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Zur Naturgcschich:

Freiheit nehme. Sie um ein ganz kleines bischen Nachtherberge
ergebenst zu ersuchen!" —

Bei Begleichung der HStelrechnung, welche alle seine Er-
wartungen auf landläufige Schnürkunst übertrisft, stellt er sich
über die — Billigkeit der Preise förmlich in Ekstase. „Das
ist ja ein so geringer Betrag, daß ich mich fast schäme, ihn
zu bezahlen! Wenn Sie so billige Rechnungen machen, werden
Sie sich wenigstens die vornehmen Gäste verscheuchen!"

Der Hotelier, der sein Möglichstes gethan zu haben glaubt,
um die Börse des Passagiers leichter zu machen, ist verblüfft.
Noch mehr aber der Zimmerkellner, dem unser Tourist beim
Abschiede die Hand drückt mit den Worten: „Bei der patriarcha-
lischen Art, welche hier den Reisenden gegenüber beobachtet
wird, wäre es ein Verstoß gegen die brüderliche Aufnahme, die
, ich hier gefunden, wenn ich Ihnen ein — Douceur geben
wollte! Aber seien Sie dafür meiner unauslöschlichen freund- i
lichen Erinnerung versichert!"

Kein Wunder, daß unser Reisender von anderen, die j
mit ihm Zusammentreffen, immer gerne gesehen wird. Wie wir
bemerkt haben, hat er cs besonders auf die schwachen Seiten j
des Touristenlebens abgesehen, und so spricht seine allzeitbereite
Ironie Jedem aus der Seele.

Sein Humor ist auch oft ansteckend. Mancher, der vielleicht
' nie früher daran dachte, wird während der Reise Humorist,

! besonders weil der Beifall, den unser Demokrit bei der Damen- .

weit zu finden pflegt, wie begreiflich, sehr verlockend ist. Die
> Wenigsten aber wissen, daß sich der Humor weder kaufen noch
erstudiren läßt. Wer ihn nicht hat, der hat ihn eben nicht.

Diese Parforce-Humoristen, die in Demokrit's Nähe auf-
zuschießen pflegen, sind diesem aber gerade recht.

Ueber kurz oder lang hat er sie niederironisirt.

Dazu bestehen die Stützen ihres lahmen Humors aus
uralten Anekdoten, und es gelingt ihm immer, deren Alter gleich
! bei ihrer Wiedergeburt rasch zu konstatiren. Macht sich endlich
so ein verunglückter Humordebütant ärgerlich aus dem Staube,
so ruft unser Demokritus dem Abziehenden gewiß nach: „War
uns eine Ehre, Herr „Meidinger!""

Wenn auch Demokritus nicht immer gliicklich ist in seinen
Späßen, wenn sie auch manchmal ein klein wenig hinken, so
macht er doch Alles wieder gut durch die innig heitere Phy-
siognomie seines ehrlichen und gutmülhigen Gesichts.

Mache also glücklich deine Tour, lustiger Kumpan! Es
erfrischt einen doch auf der Fahrt mitten unter unausstehlich
trockenen uud gespreitzten Gesellen dir, du wackerer Wanderer,
zu begegnen. Und vor Allem sammle dir aus Land und Leuten
so viel humoristischen Fond, um dir daraus für die Dauer eines
Jahres bis zu den nächsten Ferien ein undurchdringliches Schild
zu machen gegen die Launenpfeile eines pedantisch-widerhaarigen
I Bureauchefs und einer unbezähmbaren Keiferin!

Der Knopflöcherliche.

Das ist ein gar wunderlicher Passagier! Noch weit wunder-
licher, als der Name, unter welchen wir ihn hier einführcn, und den
ihm vielleicht unser guter Freund Demokritus gegeben haben mag.

e der Touristen.

Jeder Mensch hat einen halbwegs plausiblen Grund, der
ihn zu einem Ausfluge bestimmt. Unzweifelhaft muß also auch
der „Knopflöcherliche" eine Ursache haben, die ihn schon seit ;
ein paar Jahren in die Reihe der Touristen gestellt.

Reist er etwa aus Gesundheitsrücksichten? — Nein, denn
er erfreut sich einer ganz vortrefflichen Gesundheit. Er ißt
mit Appetit, verdaut gut, schläft gut, seinem Hausarzte zum
Trotze, den er aber nur für Frau und Kinder hält.

Treibt ihn etwa die Sehnsucht nach „Berg und Thal"
aus der Stadt, in der er wohnt? — Auch nicht, denn „Berg
und Thal" und Alles, was die Enthusiasten „göttliche Natur"
nennen, ist ihm reiner „Schwindel!"

Vielleicht drängt es ihn, anderswo „Land und Leute"
kennen zu lernen? — Auch das nicht. „Ob das Land hier
oder dort, ob diese oder jene Leute, ich finde keinen Unter-
schied heraus. Ueberall bezahlt man Steuern, überall wird
pro und contra gehadert, und was die Leute betrifft, so werden :
sie allenthalben geboren, um zu leben, zu essen, zu trinken, zu
schlafen, zu lieben, zu hassen und zu sterben. Wozu dann einen
Schritt aus seinen Stadtmauern hinausthun?" —

Es ist vergebens, lieber Leser, Tn wirst die Reiseveranlassung
dieses Herrn schwerlich ergründen!

Wir wollen Dir so gut es möglich ist auf die Spur helfen,
was aber nicht geht, ohne etwas weiter auszuholen.

Der Mensch ist und bleibt ein rüthselhaftes Wesen; wenn
er auch alle Ursache hat, mit seinem Schicksale zufrieden zu
sein, so kriecht doch leise irgend ein schwarzer Wurm durch sein
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Zur Naturgeschichte der Touristen"
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Serientitel
Fliegende Blätter
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Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

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Entstehungsort (GND)
München

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Publikation

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Sammlung Eingang

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Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

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Künstler/Urheber (GND)
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Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
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Fliegende Blätter, 57.1872, Nr. 1412, S. 42
 
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