Amadeus Blutwurscht.
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Blutwurscht (in Hemdärmeln, an denen größtentheils die Aer-
mel fehlen, tritt auf. Es ist kohlpechrabenschwarze Nacht im Zimmer.)
Stehlen? He! Eigenthum ist Diebstahl, folglich ist Diebstahl
Eigenthum. Punktum! In diesem Schrank ist filbernes Ei-
genthum in Gestalt von Löffeln. Sie find mir verfallen.
Punktum! Hab' ich die Löffel, so mach' ich mich aus dem
Staub, Punktum! Verflucht finster ist es hier. — Endlich
Hab' ich das Schlüsselloch. Nun, Dietrich, zeige Dein Talent.
Des Schicksals Stimme. Hüte Dich vor dem neun-
undzwanzigsten Februar!
Blutw. Neidisches Schicksal, Du gönnst
mir die Löffel nicht. Doch ich will fie haben.
Punktum! (Der Schrank fällt mit großem Geräusch
um.)
Hans (mit einer Mütze des Schlafes auf dem
Kopfe, in's Zimmer stürzend). Diebe! Mörder!
Anna (in einer weißen Haube der Nacht eben-
falls in's Zimmer stürzend). Mörder! Diebe!
Blutw. Ist das Eure Gastfreundschaft?
reaktionäre Lumpen! Was stört Ihr mich in
meinem Beruf? Wer mir zu nahe kommt,
wird abgemurkst, Punktum!
Hans. Gieb die filbernen Löffel von
Dir, oder die Sache wird unangenehm.
Blutw. Unangenehm? Bin ich etwa
hier, um Euch angenehm zu sein? — Rühre
Dich, elender Besitzender, und Du bist des
Todes!
Anna. Du hast Recht, mein Gatte; verachte ihn, wie
ich ihn verachte.
Blutw. Ich habe nicht viel Zeit zu verlieren. Sprich,
wo ist das schnöde Geld?
Anna. Nur über meine Leiche geht der Weg zur
Geldkiste!
Blutw. Ich danke für diese Auskunft. Ich werde gleich
diesen Weg zurücklegen. Steh' still, Weib, damit ich Dich zu
beiderseitiger Bequemlichkeit umbringen kann.
Anna. Lass' Dich erweichen und entsage den Löffeln.
Kannst Du nicht anderswo stehlen?
Blutw. Weib, aus Dir spricht ein böser Dämonius!
— Diese Löffel sagen mir deutlich, daß noch anderes Eigen-
thum im Hause ist. Wo ist das Geld? Wo ist das schnöde
Geld?
Hans. Fremdling, Du wirst zudringlich!
Blutw. Mir das in's Geficht? Auf diese Beleidigung
soll dieser Dietrich Dir antworten. (Stoßt ihn mit dem Dietrich
nieder.)
Hans (umfinkend.) Weh, es scheint mir, daß ich sterbe!
Anna. Himmel, beinahe bin ich Wittwe.
Blutw. Schweige, oder ich mache diesen Umgesunkenen
zum Wittwer.
Hans (sterbend). Ha, noch leb' ich.
Blutw. Du lebst noch? Du wagst noch zu leben? Du
wagst noch zu sagen, daß Du lebst? Blutschwimmender Ster-
bender, stirb! (Stößt ihn noch mehr nieder.)
Hans (sterbend). Elender, dieses Dein Bettagen spricht
mehr gegen Dein Benehmen, als ich je sprechen kann, sprechen
will, sprechen mag.
Anna. Gut! Ich stehe still!
Blutw. Gut! So stirb! (Stößt fie mit dem Dietrich nieder.)
Anna (sterbend). Blutwürschtiger Dietrich, Du hast gut
getroffen. — Ha, was seh' ich? Schrecklich, scheußlich, bei-
nahe fürchterlich! Mörder, höre und bebe! — Du bist mein
Sohn, ich erkenne Dich an der schwarzen Maus an Deinem
linken Arme.
Blutw. Ha! Mehr sag' ich nicht.
Anna (sterbend). Sieh' hier Deines Vaters Leiche!
Hans (sterbend). Noch nicht ganz. — O mein Sohn,
Deine That war sehr voreilig; doch das Schicksal wollt' es
und bedenk' ich es genau, so ist ja am Leben nicht so viel,
daß es fich der Mühe lohnte, vom Tode so viel Aufhebens
zu machen. Sterben ist süß.
Blutw. Lass' Dich in diesem Vergnügen nicht stören.
Anna (sterbend). Sohn, Deine That ist fast kaum zu
verantworten. Doch das Schicksal wollt' es. Ich sterbe.
Hans (sterbend). Zch auch.
Blutw. (gedankenvoll). Und was sonst?
(Schluß folgt.)
