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Die letzte

Finger hielten glänzende Perlen, die sie an Silberdraht reihte.
Wer vorbei ging, sah nichts weiter, als daß sie Tag für
Tag am nämlichen Plätzchen hinbrachte; würde man aber
in ihr Herz hineingeschaut haben, man hätte sie beneidet
um die Glückseligkeit, welche darin saß und sich breiten Platz
machte.

Am Morgen frühstückten Talar und Bibiana zusammen
auf der schon erwähnten Gallerte: bald war es Chokolade
in silbernen Töpfchen und Bisguit auf goldenen Tellerchen;
bald schwarzes Brod und Rahm in einer irdenen Schaale.
Letztere Kost bildete eine reizende Neuheit und weil sie Talar
gefiel, so gefiel sie auch Bibiana. Sie aßen das frugale
Frühstück aus der nämlichen Schaale, fischten sich die Brocken
weg unter Scherz und Lachen, und wenn sie fertig waren,
umschlangen sie sich und wandelten auf und ab, vergnüglich
schwatzend. Sowie die Uhr im Hausflur eilf schlug, gaben
sic sich einen Abschiedskuß und Jedes ging an seine tägliche
Arbeit.

Er saß vor einem großen, schweren Buche in Pergament,
aus dem er wichtige Notizen sammelte, Sie an dem Tische
im Hofe, wo sie Perlen und Blüthen sonderte und verschiedene
Ausgaben für Talar löste.

War die Witterung warm und schön, so gingen sie in
die wundervolle Natur hinaus, in den nahen Kastanienwald,
wo es grün und traulich zu wandeln war und schöne Wasser-
fälle rauschten. Dort hielten sic Zwiegespräche an langen,
nie endenden Fäden und sahen cs nicht, wenn die Schatten
niedersanken und das rauschende Wasser weniger schimmerte;
sie zauderten in die Mauern zurückzukehren, aber Frau Rotte,
i die treue Wirthschafterin, erschien am Fußwege, stellte sich
! in einiger Entfernung vor sie hin und klatschte in die
Hände.

Dies war ein Zeichen zum Aufbruch für die Selbst-
vergessenen ; sie verließen das feucht werdende Moos und eilten
Zum zierlich hcrgerichtcten Nachtmahle.

In dieser Weise vergingen ihre Tage in Liebe und
i Glück. Da kam eines Tages ein Bote mit staubigen Stieseln
und flieg ungesehen in Talar's Zimmer hinauf, während
! Bibiana im Hofe sich vergnügte.

Der Bote brachte Talar einen großen Brief mit großem
j Siegel und erhielt auch ein großes Trinkgeld, mittelst dessen
er sich im nächsten Wirthshaus gütlich that, und auf alle
j Fragen der Insassen immer antwortete: „Ich weiß nicht, ich
i weiß nicht."

Talar las die Botschaft, ward bleicher und bleicher,
sank zurück an die Stuhllehne und mit einem Schmerzens-
ton, der sich seiner schluchzenden Brust entrang, hielt er die
, Hände vor's Gesicht und weinte im Verborgenen menschliche
! Thränen, die er vor jedem Helden hälte verantworten dürfen,
nicht aber vor seiner Gattin, denn sie hielt ihn für einen
Gott und bedurfte eines Gottes, um ihrer natürlichen Wiß-
begierde Gewalt anthun zu können, denn in ihres Gatten
Lebensbahn war manches Geheimniß, auf das sie scheu von
Weitem blickte, ohne ihn darüber zu befragen.

Ausgabe.

Er saß lange dort und hörte weder das Klatschen Frau
Notte's, noch den Ruf Bibiana's; da kam diese an seine
Thür zu pochen und einzutretcn. Erschrocken sprang er aus-

„Habe ich Dich erschreckt, theurer, theurer Freund?"
fragte sie voll Leid und ging auf ihn zu.

Er schluckte die Wehmuth hinunter, welche ihm auf den
Lippen lag, und strich ihr die Wangen mit Lächeln.

„Ja, das hast Du, meine Bibi, ich war in Gedanken
versunken und hörte Dich nicht kommen."

Sie sah an ihm auf, er sah zu ihr nieder, er umschlang
sie und drückte sie an sich mit den Worten:

„Nicht wahr, auf dieses Herz schaust Du?"

„Von ganzem Herzen mein", antwortete sie.

„Ihm traust Du?"

„Mit ganzer Seele mein."

„Auf seine Treue baust Du?"

„Von ganzem Gemüthe mein."

„Und Du willst immer hier bleiben?"

„Bis zum Tode mein und Dein!"

„Dies sei Deine letzte Ausgabe", sagte er, küßte ihr
die Augen zu, daß sie schlief, hob sie aus und trug sie wie
ein Kind zu Bette.

Frau Rotte kam, die Lichter auszulöschen, und hüllte ;
das Häuschen in ihren schwarzen Mantel ein. Es wurde
still und friedlich in der Luft, das Dörfchen schwieg u»d
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Die letzte Aufgabe"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Spruchband
Putto
Schlaf <Motiv>
Pferd <Motiv>
Bote <Motiv>
Dorf <Motiv>
Rankenwerk
Bett <Motiv>
Abreise <Motiv>
Nacht <Motiv>
Ehefrau <Motiv>
Abschied <Motiv>
Karikatur
Ehemann <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 42.1865, Nr. 1031, S. 114
 
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