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Ehmer, Hermann; Stadtarchiv <Schwäbisch Gmünd> [Hrsg.]
Geschichte der Stadt Schwäbisch Gmünd — Stuttgart, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.42374#0479
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Schwäbisch Gmünd von 1894 bis 1945

397

nete Rabbiner Dr. Kroner aus Oberdorf das Gotteshaus als eine Stätte des Lichtes,
der Freude und des Rechts und als Eingangspforte zum Himmel.103
In den Jahren der großen Krise 1929 bis 1933
Die Gmünder Hauptindustrie hatte sich von der Krise 1925/26 kaum erholt — das
Jahr 1928 war vom Umsatz her das beste während der Weimarer Zeit —, als im
Gefolge des New Yorker Börsenkrachs 1929 die große Krise hereinbrach, die alle
Industrienationen traf, besonders aber Deutschland.
Schwäbisch Gmünd hatte unter der Weltwirtschaftskrise am schwersten zu leiden.
Es leuchtet ohne weiteres ein, daß eine Silber- und Schmuckwarenindustrie nahezu
zum Erliegen kommt, wenn in einem Staat Millionen von Menschen arbeitslos sind
und um ihre Existenz bangen müssen. Aus dieser Lage heraus ergibt sich auch ein
unmittelbarer Zusammenhang zum Aufstieg des Nationalsozialismus in Deutsch-
land. Zu der fehlenden Nachfrage im Inland kam, daß der Export zurückging, von
dem Gmünd immer auch gelebt hat: Rund ein Drittel der Erzeugung ging 1928 in
den Export, 1932 nur noch 24 Prozent, im Dritten Reich dann noch weniger.104 Am
stärksten illustriert den Rückgang der Gmünder Hauptindustrie die Entwicklung der
ausbezahlten Löhne und Gehälter einer bestimmten Anzahl von Betrieben in den
Jahren 1925 bis 1932. In diesen Betrieben belief sich die Lohn- und Gehaltssumme
1925 auf 4,8 Millionen RM, 1929 betrug sie 5,5, 1930 4,3, 1931 2,7 und 1932 1,8 Mil-
lionen RM.105 Kein Wunder, daß die Einwohnerzahl der Stadt rückläufig war: Die
Volkszählung am 16. Juni 1933 ergab eine Einwohnerzahl von 20 131 Personen in
der Stadt, das sind 307 weniger als bei der Volkszählung 1925.
Rückgang der Zahl der Beschäftigten, Massenarbeitslosigkeit, kaum Aussicht für die
schulentlassene Jugend, einen Arbeitsplatz zu finden, Kurzarbeit mit Löhnen, die
unter dem Existenzminimum lagen, kurz Not und Verzweiflung in der Stadt und
ihrem Umkreis bei Tausenden von Menschen: Das waren die Kennzeichen dieser
Jahre. Die Rems-Zeitung schrieb am 4. Januar 1933: »In weiten Geschäftskreisen hat
Verzweiflungsstimmung Platz gegriffen.« Während dann die Krise im Land mit
kräftiger Nachhilfe durch die Rüstungsaufträge des Dritten Reiches rasch überwun-
den war, dauerte es in Gmünd wesentlich länger. Auch in den Konkurszahlen spie-
gelt sich die Entwicklung. Während es bis 1928 jährlich fünf bis sieben Fälle waren,
stiegen die Konkurse 1929 auf 16, 1930 waren es fünf, 1931 20, 1932 acht Konkurse.
Sie betrafen eine Reihe von bekannten Gmünder Firmen.106
Die Arbeitslosenversicherung wurde als letzte große Versicherung im Jahre 1927 im
Reich eingeführt. Im Falle der Arbeitslosigkeit gab es nun - nach mindestens 26
Wochen Beschäftigung zuvor, das war Bedingung - Unterstützung für 24 Wochen,
 
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