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Maskenball.

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Ein Briefmarken - Sammler.

sis Briefmarken-Albums hcrgerichtct, überschrieben, etiquettirt.
'e Eouverts aller ankommenden Briefe wurden wie Heilig-
Huner aufgehoben, die Marken abgeweicht, präparirt, sortirt
aufgekleistert. Frau Schnepfe! und ihr Schlaberndorfer
erlebten dann am Tage, in den üblichen, passenden Visite-
runden, eine wahre Sündfluth von weiblichen Besuchen, die
r Herrn Oberkellners berühmtes, schaflederncs Album an-
r'chauen begehrten, welche weibliche Liebhaber dann am
"end wieder durch ihre schoppenvertilgenden Männer, Väter
Brüder abgelöst wurden. Der Sieg war vollständig,
ulle Erwartungen groß und gelungen, und das Schla-
'^ndorfer Gastzimmer von nun an wieder von Stamm-
ändern Stadtgästen überfüllt, wie zur Zeit seiner schönsten,
i Ochsten Blüthe.

Und solches Wunder, wer — was hatte es vollbracht? —
Stolz dürft ihr euch diese Frage beantworten, ihr brief-
^urkensammelndcn Leser dieser höchst wahrhaftigen und mcrk-
^ürdigen Geschichte. — Einzig und allein die Markomanie!

Doch noch ein anderes, schöneres Wunder sollte sie
wirken, auf das ihr ebenfalls stolz, überstolz sein könnt
^ud dürft.

Hört nur!

Daß Frau Schnepfe! über den kaum glaublichen Erfolg,
en die wahrhaft geniale Manipulation ihres Oberkellners
"Zungen, diesen nur noch tiefer in ihr zartfühlendes Herz
^geschlossen, bedarf wohl keiner Erwähnung. Sie that alles
^gliche, ja fast das Unmögliche, um sich dem herrlichen,

. ^uen Manne angenehm zu erzeigen; sie legte sich sogar ein
fbleues Briefmarken-Album an! Doch wehe! Der Grausame
für nichts Anderes Gefühl zu haben, als für seine
t arfen; sie waren ihm Alles, das Einzige und Höchste,
vollkommen glücklich, selig machten sie ihn. Aber sein
. schien trotz alledem, dennoch ein Loch zu haben, denn
ll noch s^ß er da, das würdige, gescheitelte Haupt gcdanken-
. )tver in die Hand gestützt und schaute mit tiefem Sinnen
lein rothes, schaflederncs Album, und zwar auf die leere,
'"sie, dem fünfunddreißigsten der deutschen Vaterländer
ssiidmete Seite. Schwere Seufzer entrangen sich seiner
Elenden Brust, wenn dieses Blattes entsetzliche, trotz Zicsche
Köder nicht auszufüllende Oede und Leere sich seinen
^"gen darstellte. Frau Schnepfe!, die ihn oft in solchen
^ ""cholischen Momenten überraschte, ihn dann theilnehmend
> .^ste, sein Leid an einem mitfühlenden Busen auszu-
(S;)Utten' ^suhr denn auch endlich das schwere, drückende
^cheiuiuiß, des tiefen Kummers entsetzliche Ursache. Ihm,
j.e*n ^kichen Manne, der Indier und Amerikaner, Neufund-
feh^ Brasilianer in Hülle und Fülle besaß,

sollte

eine einfache, deutsche Briefmarke, die jedoch
es glauben, in Deutschland für möglich halten!

ihm
wer

d„ muuven, in ^euricyiauv ,ui invgnu.) yaiien: — zu

^ . aller - aller - allergrößten Seltenheiten gehörte und im
^ und Köder als nie an der Börse vorkommend, weder
notirt erschien. Ihm fehlte — ein Lichtensteiner,
dou' ^'^'"ehr eine Lichtensteinerin! Eine Notiz, die er
einem der größten, berühmtesten deutschen Sammler und

Händler ganz im Vertrauen und Geheimen erhalten, hatte
ihn belehrt, daß eben in Vaduz, der Hauptstadt Lichtcn-
stcins, jährlich vielleicht ein halbes Hundert frankirte Briefe
erpedirt werden dürsten, die natürlich bei der Nachfrage von
mehreren Hunderttausenden von Sammlern sofort verschwin-
den müßten, daß eine Menge Sammler aber, die eine solche
seltene, gestempelte Lichtensteinerin an ihr Album zu fesseln,
das heißt hineinzukleben wünschten, sich auf ihre Kosten von
dorther schreiben ließen.

(Schluß folgt.)

Maskenball.

Ein Schattenriß nach dem Leben.

Im Stadthaus strahlt das Maskenfest
Und Jubelklang erfüllt die Räume,

Ob draußen auch aus Nord und West
Der Schneesturm wirbelt durch die Bäume.

Und rauschend, schimmernd wogt der Tanz,
Trompeten schmettern lockend d'runter,

In gold'ner Flammen Zauberglanz
Schlingt sich der Reigen bunt und bunter.

Da walzen Türk' und Mandarin,

Hier, rothbemalt, ein Irokese,

Im Arm die schmucke Winzerin
Vom Rhein, geziert zur Rebenlese.

Dort hält umspannt den schlanken Leib
Der Römerin ein Beduine,

Fortuna winkt, das stolze Weib,

Dem RitterSmann in Helm und Schiene.

Mantill' und Straußenfeder fliegt
Und kecke Harlekine spaßen —

Derweil im Erdgeschosse liegt

Ein armes Weib und stirbt verlassen!

Krank war sie — ebbend schon durchwogt
Sie ihres Lebens trübe Welle,

Als heut' sie fand der Bettelvogt,

Um Labung fleh'nd vor einer Schwelle.

Was kümmert's ihn, ob Roth und Pein
Sie ruhlos zu den Thüren scheuche?

Er greift sie auf und steckt sie ein
Und schließt mit einem Fluch die Keuche!


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