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Aus dem Leben eines PfahlbauerS.

„Etwas feucht und kalt mag's werden im Winter,"
meinte Walbcrl, „aber," setzte sie bei, „das thut nichts

— an Deiner Seite werde ich nicht erfrieren, Du
mußt mir halt eine neue Bärenhaut verschaffen, meine
alte wird so schon schadhaft."

„An der Bärenhaut soll's nicht fehlen, ich brauche
selber für den Herbst, wenigstens auf die Sonn- und
Feiertage ein neues Fell. — Ich werde mir eines nach
der neuen Mode, die unsere Vettern am Bodensee jetzt
haben, anschaffen. Du kennst ja die gestreifte Wald-
katze?" —

So plauderten Toni und Walberl geraume Zeit

— die Sonne tauchte bereits unter und vergoldete nur
mehr die höchsten Spitzen der Berge, da wandten sich
rasch Beider Blicke dem Ufer zu, denn dort brach aus
dem Gebüsche ein Hirsch, dessen Gattung nunmehr
längst ausgcstorbcn ist. Es war ein Fünfzig - Ender,
der sich am Ufer sehen ließ, um einen Abendtrunk
zu thun, gleich als wollte er die ohnehin schon Zwen-

gauerische Landschaft bis zur täuschendsten Aehnlichkeit voll-
enden.

Toni hatte kaum das Thier erblickt, als er aus der
Hütte seine Feuersteinlanze herbciholte und mit sicherem Wurf
den einsamen Wasserzecher mitten in's Herz traf. Hoch auf
bäumte sich das edle Thier, als wollte cö zu einem gewal-
tigen Sprunge ausholen, aber das Herz war mitten entzwei,
cs traten so rasch die nothwcndigcn Folgen der gewaltsamen
Störung des Blutumlaufes ein, daß cs im Sprunge zu-
sammensank und der Tod sein Auge brach. „Die Wunde
war absolut letal," murmelte Toni für sich hin, als er sich
seinem Opfer näherte, „der Tod ist ohne Zwischcnursachc
erfolgt! Ein edles Thierchen, das gibt auf 8 Tage Nahrung
und Walberl versteht die Fünzig-Ender gut herzurichten — das
muß man ihr lassen." Damit lud Toni seine Beute auf
die kräftigen Schultern und die Fcuerstcinlanze in der Rechten
trat er den Rückweg zur Hütte an, welche durch einen schmalen
Steg mit dem Ufer verbunden war.

Walberl hatte indessen aus der in der Hütte sehr zweck-
mäßig angebrachten Küche einige „Küchcnreste" in den See
geschüttet und die aus unglanzirtem Thon mit der Hand
gefertigten Töpfergeschirrc mit klarem Scewasser ausgespült.
(Womit sie die Geschirre abtrockncte, ist der Erzähler anzu-
geben außer Stande, da die Altcrthums- und Naturforscher
bis zur Stunde noch kein „Küchentuch" oder dergleichen auf-
gcfundcn haben, und ihm daranliegt, nie die historische Wahr-
heit zu verletzen.)

„Nun, war'ö der Mühe Werth, Toni?" empfing Walberl
freundlich den Jäger, der seine Beute eben in dem geräumigen
Wohnstübchcn ablud, das mit der Küche in innerer Durch-
gangsverbindung stand.

„Ich dächte, cö lohnt der Mühe um so mehr, als sich
annehmen läßt, daß in wenigen Jahrzehnten diese Hirsck-
gattung gänzlich auSstcrben dürfte und dieselbe zu den schmack-
haftesten zählt. — Gib mir mein Feuersteinmesser, daß ich
das Thier zerlegen kann."

„Dein Messer, Toni, hast du ja anr letzten Sonntage
wie du drüben am Ammcrsee ans der Kirchweihc warst, bei
der großen Schlägerei abgebrochen! ES war ein schönes in'
Griffe feststehendes Messer."

.„Sage lieber, es war eine Waffe im Sinne des Ge-
setzes — mir blutet das Herz, wenn ich an das schöne
Messer denke — du hast Recht, cö ist hin! Die Spitze steckt
vielleicht noch im Schädelbeine meines Gegners — ich habe
den Vorfall ganz vergessen!"

„Willst du dir nicht ein neues Messer Herrichten, fi'll
ich dir den Schleifstein bringen?"

„Morgen, Walberl, morgen, für heute ist cs schon zu
dunkel," crwiederte Toni, „laß uns unser Lager aufsuchcn, dct
Fünfzig - Ender hat mir doch ein wenig warm gemacht/'
und damit streckte sich Toni in seiner ganzen Länge — cr
maß sieben Schuh bayerisch — auf das einfache Lagct
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Aus dem Leben eines Pfahlbauers"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

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Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Speer
Tragen
See <Motiv>
Bild <Motiv>
Trinken <Motiv>
Hirsche <Motiv>
Küchenarbeit
Ehefrau <Motiv>
Küche <Motiv>
Jäger <Motiv>
Karikatur
Beute
Steinzeit
Satirische Zeitschrift
Starnberger See

Literaturangabe

Rechte am Objekt

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Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 42.1865, Nr. 1023, S. 50
 
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