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Eberlein, Kurt Karl; Friedrich, Caspar David
Caspar David Friedrich der Landschaftsmaler: ein Volksbuch deutscher Kunst — Bielefeld, Leipzig: Verlag von Velhagen & Klasing, 1940

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https://doi.org/10.11588/diglit.62658#0056
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Denn von innen heraus muß der Brunnen fließen, der sonst leer isi. Der Seelenmensch ist kein
Verstandesmensch, weil „nur der Mensch, seinem Gefühle überlassen, sich selbst bilden kann".
„Was aber die ahnend suhlende Seele sucht und recht in jedem Bilde zu stnden verlangt", isi
nur Beseelung. Vom Wert der Seele hängt auch das Kunstwerk ab, denn „es kann nur aus
einer reinen Seele ein wahrhaftes Kunstwerk hervorgehen". Das alte Märchen vom unmora-
lischen Künstler, der bei seinem Talent auch ein Lump oder ein Verbrecher sein dürfe, war immer
unwahr. Noch nie war ein unedler und seelenarmer Mensch ein Künstler, auch wenn er Akademie-
direktor wurde. Die reine, kindlich unbewußte Seele hat ihre Kunst nie gewollt, aber immer
gemußt und konnte deshalb ihre einsame Mustk für alle singen und wie Nietzsches Gondellied
fragen: „Hörte jemand ihr zu?"
Wenn es wirklich drei verschiedene Künstlerarten gibt: Schmücker - Darsteller - Dichter,
so ist der Seelenkünstler immer Dichter. Einer, der „das Geheimnis" besttzt, jenes rätselhafte
Geheimnis, das der Grieche Platon als den holden Wahnstnn der Musen deutete, weil durch
Kunst allein noch keiner ein Dichter geworden sei. Denn der Besonnene sei ungeweiht, nicht aber
jener Wahnstnnige. Platon hat für immer und wunderbar recht: Durch Kunst allein war noch
keiner ein Künstler! Versteht man nun die Mustk dieser Kunstseele? Versteht man nun, warum
der einsame Friedrich, der den Besonnenen wie ein Trunkener, wie ein Wahnstnniger der Musen
erschien, warum dieser Dichter auch eine Reihe von Nkustkbildern plante, von denen einige
Zeichnungen erhalten sind, wie „Die Harfenspielerin", deren Altanmustk zum gotischen Dom wird,
wie „Der Dichter", der mit der Laute unter Blumen träumt, während oben seine Mustk als
schimmernde Orgel mit anbetenden Engeln das ewige Licht verehrt? (Abbildungen 10, 11.) Ver-
steht man nun die gemalte Mustk dieser schauenden Seele, die immer sang, wo die andern nur
redeten?
Landschaft
V hilipp Otto Runges weitblickendes Wort: „Es drängt sich alles zur Landschaft" hatte
stch zuerst an ihm selbst erfüllt. Noch ehe er 1810 in Hamburg die Augen schloß, hatte
er 1807 in seinem „Christus aus dem Meer" und 1809 in der letzten Fassung seines
Bildes „Der Morgen" die neue nordische Landschaft gemalt. Fast gleichzeitig hatte sein Freund
Caspar David Friedrich seinen Landschaftsaltar für Schloß Tetschen geschaffen. Der einzige Erbe
dieser großen Idee der deutschen Seelenlandschast war seit 1810 Friedrich. Von dem Werdegang
der deutschen Landschaft ist kurz zu sprechen, um den Höhepunkt in Friedrichs Landschastskunst
klarer zu sehen.
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