Fliegende Blätter (57.1872 (Nr. 1407-1432))

„Richtig, hier ist noch eine Thüre!" Er klopft. Eine
Hebe öffnet. „Was wünschen Sie?" — „Ist hier ein Zim-
iner zu vermiethen?" — „Nee!" — „Aber es steht doch unten
angeschrieben!" — „Ja das gilt nicht mehr, das hängt noch
vom vorigen Winter." — „Was? warum haben Sie denn die
Tafel nicht wcggenommen?" — „Ja wissen Sie, sie hängt zu
hoch, man müßte den Tapezierer mit der Leiter holen, um den
Zettel wegzumachen. Da laß' ich ihn lieber hängen, bis wie-
der einmal mein Logis frei wird. Aber sehen Sie, Sie sind
nicht der Einzige, der hier oben gefragt hat, fast jeden Tag
kommen Leute herauf."

Kirr sind mcublirte Zimmer zu vermiethen.

Herr Schulze sucht ein menblirtes Zimmer. Nach langem
Umherlaufen findet er endlich ein Haus, an dessen Thüre sich
folgender Anschlag befindet: In diesem Hause ist ein meublirtes
Zimmer zu vermiethen — über 3 Stiegen.

In der Nähe des Dachstuhls angekommen, versucht er zu
Zingeln; aber, o weh! der Schellenzug ist abgerissen. Er klopft
wiederholt — endlich wird ihm aufgethan von einer Venus im
Unterrock. „Verzeihen Sie, ich wünsche das Logis zu sehen,
das hier zu vermiethen ist." — „Wie??" — „Das Logis
wünsche ich zu sehen, das hier zu vermiethen ist." — „O je,
das ist nicht hier, vielleicht da nebenan."

An einem anderen Hanse gegenüber winkt
ladungskarte nach dem 3. Stock. Er klopft. „Ist hier ein
Zimmer. . .?" — „Nein!!" donnert es entgegen und die
Thüre wird zugeworfen, daß der Kalk von der Wand herab-
sällt. Verblüfft über dieses höfliche Betragen fragt er bei einer
anderen Thüre an und erfährt, daß das betreffende Zimmer
erst am 15. des nächsten Monats frei wird.