Fliegende Blätter (17.1853 (Nr. 385-408))

58 Herr Plemperer im Gebirg.

Plemperer. - „Kann schon sein! Auf der Post haben
wir Mittag gemacht, g'selchte Fleischknöderln, — klein, aber
gut, Wildpret, Händl, — Alles noch ganz honorisch kocht,
und just nicht zu theuer! Gleich außerhalb Holzkirchen, links
an einem Waiderl (Wäldchen), da hat uns der Kutscher den
Haberlhof zeigt, Wissens, das ist die Heimath von denen
Nonnenmachern, von der großen Rauberfamilie, die vor
etliche Jahr so stark ihr Wesen trieben hat und jetzt in Kais-
Heim sitzt. Nachmittags so um zwei Uhr, da sind wir nach

Warngau kommen, da haben wir Pferd' gewechselt und die
zwei Händeln verschluckt und die paar Flaschlen Niersteiner
dazu, die mir meine Alte z'Haus noch mitgeben hat. So
um vier Uhr waren wir in Tegernsee —"

Griesmayer. „Nicht wahr, wie romantisch! Der
schöne, grüne See, die lieben Berge, das stolze Schloß!" —
Plemperer. „Mir sind beim Guggenmos eingekehrt,
Wissens beim Schützenwirth, in sein spannagelneu's schönes
Wirthshaus und haben was Kaltes gessen und ein paar Halbe

dazu trrtnken, so delikat, wie bei uns im Hofbräuhaus. Im
Torf Kreuth, da hat mir's Bier schon minder gut geschmeckt
— kann auch sein, daß mich grad' zu wenig gedurstet hat.
Um sechs Uhr sind wir im Bad angfahren, in Kreuth. Da
waren Ihnen eine Menge, Menge fremde Leute von allen
Weltgegenden — von Ulm und von Leipzig, von Stuttgart
und Dresden, ja sogar bis von Hamburg und noch weiter
her! Der Brandlmayr ist gleich zu seiner Frau gerannt, die
war aber grad mit einer Eselsparthie auf einem Berg oder
wo, und so sind wir halt schön still in's Billardzimmer
hineingsesien und habn z' Nacht gessen. Alles Französisch
kocht, aber gut, und, wenn man von dem halben Ganserl
i eine doppelte Portion gnommen hat, auch genug und ergiebig.

! Das Bier, vom Prinzen seiner Brauerei in Tegernsee, delikat!
Den nächsten Tag, den ich dem Brandlmayer zu lieb noch
geopfert Hab, haben wir Tabldott zu Mittag gessen — gut,

aber nimmer so ergiebig, hat den Brandlmayer seine Frau
gsagt, als ftüher. No, man kann sich ja herausnehmen, so
viel als man will, — um seine 48 kr. beim Serviren!
Nachmittags, da —"

Griesmayer. „Sind Sie auf die Holnsteiner Alpe
hinauf, zu der schönen Sennerin, der Rösl?"

Plemperer. „Ah bei Leib, da röselt sich Nix mehr!
Tie ist nimmer schön, hat uns der Oberkellner gsagt, — mit
der ist's schon lang vorbei! Wissens, in so einem frequen-
tirten Badort — nv ja — inan weiß schon, wie — und
was! hm!"

Griesmayer. „Nun, dann sind Sie wohl ans die
Königsalpe geritten, oder in die romantische Wolfsschlucht
und zu den sieben Hütten gegangen?"

Plemperer. „Na! da Hab ich geschlafen. Vor'm
Brandlmayer Hab ich auch a Ruh gehabt, denn der war
alleweil bei seiner Frau, und da Hab ich mich ein bist re-
staurirt von meinen Strapatzen. Wenn ich mir einmal ein
Pläsir anthue — Wissens — so muß ich auch meine Com-
modität dabei haben können! Gegen Abend haben mich zwar
die Karlsbader - Musikanten und das Geschnatter von dene
Weibsleut vor meinem Fenster ein bisl schenirt, aber dahier
fangt ja der Kupferschmied neben unserm Haus auch schon
in aller Früh zu klempern und zu pempern an, daß mich
so ein Spektakel nimmer leicht aus meinem Schlaf bringt."

Griesmayer. „Wie hat Ihnen denn der schöne Con-
versationssaal gefallen, und der große Molkensaal mit seiner
luftigen Säulenhalle?"

Plemperer. „Da bin ich wirklich überfragt, muß
ich Ihnen sagen! (zur Kellnerin:) Ja Sapperment hinein, .
Kathi, wie steht's denn mit meinem Kalbskopf? — Sehens,
Herr Griesmayer, ich kann alle solche Krankengeschichten für
meinen Tod nicht leiden und geh' ihnen aus dem Weg, wo