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Blutwurscht (in Hemdärmeln, an denen größtentheils die Aer-
mel fehlen, tritt auf. Es ist kohlpechrabenschwarze Nacht im Zimmer.)
Stehlen? He! Eigenthum ist Diebstahl, folglich ist Diebstahl
Eigenthum. Punktum! In diesem Schrank ist filbernes Ei-
genthum in Gestalt von Löffeln. Sie find mir verfallen.
Punktum! Hab' ich die Löffel, so mach' ich mich aus dem
Staub, Punktum! Verflucht finster ist es hier. — Endlich
Hab' ich das Schlüsselloch. Nun, Dietrich, zeige Dein Talent.
Des Schicksals Stimme. Hüte Dich vor dem neun-
undzwanzigsten Februar!
Blutw. Neidisches Schicksal, Du gönnst
mir die Löffel nicht. Doch ich will fie haben.
Punktum! (Der Schrank fällt mit großem Geräusch
um.)
Hans (mit einer Mütze des Schlafes auf dem
Kopfe, in's Zimmer stürzend). Diebe! Mörder!
Anna (in einer weißen Haube der Nacht eben-
falls in's Zimmer stürzend). Mörder! Diebe!
Blutw. Ist das Eure Gastfreundschaft?
reaktionäre Lumpen! Was stört Ihr mich in
meinem Beruf? Wer mir zu nahe kommt,
wird abgemurkst, Punktum!
Hans. Gieb die filbernen Löffel von
Dir, oder die Sache wird unangenehm.
Blutw. Unangenehm? Bin ich etwa
hier, um Euch angenehm zu sein? — Rühre
Dich, elender Besitzender, und Du bist des
Todes!
Anna. Du hast Recht, mein Gatte; verachte ihn, wie
ich ihn verachte.
Blutw. Ich habe nicht viel Zeit zu verlieren. Sprich,
wo ist das schnöde Geld?
Anna. Nur über meine Leiche geht der Weg zur
Geldkiste!
Blutw. Ich danke für diese Auskunft. Ich werde gleich
diesen Weg zurücklegen. Steh' still, Weib, damit ich Dich zu
beiderseitiger Bequemlichkeit umbringen kann.
Anna. Lass' Dich erweichen und entsage den Löffeln.
Kannst Du nicht anderswo stehlen?
Blutw. Weib, aus Dir spricht ein böser Dämonius!
— Diese Löffel sagen mir deutlich, daß noch anderes Eigen-
thum im Hause ist. Wo ist das Geld? Wo ist das schnöde
Geld?
Hans. Fremdling, Du wirst zudringlich!
Blutw. Mir das in's Geficht? Auf diese Beleidigung
soll dieser Dietrich Dir antworten. (Stoßt ihn mit dem Dietrich
nieder.)
Hans (umfinkend.) Weh, es scheint mir, daß ich sterbe!
Anna. Himmel, beinahe bin ich Wittwe.
Blutw. Schweige, oder ich mache diesen Umgesunkenen
zum Wittwer.
Hans (sterbend). Ha, noch leb' ich.
Blutw. Du lebst noch? Du wagst noch zu leben? Du
wagst noch zu sagen, daß Du lebst? Blutschwimmender Ster-
bender, stirb! (Stößt ihn noch mehr nieder.)
Hans (sterbend). Elender, dieses Dein Bettagen spricht
mehr gegen Dein Benehmen, als ich je sprechen kann, sprechen
will, sprechen mag.
Anna. Gut! Ich stehe still!
Blutw. Gut! So stirb! (Stößt fie mit dem Dietrich nieder.)
Anna (sterbend). Blutwürschtiger Dietrich, Du hast gut
getroffen. — Ha, was seh' ich? Schrecklich, scheußlich, bei-
nahe fürchterlich! Mörder, höre und bebe! — Du bist mein
Sohn, ich erkenne Dich an der schwarzen Maus an Deinem
linken Arme.
Blutw. Ha! Mehr sag' ich nicht.
Anna (sterbend). Sieh' hier Deines Vaters Leiche!
Hans (sterbend). Noch nicht ganz. — O mein Sohn,
Deine That war sehr voreilig; doch das Schicksal wollt' es
und bedenk' ich es genau, so ist ja am Leben nicht so viel,
daß es fich der Mühe lohnte, vom Tode so viel Aufhebens
zu machen. Sterben ist süß.
Blutw. Lass' Dich in diesem Vergnügen nicht stören.
Anna (sterbend). Sohn, Deine That ist fast kaum zu
verantworten. Doch das Schicksal wollt' es. Ich sterbe.
Hans (sterbend). Zch auch.
Blutw. (gedankenvoll). Und was sonst?
(Schluß folgt.)
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Amadeus Blutwurscht"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)