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Heitz, Paul [Hrsg.]; Ameisenowa, Zofia [Bearb.]
Einblattdrucke des fünfzehnten Jahrhunderts (Band 69): Einblattdrucke des fünfzehnten Jahrhundert in Polen: Holz- und Metallschnitte in den Bibliotheken zu Gołuchów, Krakau, Lemberg, Lublin, Płozk, Thorn und Warschau — Straßburg, 1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.30131#0025
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breiten, schwarzen Rand. Außer der von Leidinger be-
schriebenen besitzt die Wiener Hofbibiiothek eine Folge
von 32 Blättern (Schr. 2172, 47 x 35 mm), welche aus
derselben Werkstatt, wie der Krakauer hl. Augustin, her-
vorgegangen ist. Lehrs beweist an verschiedenen Stellen
seines «Katalogs», daß der Autor der beiden Metallschnitt-
Folgen die Kupferstiche der Meister der Berliner Passion

und mit den Blumenrahmen, von welchem er sich auch
die Bordüre ausborgte, kopierte. Außer den oben ange-
fiihrten Metallschnittgruppen gehören hier im nahen Zu-
sammenhang die hl. Hieronymtis und Gregor (Schr. 2656,
Stix 124 und Schr. 2685, Stix 126), der dritte wäre unser
hl. Augustin. Die drei Blätter bildeten mit dem verlore-
nen Ambrosius die Folge der Kirchenväter.

II. BIBLIOTHEK DES CZAPSKI-MUSEUMS.

26. Krönung der hl. Jungflrau durch Gott-
vater und Christus. Holzschnitt.

264 x 194 mnt. Unbeschrieben.

Reproduziert bei Kopera: «Muzeum Narodowe w
Krakowie», Kraköw 1923, Bd. I, Nr. 19.

Eingeklebt in eine Inkunabel, gedruckt imjahre 1476
von Johann von Padcrborn zu Löwen. Es ist eine äußerst
seltene Virgilausgabe. Der Band stammt aus einer Kra-
kauer Klosterbibliothek und ist in Polen seit Anfang des
XVI. Jahrhunderts nachweisbar.

Farben: der Thron hellgelb, Mantel der Maria kar-
min, das Futter gelb, Mantel des Uottvaters heilgrün,
Mantelfutter Christi gelb.

Auf dem um eine Stufe erhöhten Thronsessel mit
vergitterter und von zwei Fialen flankierter Lehne sitzt in
der Mitte die Madonna mit den auf der Brust gekreuzten
Händen, mit aufgelöstem Haar, in einen weiten, faltigen
Mantel gehüllt. Links Gottvater in einer Tiara und rechts
Christus in einer hohen, gewöibten Krone, drücken aufs
Haupt der hl. Jungfrau die Krone, von welcher drei hohe
und zwei niedrige Zacken sichtbar sind. In der Mitte
oben, unter einer Bandwolke, schwebt mit dem Kopfe
nach unten die Taube des hl. Geistes auf einem Strahlen-
bündel. Kreuznimben.

Das großzügig und weich gezeichnete, energisch ge-
schnittene Blatt, mit verschwindend wenig Schraffierung,
hell und zart koloriert, steht auf einem recht hohen künst-
lerischen Niveau. Die Gesichter sind eindrucksvoll, das
der Maria weist ein iängliches Oval auf, mit auffailend
kleinem Mund, schweren Lidern und der sehr charakte-
ristischen Doppellinie ant Nasenriicken. Die Falten sind
fließend und schwungvoll gezeichnet. Der harmonische
Rhythmus der meist vertikal parallelen Linien, die strenge
Frontalität und Symmetrie verleihen dcm schönen Blatte
eine monumentale und ruhige Wiirde. Dieser Holzschnitt,
in dern noch nichts von der späteren Kleinlichkeit und
Hausbackenheit zu spiiren ist, scheint um 1460 entstan-

den zu sein. Was seine Lokalisierung anbelangt, so läßt
sich dariiber nichts entscheidendes sagen. Im heutigen
Stand der Wissenschaft besitzen wir noch keine ein-
schlägigen Kriterien fiir die einwandfreie Lokalisierung
der friihen Graphik. Die nationaten Riicksichten spielen
in der noclt so objektiven Forschung keine geringe Rolle
und so muß man die Attributionen sowohl Bouchot’s und
Delen’s, wie auch die der deutschen Gelehrten nur mit
äußerster Vorsicht und Fragezeichen annehmen, denn gar
manche Lokalisierung ist die Frticht eines überinäßigen
Patriotismus.

Das beschriebene Blatt könnte sowohl oberdeutsch
als auch niederländisch sein. So manches spricht für
die letzte Annahme: der Fundort, ein Löwener Druck,
der Gottvatertypus Christi und das Kompositionsschema
im allgemeinen. Auch dieser Umstand scheint für die
Niederlande zu sprechen: nämlich die Figur Christi ist
mit allen Details nacli dem Gottvater auf dem Stiche des
Meisters der Berliner Passion «Die Dreifaltigkeit» kopiert
(Lehrs 37, reproduziert bei Geisberg: «Anfänge des Kupfer-
stiches», Taf. 64). Auch die ganze lichte Kolorierung in
hellgrün, hellgelb und fast rosa karmin bestärken in der
Zumutung, daß es sicli um ein niederländisches Produkt
handelt.

27. Maria das Kind nährend. Holzschnitt.

272 x 185 mm. Fehlt bei Schreiber.

Reproduziert bei Kopera: «Muzeum Narodowe w
Krakowie», Kraköw 1923, Nr. 17.

Ziemlich schlecht erhalten. Eingeklebt in dieselbe
Virgilausgabe, wie das vorher beschriebene Blatt.

Farben: Kleid der Madonna rosa, das Haar hellgelb,
die Ballustrade grün, der Nimbus und das Wolkenband
teilweise zinnober.

Das Blatt wurde später an manchen Stellen nach-
koloriert und nachgezeichnet.

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