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Ehmer, Hermann; Stadtarchiv <Schwäbisch Gmünd> [Hrsg.]
Geschichte der Stadt Schwäbisch Gmünd — Stuttgart, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.42374#0475
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Schwäbisch Gmünd von 1894 bis 1945

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nahezubringen. Auch in der Musikerziehung leistete das Gmünder Seminar Bedeu-
tendes. Namhafte Musiker haben hier ihre Ausbildung erfahren, darunter der Kom-
ponist Hugo Herrmann. Unter den Musikpädagogen ist Theodor Wekenmann her-
vorgetreten, dessen Orgelkunst unvergessen ist; er hat die Lieder zum Geigerspiel
von 1927 vertont. So hat das Gmünder Seminar in den Jahrzehnten vor und nach
dem Ersten Weltkrieg Tüchtiges geleistet. Was es den damaligen Lehrern mitgab,
war einfach, erprobt und klar.
Die Weimarer Republik hat auf dem Felde der Lehrerbildung nichts grundlegend
Neues geschaffen. Wohl gab es Pläne, die Volksschullehrerausbildung anzuheben
und sie auf eine hochschulmäßige Grundlage zu stellen, doch die Absicht scheiterte
am Veto des Finanzministers. Es blieb bei der seminaristischen Ausbildung. Leh-
rerüberschuß und Stellenmangel kennzeichneten die Lage. So lag zum Schluß eine
große Unsicherheit über den Lehrerseminaren und ihrer Zukunft. Das Dritte Reich
hat sie dann auf kaltem Weg beseitigt. Gegen das Gmünder Seminar ging man dabei
mit besonderer Härte vor. Gmünd war bei den neuen Machthabern ohnehin schlecht
angeschrieben. Dazu kam, daß das evangelische Landeswaisenhaus in Ellwangen sei-
ne Unterkunft für die SS freimachen mußte. Man mußte es also anderweitig unter-
bringen, und so verfügte man kurzerhand die Aufhebung des Gmünder Seminars
und die Verlegung der noch vorhandenen Klassen nach Rottweil. Das Landeswai-
senhaus kam dafür nach Gmünd. Dieses brüske Vorgehen löste in der Bürgerschaft
tiefe Erregung aus. Als die Seminaristen am Abend des 9. Februar 1934 von Gmünd
wegzogen, begleitete sie eine große Menschenmenge auf den Bahnhof. Damit war
die über 100 Jahre alte Lehrerbildung in Gmünd jäh abgebrochen. Beendet wurden
durch das Dritte Reich auch die Volksbildungsbestrebungen in der Weimarer Zeit,
die 1919 verheißungsvoll begonnen hatten. Der Erwachsenenbildung nach dem
Ersten Weltkrieg wies Theodor Bäuerle mit seinen Tagungen auf der Comburg die
Wege. In Gmünd entstand ein Volksbildungsverein, der zunächst von Dr. Pohlham-
mer geleitet wurde. Später übernahm ihn Dr. Hermann Erhard, wie sein Großvater
Julius Erhard allem Schönen zugetan. Für das Bildungswerk stellte sich eine Reihe
von Gymnasiallehrern zur Verfügung. Man veranstaltete Dichterlesungen und lud
nach Gmünd ein, was Rang und Namen im Geistesleben des Landes besaß.93 Der
Volksbildungsverein hatte sein Heim auf dem Zeiseiberg in der Kriegergedächtnis-
stätte der Stadt. Dort baute er auch mit den bescheidenen Mitteln, die ihm zur Ver-
fügung standen, eine Volksbücherei auf, die lange Jahre hindurch von Oberlehrer
Seitz betreut wurde.
Wir kommen nun zum Vereinsleben in der Weimarer Zeit. In getrennten Veranstal-
tungen begrüßten die beiden großen, oft miteinander rivalisierenden Gesangvereine
Liederkranz und »Brüssler« ihre aus dem Feld zurückgekehrten Sangesbrüder. Zu
 
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