-
stens um 1475 entstanden sein. Bildgröße 163:113,
Bordüre 358 : 262.
Sehr. 2205. Niederländischer (?) Formschnitt um
1475—84. Auf dem Mittelbilde ist mitten oben der Kopf
eines Nagels bemerkbar, mit dem die Metallplatte auf
einen Holzfuß befestigt war.
Bemalung: braun, lackrot, goldgelb, grün, blaßbraun;
der Raum zwischen Rahmen und Mittelbild ist gelb aus-
gemalt.

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