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1*0 Amadeus Blutwurscht.

Und mit unendlicher Liebesmüh'
Rücken sie näher und näher;

„O Bruder, stirb' mir nicht zu früh,
Sonst sterb' ich um so eher!"

Sie haben fich mit stiller Glut
In ihre Arme geschlossen,

Und ihre Thränen und ihr Blut
Zn Eins zusammen stoffen.

Sie küssen fich und schau'n fich an
Der Eine und der Ander'

Und lächeln freundlich dann und wann,

Und sterben miteinander. R. Rdt.

Amadeus Blutwurscht.

(Schluß.)

Sabina (bestürzt in's Zimmer stürzend). Was geht hier vor?

Blutw. Diese Neugierde sollst Du mit dem Leben büßen.
(Stößt fie mit dem Dietrich nieder.)

Sabina (sterbend). O das hätt' ich niemals gedacht!
Doch was geht's mich an? Meine Schuld ist cs nicht. Und
mögen gewisse Leute sehen, wie ste cs vor ihrem Gewissen
verantworten können. Zwar hat mir meine Großmutter immer
gesagt, daß ihre Nachbarin, die selige Gumbrechtin, gesagt
hat, daß —

Anna (sterbend). So schweig' doch, wenn die Herrschaft
sterben will.

Blutw. Fast werd' ich ungeduldig! Wie viel Mal soll
man Euch denn unchringen?

Sabina (sterbend). Presfirt's denn so sehr? Gut Ding
will Weile haben, und meine Muhme pflegte zu sagen, daß
ihre Schwiegermutter, die selige Habichtin, zu sagen pflegte —

Hans (sterbend). Schafft mir die Magd aus dem Hause,
sonst bin ich über'S Jahr noch nicht tobt!

Anna (sterbend). Ich schick' Dich aus dem Dienst, wenn
Du nicht auf der Stelle stirbst!

Blutw. Das ist ja nicht zum Aushalten. Sterbt end-
lich einmal oder ich werde fuchswild.

Sabina (sterbend). Aber ich kann's doch nicht über's
Knie brechen! Es macht mir gar kein Vergnügen und ge-
mahnt mich an meinen seligen Ohm, den Stadtpfeiser Lorenzi,
der mir oft gesagt hat, daß er's vom seligen Schulzen Rohr-
bummel gehört hat, der oft gesagt hat, daß Jedermann recht
zu sagen hat —

Blutw. So schwatze Du und der Satan! (Bringt fie
nochmals um.)

Sabina (sterbend). O weh, das thut mir nicht gut.

Eulalia (mit aufgelösten Haaren in's Zimmer stürzend). Ha!
Wer ist der Thäter dieser drei furchcharen Thaten?

Blutw. (kalt, aber gefaßt.) Ich, Eulalia, und kein Anderer!

Eulalia. Blutwurscht, Du? Nicht möglich! Du, Blut-
wurscht?

Anna (sterbend). Er ist's! Es ist Dein Bruder!

Eulalia. Wär's möglich?

Hans (sterbend). Weh, Deines Vaters Mörder ist Dei-
ner Mutter Sohn!

Anna (sterbend). Weh, der Mörder Deiner Mutter ist
der Sohn Deines Vaters!

Sabina (sterbend). Weh, Sabina's Mörder ist der Bru-
der seiner Schwester!

Eulalia. Dieses Blut schreit um Rache.— Furchtbarer
Blutwurscht, diese drei Thaten dürfen nicht ungerochen bleiben.

Blutw. Wo find die Löffel? Wo ist das schnöde Gold?

Eulalia. Ich war Deine Schwester, ohne es zu wissen,
und ich schenkte Dir mein Herz ohne Anstrengung. Du aber
bist Mörder worden, um dann Dieb zu werden. Das ist
gräßlich; das ist gemein; das ist gegen jeden Begriff von An-
stand. Wo Deine Gemeinheit anfängt, hört meine Liebe
auf; und wo Dein Mord aufhört, sängt meine Rache an.
Drum stirb, Blutwurscht, stirb durch Deiner Schwester Hand!
(Sie sticht ihn so lang durch und durch, bis er umfinkt.)

Blutw. (sterbend). Diese That gefällt mir nicht. Ich
hätte noch manches Gute für den kommunistischen Staat stiften
können.

Eulalia. So! Jetzt liegst Du durchbohrt von Deiner
Schwester Hand.

Hans. Du hättest Dir's erst doch überlegen sollen, Eulalia!

Anna (sterbend). Das ist auch meine unmaßgebliche Mei-
nung.

Blutw. (sterbend). Auch die meinige!

Eulalia. Ich konnte dieses wanne Blut nicht mit kal-
tem Blute ansehen. Daß aber nicht gemeiner Zorn zu diesem
Schritte mich bewogen, werdet ihr sehen, nachdem ich folgen-
den Gedanken in mein Album geschrieben haben werde, (schreibt
folgenden Vers in'S Album.)

Es ist der Mensch in seinem dunklen Wahn
Zu etwas Höherem bestimmet,

Und er erreicht's auf seiner Pilgerbahn,

Sobald er fich's nur fest vornimmer.

So jetzt ist mein Werk vollbracht. Dieses Buch gehört
der Nachwelt. Möge fie fich daran erbauen, wenn es ihr
schlecht geht. Ich aber thue den letzten und den schönsten
Schritt. (Nimmt ein Brodmeffer vom Tisch.)

Messer, Du von Erz geschmiedet —

Blutw. (sterbend). Mach' doch nicht so viel Worte, wenn
Du Dich umbringen willst. Du kannst ja vor lauter Silben-
maß nicht zum Erstechen kommen.

Hans (sterbend). Darin hat er nicht so ganz Unrecht.

Anna (sterbend). Wenn cs ihr aber Freude macht?
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